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Lockenhaus - Burg


Burg Lockenhaus ist bereits seit 1200 unter dem Namen „Leuca“ nachweisbar. Damals gehörte sie dem Gespan von Ödenburg Bana aus der Familie der Herény. Sie sollte das Zöberntal sperren und die nach Westen führenden Straßen kontrollieren. Lockenhaus wechselte wie viele Wehrbauten im österreichisch-ungarischen Grenzgebiet mehrfach die Besitzer und dadurch auch ihre Abwehrrichtung. 1241 besetzte Herzog Friedrich der Streitbare die ungarischen Grenzkomitate, doch zwei Jahre später hatten sie die Ungarn wieder in ihren Besitz gebracht. Die aus Bayern stammende Familie Buzád-Hahold siedelte in der bisher vorwiegend von Slawen bewohnten, aber durch den Mongolensturm entvölkerten Herrschaft Bayern und Steirer an. Graf Demetrius II Csák, der mit den Buzáds verwandt war, übergab die Burg einem Adeligen namens Torda. Nachdem sich Graf Csák mit dem Ungarnkönig Béla IV überworfen hatte, überließ er die Herrschaft 1270 seinem Schwiegervater Heinrich II von Güssing. Dessen Sohn Nikolaus I nannte sich „Graf de Leuka“ und begründete die Lockenhauser Linie der Güssinger Grafen. Sein Sohn Nikolaus II konnte Lockenhaus, das von seinem Neffen Andreas belagert wurde, 1318 erfolgreich verteidigen. Als König Karl Robert I von Anjou 1336 die Macht der Güssinger Grafen brach und der Woiwode Stefan Láczkfi Lockenhaus nach langer Belagerung durch Verrat einnehmen konnte, fiel die Burg an die ungarische Krone. 1390 übergab König Sigismund die Burg mit dem ausgedehnten Herrschaftsbezirk als Lehen der Familie Kanizsay, die sie bis 1535 besaß. Sie übte auch die Landgerichtsbarkeit aus. Stephan Kanizsay fiel 1405 in Österreich ein und verheerte das Grenzgebiet. Dies hatte zur Folge, dass Herzog Wilhelm von Österreich eine Strafexpedition ausrüstete und Lockenhaus eroberte. Nach dem Frieden von Preßburg wurde es 1409 den Kanizsay wieder zurückgegeben. Als 1490 Kaiser Maximilians I Truppen die Burg einnahmen, wechselten die Kanizsay die Fronten und konnten so im Besitz von Lockenhaus bleiben. Durch die Heirat der Ursula Kanizsay mit Thomas Nádasdy kam die Herrschaft in den Besitz der Familie Nádasdy. Thomas hatte sich in den Türkenkriegen ausgezeichnet. Er bemühte sich auch um einen Vergleich zwischen Kaiser Ferdinand I und dessen Rivalen König Johann Zápolya. Sein Sohn Franz II war mit der als „Blutgräfin“ berüchtigten Elisabeth Báthory verheiratet. Nach seinem Tod soll sie in Lockenhaus, vor allem aber auf ihrem Witwensitz Csejthe (heute Cachtice in der Slowakei) angeblich 650 junge Mädchen sadistisch gefoltert und umgebracht haben.

Ihr Enkel war Franz III von Nádasdy, den man wegen seines Reichtums „Krösus von Ungarn“ nannte. Er erbaute 1636 die etwas unterhalb der Hochburg gelegene Vorburg, auch „Äußeres Schloss“ genannt, residierte aber vorwiegend auf seinem Schloss Pottendorf. Die Hochburg wurde nicht mehr bewohnt und blieb dem Verfall überlassen. Nachdem Franz III wegen seiner Teilnahme an einer ungarischen Magnatenverschwörung 1671 hingerichtet worden war, kam Lockenhaus zuerst als Pfand und dann als freies Eigen an seinen Schwiegersohn Nikolaus Graf Draskovich, der von Kaiser Leopold I als Vormund für die Kinder Nádasdys eingesetzt worden war. Zum Ausgleich musste er die an ihm verpfändete Herrschaft Ungarisch Altenburg zurückgeben. 1676 erwarb Paul Graf Esterházy die Herrschaft. Seine Nachkommen blieben bis zur Mitte des 20. Jh. im Besitz der Burg, die jedoch von ihnen nicht bewohnt wurde, so dass sie langsam zur Ruine wurde. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hausten 16 Familien in den halbverfallenen Räumen der Hochburg. In den Jahren 1902 bis 1906 ließ Nikolaus V Fürst Esterházy Restaurierungsarbeiten durchführen. Damals wurden der Rittersaal sowie einige anschließende Bauteile durch den Architekten Prof. Stephan Möller romantisierend erneuert. Das Äußere Schloss wurde als Museum eingerichtet. 1935 erhielt der Kapellenturm ein neues Dach. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges und in der Nachkriegszeit wurde die Burg durch Einquartierungen ziemlich verwüstet. In der Unterburg fehlten bereits nicht nur die Dächer, sondern zum Teil auch die Zimmerdecken. 1957 wurden die Dächer erneuert. Die Rettung erfolgte aber erst ab1968, als der steirische Schriftsteller Paul Anton Keller den ruinösen Bau erwarb und ihn wiederherstellen ließ. Er starb 1976. Seine Witwe brachte die Burg in eine Stiftung ein, an der auch das Land Burgenland beteiligt ist. Lockenhaus dient heute als Kulturzentrum des Bezirkes Oberpullendorf. Bekannt wurden die „Lockenhauser Konzerte“, die jeweils im Sommer stattfinden. Neben der Burg selbst, kann auch das Prof. Paul Anton Keller Museum besichtigt werden. Die Vorburg wird als Hotel bzw. Restaurant genutzt. Die Burg ist legendenumrankt, wie keine zweite des Burgenlandes. Allerdings erwies sich der „unauslöschliche Blutfleck“ beim Rittersaal, der mit unschuldig hingemetzelten Tempelritter in Verbindung gebracht wurde, nach einer Prüfung als Rotalgenbewuchs auf dem feuchten Mauerwerk.

Die meisten burgenländischen Wehrbauten wurden in der Barockzeit von den ungarischen Magnaten stark verändert. Lockenhaus konnte jedoch das Bild einer Ritterburg im wesentlichen bewahren. Der mittelalterliche Baubestand ist gut erhalten. Lockenhaus ist nicht nur die älteste sondern auch die kunsthistorisch bedeutendste Burg des Landes. Sie liegt auf einem Felsriegel, der vom Günsbach umflossen ist. Während sie durch das steil abfallende Gelände an drei Seiten gut geschützt war, musste an der flachen Nordseite ein Graben ausgehoben werden. Die abgeplattete Höhe des Burgberges ist von einer, durch sieben Rondelle verstärkten Ringmauer umgeben, die größtenteils aus dem 15. und 16. Jh. stammt. Neben dem Haupttor steht ein Torwächterhaus. Nachdem man es passiert hat, steht man im Zwinger vor der gewaltigen Anlage. Von weitem glaubt man zwei Burgen vor sich zu haben, doch ist die untere nur die Vorburg der oberen. Mit ihren rot-gelb-rot gestrichenen Fensterläden und dem hellen Mauerwerk wirkt sie trotz der beiden Eckbastionen viel einladender als die wesentlich ältere Hauptburg. Die Vorburg entstand im 17. Jh. auf den Fundamenten einstiger Wirtschafts- und Wehrgebäuden. Die alte Sonnenuhr zeigt die Jahreszahl 1655. Der Nordost-Rundturm zeigt noch Schlüsselscharten. Sein Unterbau stammt wohl noch von einem alten vorgeschobenen Wehrturm. Die zwei Stockwerke des hohen Dreiflügelbaues der Vorburg beinhalten mehrere mit wuchtigen Gewölben ausgestattete Räume. Der aus Siena stammende Architekt Pietro Orsolini gilt als Schöpfer des Barocksaales. Mächtige Tonnengewölbe überspannen das Untergeschoß des Nord- und Westflügels. Unter den sog. Hajdukenstuben an der Ostseite befindet sich ein mächtiger gotischer Keller, der teilweise aus dem Felsen herausgehauen wurde.

An der Südseite des Hofes überragt der malerische Torturm mit seinem Spitzdach das Mauerwerk. Durch ihn gelangt man in den mittleren Hof. An seiner Stelle befanden sich ursprünglich gewölbte Räume, worauf verschiedene Gewölbeansätze noch hindeuten. Hier befand sich auch ein Verlies, das gefangene Türken im 16. Jh. in den Felsen schlugen. Eine Urkunde aus dem Jahr 1557 berichtet, dass darin 16 Türken lebend verbrannten. Vom mittleren Burghof aus kann man die alte Burgküche betreten, die im gleichen Jahr durch Thomas Nádasdy ausgebaut wurde. Die eindrucksvolle Herdfläche ist von einem massig wirkenden Schlot überdacht. Zwei anschließende Kasematten dienten als Vorratskammern. Ein Speiseaufzug führte zur Hochburg hinauf. Über eine gedeckte und mit Arkaden versehene Stiege gelangt man durch ein bewehrtes Tor vom mittleren in den mehreckigen oberen Hof. In seiner Mitte befindet sich ein Loch im Boden, das einen unterirdischen Raum beleuchtet. Dieser sog. „Kultsaal“ gibt auch heute noch zu mystischen Mutmaßungen Anlass. Es handelt sich dabei um einen rechteckigen tonnengewölbten Raum mit zwei Apsiden, hinter dessen Quaderwänden sich älteres Fischgrätmauerwerk befindet. Diese Art des Mauerwerks deutet darauf hin, dass es sich bei diesem Raum um einen der ältesten der Burg handelt. Der runden Öffnung an der Decke entspricht eine in den Boden eingelassene, das Regenwasser sammelnde Schale. Diese Öffnung war ursprünglich der einzige Zugang zu diesem Raum. Die Vermutung, dass es sich dabei um einen geheimen Kultraum der Tempelritter handelt, entbehrt jedoch jeder wissenschaftlichen Grundlage. Möglicherweise hatte die kleine Halle einen wesentlich prosaischeren Zweck und diente als Unterkirche, Schatzkammer, Gefängnis oder Zisterne.

An der Nordseite des Hofes steht der mächtige fünfeckige Wohnturm aus der Zeit um 1200. Seine Aufgabe war es, die Angriffsseite der Burg zu schützen. Er ist, wie auch der Kapellenturm und der Apsidenraum, aus schön behauenen Quadersteinen gemauert, die mit Steinmetzzeichen versehen sind. Sein Zinnenkranz ist heute unter einem flachen Dach versteckt. Die Torleibung des Hocheinstieges, der sich in der Höhe des ersten Stocks befand, ist noch erhalten. Die Holzeinbauten der sechs Geschosse wurden in der Nachkriegszeit von ungebetenen Besuchern verheizt. Im 16. Jh. hatte man dem Donjon ein Stiegenhaus angefügt, das auch den Zugang in die anderen Räume der Hochburg ermöglichte. Im 17. Jh. diente er nur mehr als Pulverturm bzw. Waffenmagazin. Dem Bergfried gegenüber liegt der vermutlich von den Güssinger Grafen errichtete Palas mit dem gotischen, aber stark restaurierten „Rittersaal“ im Erdgeschoß. Auch er wird immer wieder mit den Tempelrittern in Zusammenhang gebracht, doch gibt es keinen urkundlichen Hinweis, dass diese jemals im Besitz der Burg waren. Er ist ein zweischiffiger Profanbau, der mit seinem von fünf achteckigen Säulen getragenen Kreuzrippengewölbe eher an ein Kirchenschiff erinnert. Der langgestreckte Saal nimmt die Gesamtbreite der Südfront und damit fast die Hälfte des bewohnten Raumes der Altburg ein. Wegen des leicht gekrümmten Grundrisses ist er in der Mitte geknickt. Seine „romanischen Fenster“ stammen von der historistischen Restaurierung zu Beginn des 20. Jh. Über diesem Saal ließ Paul Anton Keller einen großen Konzertsaal einbauen. Östlich vom Bergfried springt der Kapellenturm aus der Mauerfront vor. Seine frühgotischen Fenster sind durch Säulchen mit Knospenkapitellen unterteilt. Ihm ist ein kleines Stiegenhaus vorgelagert, in dem eine Schneckenstiege zur „Pfaffenstube“, der Wohnung des Burgkaplans, führte. Im letzten Stockwerk befand sich die Glockenstube. Die kleine Burgkapelle ist dem hl. Nikolaus geweiht. In ihr haben sich Fragmente von romanischen Fresken aus dem beginnenden 13. Jh. erhalten, die zu den ältesten des Burgenlandes zählen. So kann man in einer Fensterleibung den hl. Nikolaus erkennen. Spuren der anlässlich der späteren Barockisierung zerstörten gotischen Bauelemente sind noch erkennbar. Der Raum unter der Kapelle diente ursprünglich als Familiengruft der Nádasdy, doch wurde diese 1669 von Franz III Nádasdy in die Krypta der von ihm gestifteten Pfarrkirche des Ortes verlegt. Die übrigen, den Hof umschließenden Trakte stammen aus dem 16., der aus dem Rund der Altburg hervortretende Viereckbau aus dem 17. Jahrhundert. In der Südwestecke des oberen Burghofes wurde 1549 ein Brunnen angeblich fast 120 Meter tief bis zum Talgrund vorgetrieben.

Lage: Burgenland/Mittleres Burgenland - ca. 16 km südwestlich von Oberpullendorf

Ort/Adresse: 7442 Lockenhaus

Besichtigung: Die Burg ist ganzjährig von 08.00 bis 17.00 geöffnet.

Homepage: www.lockenhaus.at


Weitere Literatur:


23.11.2003