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Frohsdorf


Der ursprüngliche Name des Ortes war Krottendorf. Er scheint erstmals 1158 in einer Urkunde des Grafen Eckbert III von Formbach-Pitten auf. Dieser hatte den Besitz im Falle seines Todes, der auch bald danach eintrat, dem Stift Göttweig überschrieben. Die sich im 13. und 14. Jh. nach Chrotendorf nennenden Kleinadeligen dürften zu den Gefolgsleuten der Herren von Kranichberg gehört haben. Später wurde die Bezeichnung auf Froschdorf „verbessert“. Das unverfängliche Frohsdorf kam erst unter den Bourbonen im 19. Jh. auf. An der Stelle des Schlosses stand noch um die Mitte des 14. Jh. ein Gutshof. 1380 wurde der Stadtrichter von Wiener Neustadt, Hans von Pottschach, mit diesem Krottenhof belehnt. 1487 fiel der damalige Lehensinhaber Gothart Vynndorfer, als die Truppen Matthias Corvinus Wiener Neustadt stürmten. Matthäus Teufel, der die Herrschaft ab 1514 besaß, verteidigte 1529 die Burg Pitten erfolgreich gegen die Türken. Sein wohl nur schwach befestigter Krottenhof hingegen wurde niedergebrannt. Christoph von Teufel ließ zwischen 1547 und 1550 an seiner Stelle ein bewehrtes Renaissanceschloss errichten, das noch 1587 den Bewohnern der Umgebung als Zufluchtsort dienen sollte. Das notwendige Kapital für den aufwändigen Umbau erhielt er durch seine Hochzeit mit Susanne Weißpriach. Als eifriger Protestant scheute er keinen Streit mit den Klöstern und Pfarren der Umgebung. Sein Sohn Johann Christoph von Teufel hingegen nahm den katholischen Glauben an und errichtete die jetzige Schlosskapelle. Er war Hofkammerrat und Burghauptmann von Wiener Neustadt. Über seine Schwiegertochter kam Frohsdorf 1659 an den Landmarschall Hans Balthasar Graf Hoyos. Anläßlich eines Besuches von Kaiser Leopold I und seiner Gattin Eleonore Magdalena, die gerade Namenstag hatte, wurde hier 1681 ein großes Fest gefeiert und im Gartentheater eine Barockoper aufgeführt. Im Türkenjahr 1683 wurde Frohsdorf niedergebrannt. Zu diesem Zeitpunkt war es in keinem verteidigungsfähigen Zustand mehr. Ernst Ludwig Graf Hoyos ließ es um 1715 mit großem finanziellen Aufwand, angeblich nach Plänen Fischer von Erlachs, als Barockschloss neu errichten. Das Innere wurde prachtvoll ausgestattet. In der Gemäldesammlung sollen sich auch Bilder von Tizian befunden haben. Spätere Eigentümer aus der Familie Hoyos wohnten nur mehr selten hier und kümmerten sich wenig um die Verwaltung des Gutes, so dass die Erträge stark zurückgingen. 1808 richteten einquartierte französische Soldaten größere Schäden an.

1817 erwarb die jüngste Schwester Napoleons, Caroline Murat, unter dem Pseudonym Gräfin von Lipona (= Napoli) um 400.000 Gulden (nach heutiger Kaufkraft fast €10 Mio) die Herrschaft, zu der auch Katzelsdorf und Eichbüchl gehörten. Caroline war kurzfristig Königin von Neapel gewesen, aber nach der Erschießung ihres Gatten unter Mitnahme beträchtlichen Vermögens nach Österreich geflohen. Das Schloss erhielt neuerlich eine prunkvolle Innenausstattung. Von ihr erwarb der russische General Alexander von Yermoloff das Schloss. Sein Sohn Michael verkaufte es 1839 an Peter Ludwig Johann Casimir, Herzog von Blacas d’Aulps, den Haus- und Staatsminister König Ludwigs XVIII. Ihm gehörte auch Schloss Kirchberg am Walde. Ab 1844 scheint Maria Therese, Herzogin von Angouleme, als Eigentümerin auf. Sie war die Tochter Maria Antoinettes bzw. Enkelin Maria Theresias und hatte zuvor zeitweise in Kirchberg/Walde gelebt. In Österreich nannte sie sich Gräfin Manes. Auch ihr Neffe, Heinrich V, Graf von Chambord und Herzog von Bordeaux, der von seiner Tante auf eine französische Thronübernahme vorbereitet wurde, lebte in Frohsdorf. Da zahlreiche königstreuer Franzosen folgten, entstand hier bald eine französische Kolonie und eine Exilregierung. Zum Teil wohnte der Hofstaat auch in Katzelsdorf und Eichbüchl. Heinrich V, der 1851 die Herrschaft geerbt hatte, wurde nie König von Frankreich, da er sich weigerte, den Eid auf die Verfassung von 1789 und die Trikolore zu leisten. Er verbrachte bis zu seinem Tod 1883 die Sommer in Frohsdorf, während er im Winter seine Besitzungen in Görz bevorzugte. Frohsdorf gehörte weiterhin den Bourbonen bis 1931 Don Jayme von Bourbon, Herzog von Madrid, kinderlos starb. Das Schloss kam an seine Schwester Prinzessin Beatrice de Bourbon-Massimo. Sie verkaufte es 1938 an die Deutsche Reichspost, die in ihm ein Erholungsheim einrichtete. Als Deutsches Eigentum wurde es 1945 von russischen Truppen besetzt und devastiert. Sie zogen erst 1955 wieder ab, nachdem es jahrelang als Lazarett gedient hatte. Danach übernahm die Österreichische Post das Gebäude. Da es praktisch unverkäuflich war, sanierte sie es schließlich und benützte es bis 1996 als Schule und Lehrlingsheim für Fernmeldemonteure. 1970 musste der Dachstuhl, der durch Blitzschlag zerstört wurde, erneuert und das Schloss neuerlich restauriert werden. Angeblich wechselte es Ende 2003 den Besitzer, doch ist der jetzige Eigentümer noch nicht bekannt.

Das gepflegte Schloss ist eine rechteckige barocke Anlage um einen ca. 20 x 15 m großen Innenhof. Die nach Westen gerichtete dreigeschossige Hauptfront erhält ihr Gepräge durch den fünfachsigen, kaum vorspringenden Mittelrisalit. Seine klassizistische Fassade wird durch weiß gefärbte Riesenpilaster mit phantasievollen Kapitellen vertikal gegliedert. Sie verbinden die großen Fenster des Hauptgeschosses mit den kleinen, nahezu quadratischen des zweiten Stocks. Hier befindet sich auch das Hauptportal des Schlosses. Es besteht aus dem rundbogigen Tor, über dem eine durchbrochene Steinbrüstung einen Balkon andeutet und zwei Fußgängerpforten. Über letzteren beleuchten große, mit Ziergiebeln versehene Rundfenster die dahinter befindliche dreischiffige Einfahrtshalle. Der gesamte Mittelrisalit wird von einem Dreiecksgiebel überspannt, in dem ein Wappenstein mit den drei Lilien der Bourbonen angebracht ist. An den breiten Mittelrisalit schließen zwei zweiachsige Seitenteile an, die wie die Ost- und Südfassaden des Gebäudes durch eine Bänderung lediglich horizontal gegliedert sind. An der Südseite springt die Schlosskapelle halbkreisförmig vor. Neben einigen Rechteckfenstern weist sie auch hohe Rundbogenfenster auf. Die elfachsige Nordseite, die sich mit einer monumentalen Freitreppe dem Park zuwendet, wird von einer Attika abgeschlossen, auf der acht Steinplastiken mythologischer Gestalten stehen. Ihre Fassade hat wie die Westfront eine Riesenpilasterordnung. Das Schloss ist von einem steilen Walmdach bedeckt.

Der Innenhof ist an der Eingangsseite im Erdgeschoß mit – heute verglasten – Arkaden versehen. An seiner Südseite führen einige Stufen in die Kapelle. Sie wurde 1613 Johannes dem Täufer geweiht. In ihr wurde unter der Herzogin von Angouleme der blutbefleckte Spitzenkragen aufbewahrt, den ihr Vater Ludwig XVI bei seiner Hinrichtung getragen hatte. Neben der Kapelle befindet sich das doppelläufige Treppenhaus. Unter ihr liegt die ehemalige Küche. In den Repräsentationsräumen der Beletage haben sich zarte Stuckdekorationen aus dem ersten Viertel des 18. Jh. erhalten. Jene der zweigeschossigen Kapelle stammen aber erst aus der Zeit um 1860, worauf die zahlreiche Verwendung des Lilienmotivs hinweist. Ein Rundbild an der Decke zeigt die Verherrlichung des Kaisers Heinrich II, der dem Grafen von Chambord als Vorbild diente. An die französische Periode des Schlosses erinnert auch die im Vestibül aufgestellte Statue der Jungfrau von Orleans. Teile des einstigen Grabens sind noch erhalten. In der weitläufigen Parkanlage, die sich im Westen und Norden an das Schloss anschließt, steht das – allerdings schlecht erhaltene – seit 1661 erwähnte barocke Grottentheater. Seine ehemals reichen Wandmalereien sind noch teilweise erkennbar. Der Ziergarten wurde 1962 großteils neu angelegt. Reste der alten Alleen aus dem 19. Jh. sind noch vorhanden. Südwestlich, an der Straße nach Ofenbach, liegt der große Meierhof, in dem sich heute ein privater Reitstall befindet.

Lage: Niederösterreich/Steinfeld – ca. 9 km südlich von Wiener Neustadt

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


30.01.2004