Der 400 m lange und 200 m breite Felsblock am Ufer des Inns war bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt. Vom 6. bis zum 8. Jahrhundert war hier der Ausgangspunkt der bayerischen Landnahme und der von Salzburg eingeleiteten Christianisierung Tirols. 790 wird Kufstein, damals Caofstein genannt, in einer Salzburger Urkunde erstmals genannt. 1060 wird es als Dorf bezeichnet. Die Gegend gehörte ursprünglich dem Bistum Regensburg. 1205 wird erstmals eine Veste als gemeinsamer Besitz der Regensburger Bischöfe und der Herzöge von Bayern erwähnt. Zu der vom Bischof geforderten Schleifung ist es allerdings nicht gekommen. Die Burg nahm nur den nördlichsten, höchsten Teil des Burgfelsens ein.1255 fiel sie komplett an die bayrischen Herzöge, die eine Hälfte bereits zuvor als Lehen gehalten hatten. Angesichts seiner strategischen Bedeutung blieb der „Schlüssel von Tirol“, wie Kufstein oft genannt wurde, immer landesfürstlich und wurde nie mehr verpfändet. Auf Grund seiner Lage wurde es zum ständigen Streitobjekt zwischen Bayern und Österreich. Beide ließen es von Schlosshauptmännern verwalten, die zugleich dem Gericht Kufstein vorstanden. Karl von Mähren, der spätere Kaiser Karl IV, belagerte 1336 vergeblich Stadt und Burg. Bald danach kam Kufstein als Teil des Heiratsgutes der Margarethe Maultasch an Tirol, wurde aber bereits 1369 nach dem Frieden von Schärding wieder bayerisch. Herzog Ludwig der Gebartete und die folgenden Wittelsbacher bauten Kufstein ab 1415 zur Festung gegen Habsburg aus.
Zu Beginn des Bayerischen Erbfolgekrieges der zwischen der oberbayerischen und der pfälzischen Linie ausbrach, erhielt Kaiser Maximilian I Kufstein nebst Kitzbühel und Rattenberg als Belohnung für seine, Herzog Albrecht von Oberbayern gewährte Hilfe, zugesprochen. Er nahm dem noch von den Bayern eingesetzten Hans von Pienzenau den Treueid ab und beließ ihn als Pfleger auf der Veste. Kaum befand sich der Kaiser auf einem Kriegszug in Straßburg, lief der Pienzenauer zum Feind über. Eine Belagerung durch 9.000 Tiroler brachte vorerst nicht viel, da die Artillerie zu schwach war. Angeblich verhöhnte Pienzenau sogar die Angreifer, da er mit einem Besen die geringen Mauerstücke, die die Feldschlangen herausbrechen konnten, von den Mauern kehrte. Er hatte aber Maximilians Begeisterung für moderne Geschütze unterschätzt. Der Kaiser ließ schwere Kaliber, wie den „Purlepauß“ und den „Weckauf von Österreich“ – Kanonen mit 100 kg schweren Eisenkugeln – heranbringen. Innerhalb von zwei Tagen lagen die bis zu vier Meter dicken Mauern der Festung in Trümmer. Maximilian, der „letzte Ritter“, war über den Treuebruch seines Pflegers so verärgert, dass er sich anschließend gar nicht ritterlich verhielt und Hans von Pienzenau sowie 17 seiner Mitstreiter enthaupten ließ. Die übrigen Verteidiger wurden auf Bitten Erichs von Braunschweig begnadigt. Bereits kurz nach der Zerstörung beauftragte Maximilian seinen Festungsbaumeister Michael Zeller, die Burg nach den neuesten fortifikatorischen Erkenntnissen auf- und auszubauen. Neuer Pfleger wurde Degenhard Fuchs von Fuchsberg, der die Arbeiten zu koordinieren und überwachen hatte. Als diese 1522 beendet waren, schützte eine mächtige Festung die neue Landesgrenze. Damals entstanden die wichtigsten Bauteile der heutigen Anlage. Degenhards Sohn Christoph hatte das Amt seines Vaters übernommen, doch wurde er im Alter von 55 Jahren Priester und brachte es noch bis zum Bischof von Brixen. Bemerkenswert ist, dass viele Jahre lang die Besatzung der Festung nur aus acht bis zehn Leuten bestand. Erst im 17. Jh. wurde sie auf ca. 90 Mann erhöht. Von 1588 bis1644 wurden die Schlosshauptleute von den Freiherren Schurff gestellt.
1546 wurde ein 70 m tiefer Ziehbrunnen gegraben, der bis zum Wasserspiegel des Inn reichte. König Ferdinand I ließ zwischen 1552 und 1563 die Wehreinrichtungen durch Balthasar Lanianello und Degen Salapart weiter verstärken. An der Stadtmauer entstanden die Innsbrucker-, die Augustiner-, die Katzen- und die Wasserbastei. Auch die Festungsmauern wurden massiv ausgebaut. Dennoch gelang es 1703 den mit Frankreich verbündeten Bayern unter Kurfürst Max Emanuel, die Besatzung (immerhin bereits ca. 200 Mann) zu überrumpeln und die Festung einzunehmen als die Munitionsvorräte im Kaiserturm explodierten. Der österreichische Stadthauptmann Graf Wolkenstein war so unvorsichtig gewesen, die nördliche Vorstadt anzuzünden, um die Festung besser verteidigen zu können. Allerdings hatte der Brand auf diese und das Munitionslager übergegriffen. In der allgemeinen Aufregung war es einem Sturmtrupp gelungen, den Burgfelsen zu erklettern und in die Festung einzudringen. Ein Belagerungsversuch des österreichischen Feldzeugmeisters Graf Heister musste abgebrochen werden, da bayerische Entsatztruppen nahten. Die bayerische Besatzung zog jedoch im November 1704 wieder ab und Kufstein war wieder österreichisch. Zwischen 1722 und 1740 errichtete man die Eugenschanze und die durch einen 170 m langen Kasemattengang geschützte Josefsburg auf der unteren Terrasse des Burgfelsens. Die Pläne hiefür lieferte der Innsbrucker Hof- und Festungsbaumeister Johann Martin Gumpp d. J., die Arbeiten kamen aus Geldmangel aber immer wieder ins Stocken.
1805 übergab man Stadt und Festung kampflos einem französisch-bayerischen Kontigent. 1809 versuchten die Tiroler unter Josef Speckbacher mehrmals vergeblich, die von den Bayern besetzte Festung einzunehmen. Dennoch wird sie nach dem Wiener Kongress 1814 - wie auch ganz Tirol - endgültig österreichisch. Im 18. und vor allem im 19. Jh., als sie ihre militärische Bedeutung bereits verloren hatte, diente die Burg als Kaserne und Staatsgefängnis. Bereits während des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763 waren hier preußische Generäle interniert worden. Zu den zahlreichen politischen Gefangenen des 19. Jh., die vorwiegend im dritten Stock des Kaiserturmes untergebracht waren, zählte auch der ungarische Räuberhauptmann und angebliche Freiheitskämpfer Rosza Sandor, der von 1857 bis 1865 hier eingesperrt war. 1882 wurde die Festung aufgelassen, was der Stadterweiterung zu Gute kam, da damit auch die bisher bestehenden umfangreichen Bauverbote aufgehoben wurden. 1924 gelangte sie in den Besitz der Stadt Kufstein, die 1931 die große Heldenorgel einbauen ließ, die seither jeden Tag zur Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges gespielt wird. Von 1945 bis 1948 wurde die Burg für ehemalige Nationalsozialisten und Kriminelle nochmals zum Gefängnis. 1996 wurde die gesamte Anlage an die Top City Kufstein GmbH verpachtet, die sie restaurieren ließ und sich seither um ihre Vermarktung bemüht.
Der Festungsberg steigt gleich hinter der Pfarrkirche an. Der Burgweg führt vom unteren Stadtplatz durch ein Tor zum Neuhof, wo sich immer schon der Haupteingang der Burg befand. Hier steht der Pavillon mit dem Spieltisch für die Heldenorgel und die Zuhörerhalle. Gegenüber dem ehemaligen Brunnenhaus führt der ursprünglich Versorgungszwecken dienende Aufzug empor, der mittels eines großen Tretrades in Bewegung gesetzt werden konnte. Links davon liegt die Katzenbastei, die die Stadtmauer mit der Festung verband. Ein gedeckter Aufgang, der an seinem oberen Ende durch eine Zugbrücke und ein eisenbeschlagenes Tor gesichert war, führt zum Bürgerturm. Sein Name bezieht sich auf das seinerzeit hier untergebrachte Waffendepot der Kufsteiner Bürger. 1550 war hier die „Singerin“, ein mächtiges Geschütz aufgestellt. Heute ist im Dachraum die Heldenorgel, eine Freiorgel mit 46 Registern und über 4300 bis zu 12 m langen Pfeifen, eingebaut. Rechts vom Bürgerturm gelangt man zur Gaudenzbatterie mit dem tiefen Brunnen. Der gedeckte Treppenweg führt weiter aufwärts, an der Unteren Schlosskaserne vorbei durch ein Tor zum Schlossrondell und weiter zur Oberen Schlosskaserne, welche das eigentliche Hochschloss bildet. Sie entstand vom 16. bis zum 18. Jh., doch gehen noch Teile der Bausubstanz der unteren Geschosse auf den romanischen Palas der ersten Burg zurück. Hier befand sich dann das ehemalige Pflegerhaus. In seinen Räumen waren später Kanzleien, Offizierswohnungen und Kasinos untergebracht. Heute ist hier das Heimatmuseum eingerichtet. Zu seinen Schätzen gehört eine Gruppe von Höhlenbären, deren Skelette aus der Tischofer-Höhle stammen. Im Ostflügel der Oberen Schlosskaserne liegt die 1754 von Bartlme Gratt erbaute, aber 1938 endgültig profanierte Schlosskapelle St. Andreas. Sie weist eine flache Stuckdecke auf. Ihr Altarbild, das die Glorie des hl. Andreas darstellt und von Sebastian Anton Defregger 1815 gemalt wurde, befindet sich heute im Heimatmuseum.
In der Mitte des Hofes stand das erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. abgebrochene Stabsstockhaus. Es war ein Gefängnis für straffällig gewordene Mitglieder der Besatzung. Zentrum der Festung ist der kreisrunde Kaiserturm, ein mächtiger 30 m hoher Geschützturm, mit seinem bis zu 7 m starken Mauerwerk. Er war zur Rundumverteidigung bestimmt. Seine Ausmaße mussten so gewaltig sein, da nur so der nahe gelegene Zellerberg, von dem bei einer Belagerung Gefahr drohte, dominiert werden konnte. Der Kaiserturm ist mit zahlreichen Geschützlöchern versehen. An seiner Stelle stand einst der Bergfried der Altburg aus dem 12. Jh., die von der Artillerie Maximilians, die am Zellerberg Aufstellung genommen hatte, zertrümmert wurde. Sein Bau erfolgte in den Jahren 1518 bis 1522. Der Turm besitzt vier Etagen, die durch starke hölzerne Fußböden und zum Teil durch mächtige Gewölbe getrennt sind. In seinem dritten Stockwerk liegen die im Kreis angelegten 13 Zellen, in denen zwischen 1814 und 1865 vor allem ungarische und polnische Freiheitskämpfer (bzw. aus österreichischer Sicht Hochverräter und Rebellen) ihre Strafen verbüßten. Der Kaiserturm ist ein frühes Beispiel für den artilleriebezogenen Festungsbau im deutschen Sprachraum. Westlich von ihm steht der Fuchsturm. Er wurde zum Schutz des Brunnenhauses erbaut. Seinen Namen hat er von der Familie Fuchs von Fuchsberg, die mehrere Pfleger von Kufstein stellte. Im Brunnenhaus steht ein interessantes technisches Denkmal: eine Wasserhebemaschine mit Tretrad. Zwei Männer, vermutlich Häftlinge, mussten im Rad eine halbe Stunde laufen und dabei 1,3 km zurücklegen, bis ca. 300 l Wasser aus der Tiefe geholt waren. Dieser Brunnen blieb bis in das 19. Jh. hinein in Betrieb. Erst gegen Ende des 19. Jh. wurde eine Wasserleitung auf die Burg gelegt. Im 18. Jh. wurde dem Kaiserturm im Südwesten die Carolibastei mit starken Geschützstellungen vorgelagert. Sie geht auf eine ältere Anlage zurück, die hier bereits 1450 vorhanden war. Der auffällige „Pfauenschweif“, ein vorspringender runder Mauerkeil mit Schießlöchern und Scharten, führt zum Francisci-Ravelin hinunter, der als Vorwerk für die Josefsburg gedacht war. Diese war eine vorgeschobene Verteidigungsanlage, die Kasernenbauten, Geschützstellungen, aber auch die Kriegsbäckerei aufnahm. Heute stellt sie sich als barocker Festungsbau dar, der durch Teilabbrüche im 19. und 20. Jh. einen ruinenhaft-romantischen Charakter angenommen hat, der zur Abhaltung von Konzerten und Burgspielen genutzt wird. Das Tunnelsystem, das den Festungsberg durchzieht, diente der beschusssicheren Kommunikation zwischen den einzelnen Verteidigungsabschnitten. Noch im Zweiten Weltkrieg bot es der Bevölkerung Schutz vor Bombenangriffen.
Lage: Tirol/Unteres Inntal – auf einem Felsen über der Stadt Kufstein
Besichtigung: vom 3. April bis 2. November täglich von 09.00 bis 17.00, im Winter von 10.00 bis 16.00 (das Festungs- und Heimatmuseum ist nur während des Sommerbetriebes geöffnet)
Homepage: www.festung.kufstein.at
Weitere Literatur:
19.01.2004