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Lipperheide (Neumatzen)


Um 1650 befand sich an der Stelle des heutigen Schlosses das „Aubad“. Dieses Tiroler Bauernbad erfreute sich eines ausgezeichneten Rufes und wurde sogar 1777 in das Werk „Gesundbrunnen der Österreichischen Monarchie“ aufgenommen. Im späten 19. Jahrhundert hatte es allerdings seine Bedeutung verloren und wurde nur mehr von den umliegenden Bauern benützt. Heute wird das in der Nähe entspringende Mineralwasser unter dem Namen „Alpquell“ in ganz Österreich verkauft. 1883 ließ sich der Berliner Verleger und Kunstmäzen Franz Freiherr von Lipperheide hier nieder. Er erwarb das Bad und den damit verbundenen „Gasthof in der Au“, ließ die bestehenden Bauten abreißen und an ihrer Stelle durch den Architekten Georg Ritter von Hauberisser, dem Erbauer des Münchner Rathauses, das jetzige Schlösschen errichten. Manche Experten geben Prof. Rippendingen als Architekten an. Lipperheide hatte seine Karriere als mittelloser Buchhändlerlehrling gestartet, es aber später durch die Herausgabe einer weltweit verkauften Modezeitschrift zum vielfachen Millionär gebracht. Neben einer umfangreichen Bibliothek besaß er die größte private Bronze- und Helmsammlung der Welt. Neben dem Schloss entstand durch Gärtner aus Frankreich und Berlin der 17 ha große Schlosspark mit seinen vier Teichen, in dem heute noch mehr als 40 exotische Baumarten stehen. Nach englischem Vorbild ließ er zahlreiche romantische Parkbauten, wie ein Nymphäum, eine Grotte und den Rolandsbogen errichten. Die antiken Säulen für das Nymphäum ließ Baron Lipperheide aus Süditalien importieren. Die größeren Bauten dienten vorwiegend als Gästehäuser. Im „Jägerhäusl“ schrieb Hugo Wolf 1895 seine Oper „Corregidor“. Auch Franz von Defregger, Peter Rosegger und Hoffmann von Fallersleben zählten zu den Gästen des kulturell interessierten Barons. Ab 1933 diente das Schloss dem in Deutschland von der Verhaftung bedrohten Politiker Hubertus Prinz zu Löwenstein einige Jahre lang als Exil. Zur Zeit des Dritten Reiches war das Gebäude enteignet, wurde aber nach dem Zweiten Weltkrieg den Eigentümern wieder zurückgegeben. 1968 kaufte der Architekt Dipl. Ing. Josef Gschösser den Ansitz von den Erben des Freiherrn von Lipperheide und ließ ihn restaurieren. Seine Gattin Marianne unterhielt hier jahrelang eine der größten Galerien Westösterreichs. Derzeit wird das Gebäude nur noch privat genutzt.

Schloss Lipperheide, auch Neumatzen genannt, liegt am Rand des weitläufigen Parks, der sich bis nach Matzen erstreckt. Er gehört heute nicht mehr zum Schloss. Der im Stil des Späthistorismus errichtete Bau ist stark gegliedert. Der optische Eindruck wird vom bergfriedartigen Hauptturm, den beiden mit Zwiebelhelmen versehenen Ecktürmchen, dem Treppengiebel an der Westseite und den gedeckten Terrassen bestimmt. An der Stützmauer sind Reste mittelalterlicher Grabsteine eingesetzt. Die späthistoristische Innenausstattung aus der Bauzeit ist weitgehend erhalten (Holzdecken, Vertäfelungen, Fresken, Möbel, Fliesen). Bemerkenswert sind einige Öfen des 17. Jahrhunderts. Wenige Schritte östlich vom Schloss steht ein hübscher Gartenpavillon.

Lage: Tirol/Unteres Inntal – unweit von Brixlegg am Ende des Matzener Parks

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


19.11.2003