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Enzesfeld


Mit Vridrich de Engelscalcsesuelede wird 1125 im Klosterneuburger Salbuch auf einen bestehenden Herrensitz hingewiesen. Die ursprünglich wasserumgebene Burg dürfte um die Wende des 11. zum 12. Jh. als Teil des babenbergischen Burgengürtels zur Sicherung der Ostgrenze errichtet worden sein. Sie hatte die wichtige Straßenverbindung durch das Triestingtal zu schützen. Das Geschlecht der Engelsschalksfelder war hier fast bis zur Mitte des 14. Jh. ansässig. Berthold II, der zum Gefolge Friedrichs des Streitbaren zählte, hielt um 1258 zwei Brüder des Deutschen Ritterordens, den Verwalter der Burg Starhemberg und den Komtur des Ordenshauses von Wiener Neustadt, gefangen obwohl jede Gewalttat gegen den Deutschen Orden den Kirchenbann zur Folge hatte. Er sühnte die Tat, indem er dem Orden größere Zuwendungen machte. Nach dem Aussterben der Enzesfelder gelangte die Herrschaft an die Herren von Wallsee, die sie bis Ende des 14. Jh. behielten. Ulrich IV vermachte Enzesfeld seinem Vetter Bernhard von Pettau. Unter den folgenden Besitzern waren Ludwig von Tobar, die Grafen Cavriani sowie die Freiherren von Concin. 1477 wurde die Burg durch die Truppen des ungarischen Königs Matthias Corvinus erobert, konnte aber elf Jahre später einem neuerlichen Angriff widerstehen. Zu Beginn des 17. Jh. kam es mit der Stadt Wiener Neustadt immer wieder zu Besitzstreitigkeiten. Sowohl 1529 als auch 1683 wurde Enzesfeld von den Türken verwüstet.

Im 17. und 18. Jh. wurde die Burg zum Schloss ausgebaut. Die Eigentümer wechselten aber rasch. Dazu zählten die Grafen Abensberg-Traun, Brandis, Hoyos, Colloredo, Zinzendorf, Khevenhüller-Frankenburg sowie eine Fürstin Montecuccoli. Im 19. Jh. gab es fast in jedem Jahrzehnt einen neuen Besitzer: die Freiherren Braun, Dalberg, Puthon, Widmann, Eskeles sowie die Fürsten Schönburg-Hartenstein. Die Glanzzeit des Schlosses begann erst 1880, als es von Nathaniel Freiherrn von Rothschild erworben wurde. Er und sein Neffe Eugen, dem es von 1911 bis 1963 gehörte, bauten es aus und richteten die Räume mit zum Teil wertvollem Mobiliar großzügig ein. Der Herzog von Windsor verbrachte hier 1936 längere Zeit, nachdem er kurz zuvor als König Edward VIII von England abgedankt hatte. Von 1938 bis 1945 war der Besitz enteignet. Im Zweiten Weltkrieg waren hier Truppenteile der Wehrmacht und der SS einquartiert. In den ersten Wochen nach Kriegsende diente das Schloss als russisches Lazarett. Nach der Rückgabe des devastierten Gebäudes wurde das gesellschaftliche Leben nicht mehr aufgenommen, da Eugen Rothschild bis zu seinem Tod in den USA lebte. 1963 erwarb Baron Hubert von Pantz das Gut. Er gründete die Golfpark Enzesfeld Gmbh, die das Schloss wieder in einen gepflegten Landsitz verwandelte und hier einen Country-Club mit Reitstall, Tennisplatz und Freibad betrieb. Die Gesellschaft hat in der Zwischenzeit mehrfach den Eigentümer (derzeit Dr. Schnurer) gewechselt. Das Schloss gehört ihr immer noch, der Waldbesitz sowie der Golfplatz wurden aber in den Achtzigerjahren des 20. Jh. verkauft.

Schloss Enzesfeld besteht aus dem aus Bruchsteinmauerwerk mit sorgfältig behauenen Eckquadern erbauten romanischen Bergfried und dem hufeisenförmigen zweigeschossigen Wohntrakt, der im Kern zwar auch auf das Mittelalter zurückgeht, sein heutiges Aussehen aber erst im 18. Jh. und dann vor allem 1882 durch den romantisch-historistischen Umbau unter Nathaniel Rothschild erhalten hat. Vom 32 m hohen quadratischen Bergfried, dessen Inneres nur durch wenige kleine Schlitzfenster beleuchtet wird, führt die im 19. Jh. mit Zinnen versehene nördliche Außenmauer zu einem kleineren Turm aus dem 12. Jh. Daran schließt ein schmaler Zwinger mit einem kleinen turmartigen Rundbau. Die Fassadengestaltung des Wohntraktes erfolgte im Louise-Seize Stil. Die östliche Hauptfassade weist einen einachsigen Mittelrisalit auf, der im Obergeschoß durch zwei Pilaster akzentuiert wird. Hier befindet sich der Haupteingang. Der Rundturm mit dem spitzen Kegeldach in der nordöstlichen Hofecke beherbergt eine Stiege. Im Erdgeschoß befinden sich der im Biedermeierstil gehaltene Blaue Salon, das Königszimmer und einige Gästezimmer. Von der repräsentativen Halle führt eine dreiarmige, freitragende Treppe in den ersten Stock. Ihre Podeste werden von je zwei toskanischen Säulen getragen. Die Räume der Beletage waren besonders gediegen eingerichtet. Leider wurde der Großteil der Möblierung 1945 zerstört. Bemerkenswert ist noch ein großer französischer Schrank aus Eichenholz von 1600, dessen Unterteil auf Löwenköpfen ruht. Seine Ecken werden durch Hermen mit grotesken Masken betont. Im Hauptraum, dem Speisezimmer, befindet sich eine intarsierte Kassettendecke aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. Sie wurde 1882 aus dem Schloss Engelstein im Waldviertel hierher übertragen. Die hölzerne Wandverkleidung wird durch Pilaster mit vergoldeten Kapitellen gegliedert. Freistehende Balustersäulen mit goldenen korinthischen Kapitellen flankieren die Türen. Weitere Räume sind neobarock dekoriert und getäfelt. In der Bibliothek hat sich der englische Landhausstil des 19. Jh. erhalten. Das Schloss ist von einem weitläufigen englischen Park umgeben, der allerdings mangels Pflege als solcher kaum mehr erkennbar ist. Vor dem Schlosshof steht ein Brunnen, der aus mittelalterlichen Werkstücken des Wiener Stephansdomes zusammengesetzt ist.

Lage: Niederösterreich/Triestingtal – ca. 8 km östlich von Berndorf

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


19.02.2004