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Mürzsteg


Das kaiserliche Jagdgebiet von Neuberg an der Mürz galt in der Monarchie als eines der schönsten Reviere der Monarchie. Seit dem 18. Jahrhundert standen für den Kaiser und seine Gäste im südöstlichen Trakt des Zisterzienserklosters Neuberg repräsentative Räume zur Verfügung. Besonders Kaiser Franz Josef schätzte die Gegend sehr. Er ließ sich 1869 im nahe gelegenen Mürzsteg am Lanauberg aus seinem Privatvermögen ein kleines Jagdhaus im Schweizer Stil errichten. Die Pläne stammten von August Schwendenwein, der gemeinsam mit seinem Partner Johann Romano zum meistbeschäftigten Architekten der Wiener Ringstraßenverbauung wurde. Er betrachtete den kaiserlichen Auftrag als große Ehre und wählte bei seiner Erhebung in den Ritterstand das Prädikat „von Lanauberg“. Das Jagdschlösschen war vom Typ her als großbürgerliches Landhaus geplant. Es erwies sich jedoch sofort als viel zu klein, so daß es in zwei weiteren Bauphasen, 1879 (Nordwesttrakt) und 1903, deutlich vergrößert werden musste. Im Frühjahr und Herbst fanden die Hofjagden statt, zu denen Kaiser Franz Josef mit großem Gefolge eintraf. 1883 wurde für Kaiserin Elisabeth, die sich nie an den Jagden beteiligte, aber eine gute Reiterin war, ein Reitsteig angelegt, der vom Kuhhörndl zum Hocheck führte. 1886 wurde der Park gestaltet und eine Wasserleitung in das Haus gelegt. Das gesellschaftliche Leben im Schloß war sehr bescheiden, es stand nur im Zeichen der Jagd – keine Repräsentation, keine Abendgesellschaften. Erst nach dem letzten Ausbau kam es zu politisch wichtigen Einladungen. So empfing hier 1903 Kaiser Franz Josef den russischen Zaren Nikolaus II. In den „Mürzsteger Protokollen“ wurde die Neuordnung am Balkan festgelegt, wobei Russland die freie Durchfahrt durch die Dardanellen erreichte.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Mürzsteg enteignet und dem Kriegsgeschädigtenfonds übergeben. In den offiziellen Räumen wurde ein kleines Museum mit Erinnerungsstücken an Kaiser Franz Josef als Jäger eingerichtet, das übrige Gebäude konnte in der Zwischenkriegszeit von Sommergästen gemietet werden. Im Zweiten Weltkrieg stand es meist leer. 1945 versteckte der Führer der ungarischen Pfeilkreuzler Ferenc Szalasi, auf der Flucht vor der Roten Armee im Keller des Schlosses den ungarischen Kronschatz (Stephanskrone, Krönungsornat, Zepter, Reichsapfel und Schwert sowie die Armreliquie des hl. Stephan), bevor er sich weiter nach Westen absetzte. Das gepflegte Jagdschloß ist im Besitz der Republik Österreich. Seit 1947 dient es als Sommerfrische für den jeweiligen österreichischen Bundespräsidenten. Zu den Staatsgästen, die hier in ländlicher und zwangloser Atmosphäre empfangen wurden, zählten u. a. König Hussein von Jordanien und der Schah von Persien. Das Schloß wurde in den letzten Jahrzehnten restauriert und durch den Einbau von Sanitäranlagen modernisiert. Die repräsentativen Räumlichkeiten blieben aber im Wesentlichen unverändert.

Mürzsteg ist ein einfaches, einstöckiges Jagdschloß, dessen Obergeschoß im ländlichen Stil mit Holzschindeln verkleidet ist. Bedingt durch die mehrmaligen Vergrößerungen und Zubauten weist es einen etwas asymmetrischen Grundriß auf. Das Dachgeschoß ist teilweise mansardartig ausgebaut. Es wird von drei dreigeschossigen, viereckigen Türmen mit steilen Dächern überragt. Die Fenster des Hauptgeschosses können mit grünen Fensterläden verschlossen werden. Im ersten Stock befand sich der Salon des Kaisers, sein Arbeitszimmer, sein Schlafzimmer sowie einige Gästezimmer. Die großteils erhaltene Inneneinrichtung war zwar gemütlich, aber bescheiden und – mit Ausnahme einiger Bilder von Rudolf Alt und Franz von Pausinger - ohne künstlerischen Wert. Kaiser Franz Josef schlief auch hier auf einem eisernen Feldbett, wie er es von seinen anderen Residenzen gewohnt war. An den Wänden hängen Erinnerungen (Trophäen, Waffen, Bilder) an den Kaiser.

Lage: Steiermark/Oberes Mürztal – am Rande des gleichnamigen Ortes.

Besichtigung: Aus Sicherheitsgründen ist eine Besichtigung des Schlosses nicht möglich.


Weitere Literatur:


24.08.2002