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Wagrain (Tirol)


Ein Siboto von Wachrain wird im 12. Jh. mehrfach erwähnt. Man vermutet daher, dass das heutige Schloss einen Vorgängerbau hatte. Von ihm hat sich allerdings nichts erhalten. Der jetzige Ansitz Wagrain wird 1421 unter den Herren von Ebbs erstmals genannt, er dürfte aber bereits im 14. Jh. als dreigeschossiger Wohnturm errichtet worden sein. Die Ebbser standen als Pfleger und Richter im Dienste der bayerischen Herzöge und stellten von 1429 bis 1438 mit Johann Ebser den Bischof von Chiemsee. Sie starben 1494 mit Ludwig Ebser aus, doch verkauften sie schon zwanzig Jahre davor Wagrain an den mit ihnen verschwägerten Friedrich Reichertzhaimer. Er stammte aus Schönstett bei Wasserburg, war aber bei Kufstein begütert. Als Georg Reichertzhaimer um 1544 starb, gelangte Wagrain über die Geschwister Baumgartner 1553 an Balthasar von Helmsdorff, der als Vorkämpfer des Protestantismus bald bei seinem Landesherrn in Ungnade fiel. Er verkaufte 1573 den Ansitz an den reichen Schwazer Gewerken Hans Dreyling. Seine Söhne Caspar und Hans dürften im letzten Viertel des 16. Jh. an den bisherigen Turm einen repräsentativen Wohntrakt angebaut haben. Allerdings verloren sie bereits 1591 durch eine verunglückte Silberspekulation ihr Vermögen, so dass es nicht ganz sicher ist, ob es nicht erst ihre Nachfolger waren. Wagrain wurde 1593 von der aus dem Pinzgau kommenden Gewerkenfamilie Welser erworben. Sie dürfte das Schloss ein Jahrhundert lang besessen haben, doch gibt es kaum Nachrichten über ihre Herrschaft. Es ist auch nicht belegt, ob es sich bei den Welsern auf Wagrain um Angehörige der bekannten Augsburger Patrizierfamilie gehandelt hat. Als neuer Schlossherr wird 1703 Johann Steyrer erwähnt. Er war Bürgermeister von Kufstein. Seine Gattin kam beim großen Stadtbrand von 1703 ums Leben. Manche Historiker erwähnen auch die Familie Seemann, die von 1664 bis 1681 im Besitz von Wagrain gewesen sein soll. Von nun an wechselten die Eigentümer ziemlich rasch. Sie kamen meist aus bäuerlichen und bürgerlichen Kreisen. 1857 verkaufte der Arzt Ingenuin Albuin Lorenz sein Schloss an Johann Buchauer, der fünf Jahre später neben dem Schloss eine Zementfabrik errichtete. Als über diese 1903 der Konkurs eröffnet wurde, musste Wagrain versteigert werden. Es kam an den Bozner Bankier Karl von Payr. Dieser ließ 1905 die den 14 Nothelfern geweihte Schlosskapelle in eine Toilette umbauen und versuchte den aus dem 15. Jh. stammenden Altar ins Ausland zu verkaufen. Nach seinem plötzlichen Tod im gleichen Jahr und dem Ableben seiner Frau, erbte 1915 sein Schwager, der in Paris lebende Bankdirektor Arthur Hinterseber das bereits heruntergekommene Schloss. Spätere Besitzer versuchten es in ein Hotel umzuwandeln bzw. darin eine Krebsklinik einzurichten. Beides ging schief. 1971 erwarb Dipl. Ing. Richard Stadler aus München den Ansitz und ließ ihn in den folgenden 20 Jahren umfassend restaurieren. Dabei wurden einerseits die Bausünden der letzten Jahrzehnte behoben und anderseits moderner Komfort in das Innere gebracht. Wagrain wird nach wie vor von ihm bewohnt.

Der Ansitz liegt etwas außerhalb von Ebbs. Er besteht aus dem quadratischen Wohnturm aus dem 14. Jahrhundert und dem Ende des 16. Jh. angebauten spätmittelalterlichen Wohntrakt. Durch zahlreiche bauliche Veränderungen hat das Schloss sein ursprüngliches Aussehen längst eingebüßt. Nur die dicken Mauern wiesen noch auf sein hohes Alter hin. Bei Renovierungsarbeiten wurde jedoch 1992 das Buckelmauerwerk des Turmes teilweise freigelegt. Vor allem die Ecksteine waren quaderartig zugeschlagen, mit exaktem Randschlag und rohbelassenen Buckeln. Dadurch war eine genauere Datierung des Erbauungszeitraumes möglich. Der Turm hat eine Seitenlänge von 10 m und eine Höhe von 20 m, sowie eine Mauerstärke von max. 1,5 m. Der 20 x 15 m große Hauptbau ist mit einem steilen Walmdach gedeckt. In den Jahren zwischen 1862 und 1895 erfolgte ein kompletter Umbau. Die Fassaden wurden dem Zeitgeschmack entsprechend historisierend verändert und die Fenster in den Obergeschossen vergrößert. Außerdem wurde der über alle Geschosse der Südseite laufende Mittelerker errichtet. Der schlanke, asymmetrisch angeordnete Turm an der Westseite lockert die viergeschossige Westfront zwar auf, stammt aber erst aus dem Jahr 1990. Er wurde als stilgemäße Hülle für den Aufzug errichtet. Auch die Freitreppe und der halbrunde Balkon an der Südostseite sind Zutaten von 1975 bzw. 1985. In den ehemaligen Nebengebäuden, die heute nicht mehr zum Schloss gehören, ist der Fohlenhof, das größte Haflingergestüt Europas, untergebracht.

Lage: Tirol/Unteres Inntal – ca. 6 km nordöstlich von Kufstein, am Nordrand von Ebbs

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


24.01.2004