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Palais Caprara


1687 kaufte der kaiserliche Generalfeldmarschall Enea Silvio Graf von Caprara, ein Neffe Octavio Piccolominis, ein Haus in der Wallnerstraße, das er bald niederreißen ließ. Zwischen 1694 und 1698 errichtete Domenico Egidio Rossi, der wie Caprara aus Bologna stammte, ein Palais, das an die damals dort übliche Palastarchitektur erinnert. Möglicherweise waren auch Domenico Martinelli und Antonio Beduzzi an der Planung beteiligt. Das Gebäude zählt zu den ältesten Barockpalästen Wiens. Anfangs des 18. Jh. kam es zu baulichen Veränderungen. Unter anderem wurden am Portal die Atlanten hinzugefügt. Das Palais blieb nun nahezu ein Jahrhundert lang bei der Familie des Bauherrn, bis es 1796 an Carl Fürst von Liechtenstein verkauft wurde. Ein Jahr später erwarb es Baron Wimmer. 1798 mietete der französische Gesandte Jean Baptiste Bernadotte, der spätere König von Schweden, das Palais. Als er bei einem Fest die Trikolore hisste, kam es zu Unruhen unter der Bevölkerung und Bernadotte mußte am nächsten Tag Wien verlassen. Noch im gleichen Jahr kauften die Brüder Johann Heinrich und Johann Jakob Geymüller das Palais. Die Innenräume wurden nun im Empire-Stil neu ausgestattet. Sie wurden zu einem Zentrum des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens von Wien. Hier lernte Franz Grillparzer auf einer Soiree Kathi Fröhlich kennen. Nach dem Bankrott des Bankhauses Geymüller kam es zu einem mehrfachen Besitzerwechsel. Zu den Eigentümern zählten u. a. die Barone Pouthon (1897) sowie das Land Niederösterreich (ab 1905), das für einige Jahre das Niederösterreichische Landesmuseum hier unterbrachte. Danach hatte hier die Konsularabteilung der Britischen Botschaft ihren Sitz. In den Jahren 1986 bis 1988 kam es zu einer Generalsanierung durch den heutigen Eigentümer, einer Immobiliengesellschaft, die das Palais als Bürogebäude nützt. Bis zum Jahre 2000 hatte hier die Syrische Botschaft ihr Domizil. Seit 2001 wird das Palais von der Wiener Börse und einigen nahestehenden Organisationen in Anspruch genommen.

Das Gebäude besteht aus einem fünfachsigen Mittelteil, an den zwei, kaum vorspringende, zweiachsige Seitenrisalite anschließen. Die horizontale Gliederung der dreigeschossigen Fassade erfolgt durch Simse über den Stockwerken. Zwei bemerkenswerte Atlanten flankieren das Portal, über dem sich ein ovaler Balkon befindet. Die Fenster der Beletage sind abwechseln mit Dreiecksgiebeln und Rundbögen überdacht. Das Vestibül ist eine quergelagerte Säulenhalle, die einerseits in den großen, rechteckigen Hof und anderseits zur dreiläufigen Treppe führt, über die man in die Beletage gelangt. An den Wänden des Hofes wird die Gliederung der Fassade, etwas sparsamer, wiederholt. Der ehemalige Festsaal wurde später unterteilt. Er nahm die gesamte Tiefe des Gebäudes ein. Seine Wände waren ursprünglich zur Gänze mit Architekturmalereien bedeckt. Die Repräsentationsräume weisen schöne Parkettböden und Stuckarbeiten auf. Von der qualitätvollen Empire-Ausstattung haben sich zwei Räume erhalten: der „Geymüller Salon“ und das „Pompejanische Zimmer“. Letzteres befindet sich allerdings heute im Museum der Stadt Wien.

Ort/Adresse: 1010 Wien, Wallnerstraße 8

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


24.08.2002