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Sachsengang


Sachsengang ist der älteste heute noch bewohnte Wehrbau am nördlichen Donauufer im Umkreis von Wien. Seine Aufgabe war es, einen Donauübergang an der Fischamündung zu schützen. Sachsengang ist Bestandteil einer Burgenkette, die von Eßling über Großenzersdorf, Oberhausen, Sachsengang, Orth und Eckartsau bis Stopfenreuth verlief. Die kleine Donauinsel war bereits im 9. Jahrhundert besiedelt. Ob die Bewohner allerdings Sachsen waren, ist heute nicht klar, da damals viele Zuwanderer üblicherweise als Sachsen bezeichnet wurden. Von einem Wehrbau war damals jedoch noch keine Rede. Kaiser Heinrich II schenkte 1021 dem bayrischen Kloster Weihenstephan einen Teil der Donauinsel „Sahsonaganc“. Schon neun Jahre später gelangte dieses Gebiet an das Bistum Freising. Um 1120 wird Adalbert von Sachsengang als erster Vertreter, des nach der Burg benannten Geschlechts, urkundlich erwähnt. Seine Söhne Gerolt und Hartnit verweigerten 1164 dem Bischof von Freising ihre Lehenspflicht. Sachsengang wurde landesfürstlich, Gerolt und Hartnit wurden zu Ministerialen der Babenberger. Bekanntester Vertreter der Familie war Leopold von Sachsengang, der 1350 Pfarrer zu Wien war. Zwischen 1412 und 1432 starben die Herren von Sachsengang aus. Um 1400 gehörte die Burg dem Kammermeister Rudolf von Lassberg, der im 1395 ausgebrochenen habsburgischen Bruderkrieg auf der Seite Herzogs Wilhelm stand. Im 15. Jh. verlor Sachsengang durch die Errichtung einer Donaubrücke bei Wien und die Veränderungen der Donau sowie ihrer Arme seine strategische Bedeutung. Als Lassberg starb, kaufte König Ferdinand Sachsengang zurück und machte es zu seinem Jagdschloss. 1529 überließ er es aber Niklas Graf Salm, dem bereits Orth und Marchegg gehörten. Um 1550 wird berichtet, dass die Gebäude bereits in einem schlechten Zustand waren. Erst die beiden Obristen Hanns Berchtold und Johann Provia begannen 1574 mit der Wiederherstellung der verfallenden Bauten. 1581 richtete ein schweres Erdbeben und 1582 ein Brand schwere Schäden an. Ständige Streitigkeiten zwischen den beiden Besitzern verhinderten eine ordnungsgemäße Pflege der Burg. Zwar konnte Maximilian Berchtold diese schließlich ganz in seinen Besitz bringen, doch gelang es ihm nicht, Sachsengang als erbliches Lehen zu erhalten. Als Kaiser Ferdinand III 1655 Sachsengang zum Verkauf ausschreiben ließ, war es bereits wieder in einem jämmerlichen Zustand. Der neue Burgherr, Obersterbmünzmeister Johann Konrad von Richthausen, führte als Freiherr das etwas merkwürdige Prädikat „von Chaos“. Er beschäftigte sich in Sachsengang vorwiegend mit alchemistischen Experimenten. Bereits 1659 überließ er die Burg dem aus Südtirol stammenden Dr. Jakob von Thavonat, der die Burg schlossartig ausbauen ließ. Seine Nachkommen bewohnen und bewirtschaften sie noch heute. Die schweren Schäden, die die Rote Armee 1945 durch Plünderung und Brandschatzung verursachte, sind längst behoben.

Der Name der Burg bezieht sich auf ihre Lage am Strom und die Herkunft ihrer Erbauer. Unter dem Wort „Gang“ versteht man einen Nebenarm der Donau. Zur Zeit ihrer Erbauung lag die Burg in einer Schlinge eines solchen Armes auf einem künstlich aufgeschütteten kegelförmigen Hügel von etwa 50 m Durchmesser. Die Vorburg befand sich auf einer weiteren künstlichen Aufschüttung. Sachsengang ist der einzige heute noch bewohnte Hausberg Niederösterreichs. Abgesehen von der Südfassade hat man immer noch den Eindruck einer wehrhaften Burg. Von ihren drei Türmen ist allerdings nur mehr einer erhalten. Auch die Ringmauer ist längst verschwunden. Die erhaltene Bausubstanz geht vor allem an der Nordseite bis auf das 12. Jahrhundert zurück, doch stammt das heutige Aussehen teilweise aus dem 17. Jahrhundert Über eine Steinbrücke gelangt man zum rundbogigen Einfahrtstor der Vorburg. Über ihm weist ein gemaltes Wappen auf die Besitzerfamilie hin. Dahinter liegen die Gebäude des großen Wirtschaftshofes. Eine zweite Brücke, die ursprünglich als Zugbrücke ausgebildet war, führt von hier zum ovalen Erdwerk, das vollständig von den Bauten der Burg eingenommen wird. Vom einstigen Zwinger blieb nur mehr der von einer Mauer begrenzte kleine Vorhof. Der Wassergraben, der Vor- und Hauptburg umschloss, ist schon lange trockengelegt. Aus seinem Aushubmaterial wurde seinerzeit der 7 m hohe Burghügel aufgeschüttet. Er war ursprünglich durch eine eigene Zugbrücke zusätzlich gesichert.

Über dem breiten Tor erkennt man das Steinwappen der Familie Thavonat – ein flugbereiter Sperber über einer Krone. An der Innenseite der mit Zinnen versehenen Mauer erinnern zwei Tafeln an die Verteidigung von Sachsengang im Jahr 1809 gegen die Franzosen sowie an seine Zerstörung 1945. Die vom Vorhof aus sichtbare fünfachsige Südfront des dreigeschossigen Schlosses ist der jüngste Teil der Anlage. Sie wurde zwischen 1654 und 1672 im Barockstil errichtet. Vom älteren Mauerwerk, das sich wie ein Ring um den kleinen Innenhof legt, unterscheidet sie sich durch ihre Geradlinigkeit. Die gekrümmten Außenmauern passen sich genau dem Oval der Plattform des Hausbergs an. Sie sind immer wieder durch starke Pfeiler abgestützt, um ein Abrutschen zu vermeiden. Die Wehrhaftigkeit der Anlage wird vor allem durch den mittelalterlichen Bergfried an der Nordseite betont. Dieser rechteckige Turm ist in die übrigen Bauten eingebunden, aber von der Rückseite der Hochburg aus gut erkennbar. In der Barockzeit war er mit einem hohen Zeltdach versehen. Heute überragt sein Zinnenkranz nur wenig den Dachfirst. An seiner Ostkante hatte er ein zierliches Türmchen aufgesetzt, doch wurde dieses 1945 zerstört. Dieser künstliche Hügel wurde bereits lange vor dem ersten Wehrbau der Römer aufgeschüttet und mit Wällen umgeben. Als Baumaterial diente der Aushub des 20 Meter breiten Grabens. Von den drei Türmen, die einst das Schloss überragten, ist nur einer übrig geblieben - der heutige Bergfried an der Nordseite des Schlosses. Auf seiner Plattform stand bis 1945 ein kleines Türmchen, das aus dem 19. Jahrhundert stammte. Es wurde als "specula" bezeichnet und diente als Aussichtswarte. Unweit vom Bergfried lag im Zwinger die einstige Burgkapelle, die aber längst verschwunden ist. Die Innenräume der Burg wurden im Laufe der Zeit mehrfach verändert und nach dem Zweiten Weltkrieg erneuert. Lediglich in einem Zimmer des ersten Stocks hat sich ein Stuckplafond aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. erhalten.

Lage: Niederösterreich/Marchfeld – ca. 4 km südöstlich von Großenzersdorf

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


07.12.2003