ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Würting


Der Ort Würting wird bereits 814 als Wirtingen erstmals urkundlich genannt. Er gehörte zuerst den Grafen von Lambach und ging dann an das Hochstift Würzburg über. 1120 kaufte ihn Herzog Leopold VI von Babenberg. Zur Zeit König Ottokars wird der kleine Ansitz mit 11 Untertanen im landesfürstlichen Urbar ausgewiesen. Herzog Albrecht III belehnte 1380 Jörg Rathalminger mit Würting, das damals bereits eine respektable Wasserburg war. Susanna Rathalminger brachte die Herrschaft 1455 in ihre Ehe mit Jörg Perkheimer ein. Unter ihm wurde das Schloss 1462 auf dem Grundriss der mittelalterlichen Burg neu errichtet. Nach dem Tod des letzten Pergheimers erbte dessen Tochter Christine, die mit Wolf Siegmund von Losenstein verheiratet war, den Besitz, verkaufte ihn aber 1604 an den Welser Handelsherrn Christoph Weiß. Dieser war bürgerlicher Herkunft und zeichnete sich vor allem als Geldgeber von Erzherzog Matthias aus, der ihn dafür mit der Vogtei der Welser Burg betraute. Seine Gattin Felicitas war eine Tochter des Salzburger Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau und der Salome Alt. Weiß hoffte auf eine Erhebung in den Freiherrenstand und ließ das Schloss bereits um 1610 vorsorglich im Osten und Süden erweitern und reich ausstatten. Mit „Gips- und Kalkschneiderei“, wie man die Stuckarbeiten damals nannte, wurde nicht gespart. Es nützte jedoch auch nichts, dass er in einem Zyklus von Deckengemälden seinem Gönner Erzherzog Matthias huldigte. Weiß starb als Bürger zu Wels. Erst sein Enkel, Hans Christoph, wurde 1651 von Kaiser Ferdinand III zum Freiherrn von Weißenberg erhoben. Er starb im selben Jahr und die hochverschuldete Herrschaft ging 1653 an den Generalkriegskommissar Alexander von Schifer über.

1698 wurde Elias Graf Seeau der neue Schlossherr. Die Herrschaft war nun bereits bedeutend größer geworden. 1750 gehörten zu ihr schon 444 Untertanen. 1842 kam Würting als Heiratsgut an Alexander Földvary von Földvar. Mathilde von Földvary verkaufte es 1860 an Johann Karl Grillmayr, dem Gründer der Spinnerei Kleinmünchen. 1877 stürzte der Ostturm ein, da die Piloten, auf denen er stand, durchgefault waren. Er wurde nicht mehr aufgebaut. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde der gesamte Grundbesitz nach und nach verkauft. Auch der große Wirtschaftshof hinter dem Schloss musste 1901 abgegeben werden. 1902 kaufte Gräfin Lilly Alberti d’Enno das Wasserschloss. 1918 war die Gräfin Alice Hoyos Eigentümerin. 1921 verursachte ein Brand im zweiten Stock des Nordwestflügels große Schäden. Dabei wurde ein Holzplafond mit 21 Heldenbildern nach Jakob Schrenck vernichtet. Im gleichen Jahr kaufte der Wiener Bankier Heinrich Gutmann den Besitz für seine Gattin Stefanie. Das Gebäude wurde restauriert und hatte eine kurze Blütezeit vor sich. 1938 war es sehr gepflegt und mit erlesenem Mobiliar und wertvollen Gemälden ausgestattet. Auch eine Waffensammlung war vorhanden. Um einer drohenden Enteignung vorzubeugen, schenkte Frau Gutmann Schloss Würting ihrem arischen Schwiegersohn, Emanuel Graf Walderdorff. Dieser verkaufte es jedoch noch im gleichen Jahr um einen Bruchteil des Wertes an den Gau Oberdonau. Das Inventar wurde, soweit es Baron Gutmann nicht in die Schweiz mitnehmen konnte, verkauft und in das Schloss zog einer Führerschule der SA ein. 1945 wurden darin Flüchtlinge untergebracht. 1952 erhielt Frau Stefanie Gutmann Würting zurück. Sie verkaufte es umgehend. Nach einem mehrfachen Besitzwechsel gehört es nun Dr. Herbert Schaffer, der darin eine kleine paläontologische Sammlung eingerichtet hat. Die vor einigen Jahren begonnene Generalsanierung dürfte ins Stocken gekommen sein.

Wenn Würting vollständig restauriert und von dem umgebenen Wildwuchs befreit wäre, so wäre es eines der schönsten Renaissance-Wasserschlösser Österreichs. So aber ist es in einen Dornröschenschlaf versunken, aus dem es wohl nur ein Prinz (mit dem nötigen Kleingeld) erwecken kann. Das Schloss ist von einem breiten Wassergraben umfangen, der eigentlich ein viereckiger Teich ist, da berichtet wird, dass das trapezartige Gebäude auf einer durch Piloten verstärkten Insel errichtet wurde. Hinter dem Teich erstreckt sich ein ziemlich verwilderter Park. Das Wasserschloss hatte nach seinem Umbau im 17. Jh. fünf starke Rundtürme mit Kuppeldächern. Nach der Abtragung des Ostturmes sind es nur noch vier. Das Gebäude ist bis auf den Südwestflügel dreigeschossig. Zu dem aus Hausteinen gefertigten Portal führt eine gemauerte Brücke. Das Einfahrtstor stammt aus dem dritten Viertel des 16. Jh. Es ist mit den Wappen der Alt, Seeau, Prankh und Gera geschmückt. Die Durchfahrt zu dem nach hinten offenen Hof weist ein Korbtonnengewölbe auf, das mit einer prächtigen Stuckdecke aus dem Jahr 1610 versehen ist. Auch die Stiegenaufgänge, Hallen und Türrahmungen sind reich stukkiert. Der Nordwestflügel ist an der Hofseite in allen drei Geschossen mit Arkadengängen versehen. Im gegenüberliegenden Südostflügel ist die Kapelle untergebracht. An der Südwestseite des Hofes steht der Uhren- und Barometertrakt, der aber mit den beiden Seitenflügeln keine bauliche Verbindung hat.

Die Beletage liegt im zweiten Stock. Ihre Räume sind besonders qualitätvoll ausgestattet. Der Festsaal wurde 1890 mit einer Kassettendecke versehen, in die allegorische Ölgemälde und solche von griechischen Göttern eingelassen wurden. Ihre Schöpfer waren um 1610 Claude Aubertin und Franz Pieter Isaacsz. Diese Gemälde wurden 1971 von der Witwe des damaligen Schlossherrns Rüdiger Rogalla abmontiert und außer Landes gebracht, obwohl das Schloss bereits verkauft war. 1980 tauchten sie in einem Versteigerungskatalog von Sotheby wieder auf. 1994 konnte sie der oberösterreichische Landeskonservator erwerben. Sie wurden vom Bundesdenkmalamt restauriert und sind derzeit (bis 31. 12. 2007) im Linzer Landesmuseum zu sehen. In einer Wandnische steht die Büste des Christoph Weiß von 1613. Sie stammt von seinem 1617 in der Pfarrkirche von Offenhausen errichteten Grabdenkmal. Weitere Kassettendecken befinden sich im Rundzimmer eines Turmes sowie in einem Raum an der Südostecke. Die hier eingelassenen Gemälde stammen ebenfalls von Claude Aubertin (1610). Bemerkenswert sind auch die reich geschnitzten und intarsierten Türen des zweiten Stocks. Die Schlosskapelle springt nach außen vor. Sie zeigt ein Netzrippengewölbe, wurde aber um 1900 neu gestaltet. Ein Wappengrabstein stammt aus dem Jahr 1408. Die wertvolle Inneneinrichtung des Schlosses ist in den zwanzig Jahren nach 1938 weitgehend verschwunden. Ein bunt glasierter Kachelofen aus der Zeit um 1560 ist heute im Linzer Schlossmuseum aufgestellt.

Lage: Oberösterreich/Innviertel – ca. 15 km nordwestlich von Lambach

Besichtigung: wenn überhaupt, nur über telefonische Vereinbarung möglich


Weitere Literatur:


27.10.2003