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Sigmundslust


Die Tiroler Landesfürsten besaßen am Vomperberg ein ausgedehntes Hirsch- und Gamsrevier. Wegen des Wildreichtums im Karwendel ließ sich Erzherzog Sigmund der Münzreiche zwischen 1460 und 1470 ein Jagdschloss errichten, das bald nach ihm benannt wurde. Sigmund ließ in Tirol sieben Schlösser erbauen. Trotz seiner 40 unehelichen Kinder starb er 1496 ohne legitimen Erben. Sigmundslust ging nun als Lehen kurzzeitig in bürgerliche Hände über und diente auch als Amtssitz für das Schwazer Berggericht. Es wurde von Blasius Hölzl (1496/97) übernommen. Peter Rumel von Lichtenau, der Pfleger zu Schwaz war, ließ das Schlösschen kurz vor 1500 erneuern. Der reiche Gewerke Jörg Stöckl aus Schwaz betrieb hier von 1520 bis 1526 die erste Druckerei Tirols. Neben humanistischen Werken druckte hier Josef Pirnsieder den „Hymnarius“, das erste katholische Gesangbuch in deutscher Sprache. Es folgten die Familie Westner (1532), Kastner von Sigmundslust (1581) und Hieronymus Stauber (um1600). 1692 fiel der Ansitz an die Grafen Fieger von Hirschberg. Als in den Tiroler Freiheitskriegen französische Truppen 1809 Schwaz und Vomp niederbrannten, ging auch Sigmundslust in Flammen auf. Lediglich die Außenmauern sowie die Räume des Erdgeschosses und die Kapelle überstanden den Brand. Seine heutige Gestalt erhielt der Ansitz im 19. Jahrhundert, als die Familie Riccabona, die den ruinösen Bau 1859 erworben hatte, ihn durch den Architekten Leopoldo De Claricini im neugotischen Stil renovieren und umbauen ließ. Das Innere musste komplett erneuert werden. 1890 erwarb der ehemalige k.u.k. Gesandte in Siam, China und Japan, Baron Rüdiger von Biegeleben den Ansitz. Seine Nachkommen unterhielten hier im 20. Jh. nach einem neuerlichen Umbau eine Fremdenpension. Heutiger Besitzer ist der Tiroler Industrielle Hans Pöll, der das Gebäude seit 1997 renoviert und wieder ausschließlich für Wohnzwecke nutzt. Zuletzt wurden 2001 die Fassaden des Hauptbaues restauriert.

Der Ansitz liegt auf einer Terrasse über dem Dorf. Das im Kern gotische Bauwerk wird von den historistischen Umbauten der Zeit nach 1860 geprägt. Es war ursprünglich lediglich ein viereckiger Wohnturm mit vier Eckerkern. An seiner Nordseite wurde 1862 ein starker Treppenturm angebaut, der von weitem wie ein Bergfried wirkt. Trotz dieses Umbaues ist der Wohnturmcharakter noch deutlich zu erkennen. Die wuchtige Anlage macht einen geschlossenen Eindruck. Auffallend sind neben den weit vorstehenden Eckerkern vor allem der nach Süden gerichtete Treppengiebel und der Eingangsturm im Nordwesten. An der Ostseite ragt die mit einem kleinen Türmchen versehene Kapelle aus dem Mauerverband deutlich vor. Sie wurde 1582 von Rochus Kastner erbaut. Bemerkenswert sind ihr Netzrippengewölbe und die Spitzbogenfenster. Der neugotische Flügelaltar zeigt die thronende Madonna mit Kind. In den Wohnräumen sind die gotisierende Ausstattung des 19. Jh. und die unter den Riccabona angebrachten Malereien noch weitgehend erhalten. Der im dritten Obergeschoß gelegene Rittersaal ist mit einem originellen Bilderzyklus von Johannes Huber aus dem 19. Jh. geschmückt, der sich mit den mittelalterlichen Besitzern von Sigmundslust befasst. Auch die von Baron Biegeleben mit 3000 Büchern bestückte Bibliothek und einige seiner Erinnerungsstücke wie Samurairüstungen und japanische Waffen sind noch vorhanden. Das Grundstück ist von einer zinnenbekrönten Mauer umgeben.

Lage: Tirol/Unteres Inntal – am oberen Ortsrand von Vomp (ca. 1 km westlich von Schwaz)

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


29.11.2003