ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Jedenspeigen


Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Jedenspeigen fand 1113 als Hiedungispuigin statt. Damals hatte Markgraf Leopold der Heilige hier ein Landgut dem Abt von Melk geschenkt. Zwischen 1188 und 1236 waren die Hochfreien von Lengenbach als Domvögte Lehensträger der Bischöfe von Regensburg im oberen Marchfeld. Sie verliehen Jedenspeigen an Konrad Mazo weiter. Nach dessen Tod gelangte es an den Landesfürsten. 1275 waren die Tursen von Rauheneck in Jedenspeigen begütert. In der Entscheidungsschlacht zwischen König Ottokar II von Böhmen und König Rudolf I von Habsburg, die 1278 in der Umgebung des Dorfes stattfand, spielte die Burg keine Rolle. Es ist nicht einmal sicher, ob es sie bereits gab, da sie erst 1296 als Ydungspiugen erwähnt wird. Damals lebte hier ein Rittergeschlecht, das sich nach Jedenspeigen nannte. Die Brüder Kaspar, Jörg und Balthasar verbündeten sich um 1440 mit dem mährischen Söldnerführer Pankraz von Holitsch und verwüsteten in einer Fehde gegen Kaiser Ferdinand III das umliegende Land. Daraufhin stellten die Landstände eine Streitmacht von 113 berittenen Söldnern und 452 Fußsoldaten auf und belagerten 1441 die Burg. Nach ihrer Eroberung wurde sie zerstört, doch konnte Kaspar entkommen.

Die Herrschaft wurde zuerst enteignet, dann aber wieder der Familie zurückgegeben. 1497 heiratete Clara von Jedenspeigen Max Steinpeiß. Von 1524 bis 1570 waren die Freiherren von Lamberg im Besitz der Herrschaft. Danach folgte Josef Hagen von Thurnberg. Zwischen 1578 und 1583 gehörte Jedenspeigen dem General und Reichsmarschall Konrad von Pappenheim, der auch Zistersdorf besaß. Dann übernahm Georg Seifried von Kollonitsch das Gut und errichtete noch vor 1600 auf den Resten der alten Burg das heutige Renaissanceschloss. 1809 diente es vorübergehend als Militärlazarett. Als Max Graf Kollonitsch 1874 als letzter männlicher Vertreter seiner Familie starb, ging es im Erbweg 1879 in den Besitz der Erzdiözese Wien über. Im 20. Jahrhundert wurde das weitgehend vernachlässigte Gebäude vorwiegend landwirtschaftlich genutzt. 1978 fand im Schloss eine vielbeachtete Ausstellung über die Schlacht zwischen Rudolf I und Ottokar II statt. 1985 erwarb die Gemeinde Jedenspeigen den Bau und renovierte ihn. Er dient seither als lokales Kulturzentrum. Die Dokumentation über Schlacht kann im Sommer besichtigt werden.

Das kastellartige Schloss liegt auf einem kleinen Hügel am Nordwestrand von Jedenspeigen. Es ist eine zweigeschossige Vierflügelanlage um einen rechteckigen Innenhof. Die Südfront des Gebäudes ist durch mächtige Strebepfeiler abgestützt. Der nach Osten orientierten Eingangsseite ist ein schlanker Turm angebaut, der zur Hälfte aus der Mauerfront vorsteht. Er ist zweiteilig. Sein unterer Teil, der bis zur Dachtraufe heraufragt, hat einen quadratischen Grundriss. Darauf ruht ein schmälerer, vieleckiger Aufsatz, der von einem flachen Zeltdach abgeschlossen wird. Das Untergeschoß des Haupttraktes und der untere Teil des Turmes sind hauptsächlich aus großen Bruchsteinen errichtet, während die oberen Stockwerke aus Ziegeln aufgemauert sind. Trotz mehrmaliger Um- und Ausbauten sind Reste der spätmittelalterlichen Burg mehrfach nachzuweisen. Die einstige Zugbrücke wurde bereits im 17. Jh. durch eine Steinbrücke ersetzt. Sie überspannt den Wallgraben und führt zum korbbogenartigen Einfahrtstor. Darüber sind die beiden Wappen des Georg Seyfried von Kollonitsch und seiner Gemahlin Elena Fuchs von Fuchsberg angebracht. Dazwischen befindet sich eine Schrifttafel, die auf die Errichtung des Renaissancebaues hinweist. Die am Schlussstein des Tores erkennbare Jahreszahl 1192 gibt Rätsel auf. Möglicherweise soll sie 1692 heißen und sich auf die Barockisierung des Schlosses nach der Türkenzeit beziehen. Durch die Torhalle gelangt man in den geräumigen Innenhof. Die Fassade des Südtraktes ist hier im Erdgeschoß mit Säulenarkaden versehen. Die Wirtschaftsbauten liegen an der Rückseite des Hofes. Unter den Räumen des Obergeschosses ist der 12 x 9 m große „Rittersaal“ erwähnenswert.

Lage: Niederösterreich/Marchfeld – ca. 11 km südöstlich von Zistersdorf

Besichtigung: von Mai bis Oktober: an Samstagen 12.00 – 17.00, an Sonn- und Feiertagen 10.00 – 17.00


Weitere Literatur:


17.02.2004