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Gartenpalais Schönborn


Nach seiner Berufung als Reichsvizekanzler nach Wien erwarb der spätere Fürstbischof von Bamberg und Würzburg, Friedrich Karl Graf von Schönborn, vom Landmarschall Otto Ehrenreich Graf-Auersperg-Traun 1706 in der damaligen Alservorstadt einige Gründe, auf denen er bis 1713 durch Johann Lukas von Hildebrandt ein Gartenpalais errichten ließ. Vermutlich benützte er dabei einen Vorgängerbau, den er komplett umgestaltete. Die eigentlichen Bauarbeiten führte der Maurermeister Franz Jänggl durch. Das Palais wurde kostbar eingerichtet, vor allem mit Gemälden alter Meister. Die Gemäldesammlung Schönborns war genauso berühmt wie seine Tulpenzucht. 1725 erwarb er ein angrenzendes Grundstück und ließ das Haus ausbauen und den Garten vergrößern. Aus einem anonymen Kupferstich um 1737 kann man entnehmen, daß hinter dem Schloß ein schmaler, langgestreckter Barockgarten lag, dessen Sichtachse von einem Grottenpavillon abgeschlossen wurde. In der Mitte des oberen Gartenteiles lag ein Komödienparterre, das mit acht Figuren der Commedia dell’Arte geschmückt war.

Nach dem Tode des Fürstbischofs wurden die wertvollen Möbel und Kunstwerke ins Stadtpalais in der Renngasse gebracht. Zu Beginn des 20. Jh. wurde ein Großteil davon – darunter „Die Blendung Samsons“ von Rembrandt – verkauft. Das Palais in der Laudongasse wurde ab 1750 vermietet, u. a. an den Hofarchitekten Isidor Canevale. 1841 richtete Amalia Baronin Pasqualati darin ein Liebhabertheater und ein Theaterschule ein. 1859 wurde ein Teil des Gartens parzelliert und verkauft. Das Palais befand sich damals in einem desolaten Zustand, der Garten war ungepflegt. 1862 erwarb die Gemeinde Wien den Besitz. Sie ließ den verbliebenen Garten restaurieren und für die Allgemeinheit öffnen. Das Palais wurde für Hochschulzwecke adaptiert und 1872 der Hochschule für Bodenkultur übergeben. Als diese 1897 in ein neues Gebäude übersiedelte, zog das k. k. Oberlandesgericht sowie die k. k. Staatsanwaltschaft hier ein. Seit 1920 ist es Sitz des Österreichischen Museums für Volkskunde.

Die elfachsige Straßenfront des zweigeschossigen Gartenpalais weist einen fünfachsigen, durch jonische Pilaster gegliederten Mittelrisalit und zwei dreiachsige, von Lisenen gerahmte Flügel auf. Die einstige Dachbalustrade mit Figuren vor dem Mansardendach ist längst verschwunden. Im flachen Giebeldreieck des Mittelrisalits ist ein von Löwen flankiertes Schönborn-Wappen angebracht. Darunter liegt das relativ einfache Portal, über dem sich ein schöner schmiedeeiserner Balkon befindet. Im Inneren des Gebäudes haben sich Stuckdecken mit Bildern von Peter Strudel erhalten. Bemerkenswert ist der reiche plastische Schmuck des kleinen Treppenhauses. Von der einstigen Einrichtung ist fast nichts mehr vorhanden. Die von Vasen gekrönte Gartenfront ist stockwerkweise gegliedert. Sie wirkt leichter und offener als die repräsentative Hauptfassade. Vom berühmten einstigen Garten blieb lediglich ein bescheidener öffentlicher Park, der durch einen ehemaligen Luftschutzbunker und überdimensionierte Spielflächen verunstaltet wird.

Ort/Adresse: 1080 Wien, Laudongasse 15 - 19

Besichtigung: Die Museumsräume können innerhalb der Öffnungszeiten (Di–So 10.00–17.00) besichtigt werden, bieten aber architektonisch wenig.


Weitere Literatur:


24.08.2002