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Obersiebenbrunn - Schloss


Das 1115 erstmals erwähnte Sibenbrunn bezieht sich auf das heutige Untersiebenbrunn, wo noch ein Burgstall an die einstige Befestigung erinnert. Im 12. Jahrhundert war die Burg landesfürstlich. Als diese zu Beginn des 14. Jahrhunderts verfiel, entstand ein Freihof in Obersiebenbrunn. Nach Otto von Gerlos besaß ihn um 1322 Ulrich von Merkenstein. Danach kam es zu einem raschen Wechsel der Besitzer: Herren von Haslau, Chadolt von Eckartsau (vor 1361), Hans Dachsenpeckh (1361). Um 1406 wurden die Wallseer von den Fronauern abgelöst, die nun den Besitz 100 Jahre lang halten konnten. Um 1515 gelangte die Herrschaft an die Familie Grabner und 1579 an die Freiherren von Herberstein. Letztere ließen den Freihof in ein frühbarockes Schloss umbauen. Auf Grund eines Gerichtsurteils kam die Herrschaft 1643 an Maria Euphemia Gräfin Meggau. Ihre Tochter heiratete Johann Graf Kollonitsch. 1725 verkaufte Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch Obersiebenbrunn an Kaiser Karl VI, der es dem Prinzen Eugen gemeinsam mit einigen Grundstücken aus kaiserlichem Besitz schenkte. Was vordergründig wie ein großzügiges Dankeschön für die militärischen Leistungen des Prinzen aussieht, war in Wirklichkeit eine Entschädigung für seinen Verzicht auf die Generalstatthalterschaft der Niederlande und die damit verbundenen finanziellen Einbußen. Der Ausbau des Schlosses begann noch unter dem Kardinal, wurde aber vom Prinzen fortgesetzt. Dabei wurde die Vorderfront an einer Seite verlängert und das bisher asymmetrisch angeordnete Portal in den Schlossturm eingebaut. Obersiebenbrunn war das erste Schloss des Prinzen im Marchfeld. Schloßhof und Niederweiden folgten erst etwas später.

Nach dem Tod des Prinzen erbte dessen Nichte Victoria von Savoyen auch Obersiebenbrunn, verkaufte es aber umgehend wieder dem Kardinal Kollonitsch, dessen Familie es bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1874 behielt. Danach ging das Schloss testamentarisch in das Eigentum der Erzdiözese Wien über. Diese richtete hier 1914 ein Erziehungsheim für gefährdete Mädchen ein, das mit einer landwirtschaftlichen Schule verbunden war. 1936 wurde die große Landwirtschaft vom Schloß abgetrennt. In den 60er Jahren des 20. Jh. wurden Heim und Schule geschlossen. Die „Schwestern vom Guten Hirten“ verließen 1973 endgültig Obersiebenbrunn. Das bereits stark vernachlässigte Gebäude wurde an den durch den Bau der Wiener UNO-City bekannt gewordenen Architekten Dipl. Ing. Johann Staber verkauft, der sich jedoch ebenfalls nicht um eine Sanierung bemühte. Von 1999 bis 2001 befand es sich im Besitz der Marktgemeinde Obersiebenbrunn. Danach wurde es von der Koptisch-Orthodoxen Kirche erworben, die darin das St. Antonius-Kloster einrichtete. Die dringend notwendigen Restaurierungsmaßnahmen wurden bereits (bisher allerdings lediglich im Inneren) eingeleitet. Der große Park mit dem Gartenhaus gehört nach wie vor der Gemeinde.

Das zweigeschossige, in Schönbrunnergelb gefärbelte Schloss liegt im vorderen Teil des langgestreckten Parks. Es wendet seine elfachsige Schauseite der Straße zu. Sie wird vom viergeschossigen Torturm überragt. Die am Giebel seines Pyramidendaches stehenden Figuren sind nur mehr in Fragmenten erhalten. Stark zerstört sind auch die wappentragenden Putti über dem Hauptportal. Die Fassade ist horizontal durch Gesimse gegliedert, die die einzelnen Etagen des Schlosses und des Turmes trennen. Vertikal gibt es eine flache Pilastergliederung. Die Fenster des Obergeschosses sind mit geschmackvollen, abwechselnd runden und spitzen Verdachungen versehen. Sämtliche Fassaden machen jedoch einen verlotterten Eindruck und bedürfen einer umfassenden Sanierung. Der nahezu quadratische Innenhof ist von den vier Gebäudeflügeln völlig umschlossen. In den Räumen der Beletage haben sich barocke Stuckdecken mit zierlichem Bandelwerkdekor erhalten. Von der einst reichen Ausstattung an Gemälden, Möbeln und großen Landkarten, die sich allerdings nie mit der von Niederweiden oder Schlosshof messen konnte, ist nichts mehr vorhanden. Die Kapelle befand sich ursprünglich über der Toreinfahrt, wurde aber in neuerer Zeit in einen größeren Raum der Beletage verlegt.

Lage: Niederösterreich/Marchfeld – ca. 8 km südlich von Gänserndorf

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


10.01.2004