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Obersiebenbrunn - Gartenpavillon


Unmittelbar nachdem Prinz Eugen 1725 die Herrschaft Obersiebenbrunn von Kaiser Karl VI als Geschenk erhalten hatte, beauftragte er den französischen Gartenarchitekten Dominique Girard, der auch die Anlagen von Nymphenburg und Schleißheim entworfen hatte, mit der Gestaltung des weitläufigen Parks hinter dem Schloss. Nach Trockenlegung des sumpfigen Auwaldes entstand ein ausgedehnter Fasangarten mit langen Alleen und zwei künstlich angelegten Teichen, die durch Kanäle miteinander verbunden waren. Das Wasser stammte aus mehreren Quellen (Siebenbrunn!) in der unmittelbaren Umgebung, die man im Speltengarten zusammenfasste und in den Schlosspark leitete. Die Teiche und Kanäle konnten mit kleinen Gondeln befahren werden. In der Hauptachse des Parks wurde im hinteren Bereich ein großes Rondeau angelegt. Es bildet den Schnittpunkt von acht sternförmig zusammenlaufenden Alleen.

Lukas von Hildebrandt schuf hier 1728 als Blickpunkt einen hübschen überkuppelten Gartenpavillon, der ursprünglich von Blumenbeeten ringförmig umgeben war. Sein Inneres besteht aus einem einzigen querelliptischen Raum, der nach dem ersten Entwurf Hildebrandts keine Fenster und lediglich eine Türe gehabt hätte. Man entschloss sich aber zur jetzigen Version, wo rundbogig abgeschlossene Fenster mit geraden Verdachungen sich mit Türen, die gebrochene Dreiecksgiebeln aufweisen, abwechseln. Die Wände sind durch die großen Öffnungen in schmale Stützflächen aufgelöst. Jede Tür und jedes Fenster gibt den Blick in eine der acht Alleen frei. Die Giebelfelder und Umrahmungen der einzelnen Öffnungen sind mit reicher Bandlwerk-Ornamentik versehen. Im Inneren wurden die Flachkuppel und die Wände vom Augsburger Jonas Drentwett mit originellen Grotesken ausgeschmückt. Sie stellen die Freuden des Landlebens und die höfische Jagd dar. Neben den Tierkreiszeichen, den vier Kontinenten und den vier Elementen sind die vier Jahreszeiten durch mythologische Figuren repräsentiert. Man erkennt Ceres, die Göttin des Sommers auf ihrem von Drachen gezogenen Wagen, den Wintergott Saturn, die Frühlingsgöttin Flora und den Gott des Weines, Bacchus, der den Herbst symbolisiert. Die Wandfelder zwischen den Tür- und Fensteröffnungen sind dem Thema des Frauenraubes vorbehalten: Paris und Helena, Boreas und Oreithya, Diana und Aktäon sowie Nessos und Deianeira. Unüblich für barocke Wandmalereien ist die Darstellung ohne Hintergrund. Die einzelnen Szenen sind nur durch Ornamente oder Blumen verbunden.

Der Park sollte dem Prinzen auch als Jagdrevier dienen. Mangels jagdbaren Wildes musste er sich aber um neue Jagdmöglichkeiten umsehen, was bald zum Erwerb der Herrschaft Hof führte. Schloss und Park blieben bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. durch den gemeinsamen Eigentümer verbunden. Während das Schloss schließlich in Privatbesitz überging, blieb der Park mit dem Pavillon bis heute im Besitz der Marktgemeinde Obersiebenbrunn. Schloss, Park und Pavillon wurden in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges und in der Zeit danach schwer in Mitleidenschaft gezogen. Während das Schloss einer dringenden Renovierung bedarf und der Park nach wie vor einen ziemlich naturbelassenen Eindruck macht, wurde der Gartenpavillon mit seinen Fresken in den Jahren 1962 bis 1966 generalsaniert. Auf Grund des im gesamten Marchfeld gesunkenen Grundwasserspiegels sind die „sieben Quellen“ längst versiegt. Auch die Teiche sind schon lange ausgetrocknet. An ihrer Stelle befinden sich nun Reitplätze.

Lage: Niederösterreich/Marchfeld – ca. 8 km südlich von Gänserndorf

Besichtigung: von außen jederzeit möglich, Führungen im Inneren können nach Anfrage im Gemeindeamt organisiert werden


Weitere Literatur:


12.01.2004