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Riegersburg (Steiermark)


Die Burg liegt auf einem mächtigen, langgestreckten, ca. 200 m über die Talsohle steil ansteigenden Basaltfelsen, der schon in der Jungsteinzeit besiedelt war. 1122 errichtete Rüdiger von Hohenberg einen Stützpunkt an der Stelle der heutigen Hochburg, die 1138 erstmals als „Ruotkerspurch“ (Burg des Rüdiger) genannt wird. Es dürfte sich damals lediglich um einen Wohnturm oberhalb des nördlichen Felsabsturzes gehandelt haben. Die Riegersburger nahmen später ihren Wohnsitz auf der zentraler gelegenen Burg Wildon und nannten sich auch bald danach. Ihnen gehörte die Burg bis zum Tod von Liuthold von Wildon 1249. Danach folgten die verwandten Khuenring-Dürnstein. Die Riegersburg bildete mit Hartberg, Fürstenfeld und Radkersburg den wichtigsten Teil des steirischen Ostwalles gegen die Ungarn und später gegen die Türken. Das nach Süden abfallende Plateau trug schon im Mittelalter zwei Burgen: das Hochschloss Kronegg und südlich davon, die niedriger gelegene Burg Lichteneck, die 1140/50 von Markgraf Otakar III, dem Landesfürsten der Steiermark, angelegt wurde. Aber bereits 1301 gehörten beide Anlagen Ulrich von Wallsee-Graz, der die obere Burg schon seit zwei Jahren besaß. Die Güter der Wallseer, die zu den mächtigsten Adelsfamilien des Reiches zählten, lagen verstreut zwischen der Nordgrenze Oberösterreichs und der Adria. In der sog. Wallseer-Fehde bedrohte Reinprecht von Wallsee die landesfürstlichen Besitzungen der Umgebung. 1412 wurde die untere Burg vom Herzog Ernst dem Eisernen nach einer kurzen Belagerung zur Kapitulation gezwungen. Da dadurch die obere von jeder Versorgung abgeschnitten war, musste sich auch diese ergeben. Reinprecht erhielt die Riegersburg jedoch bereits 1417 wieder zurück. Auf Grund der schlechten Erfahrungen von 1412 ließ er anschließend den Eselssteig in den Fels schlagen. Mit dem Aussterben der Wallseer fiel die Herrschaft an den Landesfürsten zurück. Kaiser Friedrich III belehnte 1478 Reinprecht von Reichenburg mit der riesigen Herrschaft. Dieser war oberster Feldhauptmann des Kaisers Maximilian I, dem er in Burgund und Ungarn gute Dienste geleistet hatte. Während die Umgebung in der Folge in der Baumkirchnerfehde, aber auch von den Ungarn und Türken immer wieder verwüstet wurde, kam es seit 1412 nie mehr zu einer Belagerung der Burg.

1571 ging die Herrschaft durch Heirat an Erasmus von Stadl über, der Kronegg im Stil der Spätrenaissance kräftig um- und ausbaute. Der Heiduckeneinfall von 1605 forderte unter der Zivilbevölkerung der Oststeiermark mehr als 3.500 Opfer. Auf der Riegersburg waren die zahlreichen Flüchtlinge aber gut geschützt. Hans von Stadl hatte sogar am Fuß des Burgberges ein verschanztes Flüchtlingslager errichten lassen. Hohe Schulden aber zwangen 1618 zum Verkauf an den reichen Georg Christoph von Ursenbeck. An den Lebenswandel der neuen Besitzer erinnert noch die Glasgravur mit dem zwanzigtägigen Rausch im Rittersaal. Durch Heirat gelangte der umfangreiche Besitz 1637 an Seyfried Freiherr von Wechsler aus Radkersburg. Er vererbte ihn schließlich an seine Schwester, Katharina Elisabeth von Wechsler, verehelichte Freifrau von Galler und an seinen Onkel Siegmund. Als dieser 1648 starb, war die „Gallerin“ Alleinbesitzerin. Sie war wohl die interessanteste Frauengestalt der Steiermark im 17. Jh. Angesichts der ständigen Bedrohung der Oststeiermark durch die Türken, ließ sie unter großen Kosten die Befestigungen ausbauen. Davon zeugt noch eine Inschrift im Weißen Saal: „Das Bauen ist eine schöne Lust, was es mich kost’, ist mir bewusst“. Im Verlauf der Bauarbeiten wurde die untere Burg abgetragen. Die dabei gewonnen Steine dienten als Baumaterial für die neuen Bastionen und Wehrmauern. Die Gallerin, die mit ihrer Umgebung, besonders dem Pfarrer von Radkersburg, ständig im Streit lebte und oft mehr als ein Dutzend Prozesse gleichzeitig führte, starb 1672. Sie war dreimal verheiratet. Ihr erste Mann, Hans Wilhelm Freiherr von Galler, der Hofkriegsratspräsident in Graz war, starb. Ihr zweiter, Oberst Detleff von Kapell, fiel in der Schlacht bei Mogersdorf. Von ihrem dritten Gatten, Hans von Stadl, ließ sie sich scheiden.

Die Ausgestaltung der Riegersburg zur „stärksten Festung der Christenheit“ wurde 1685 durch ihren Schwiegersohn, Johann Ernst Graf Purgstall, vollendet. Er errichtete auf der Südseite des Bergplateaus mit neun Bastionen und fünf freistehenden Sperrtoren ein großartiges Verteidigungssystem, das die Burg damals praktisch uneinnehmbar machte. Die Wehrmauern waren drei Kilometer lang. 1664 war die Riegersburg Zufluchtsstätte für tausende Menschen, bis der kaiserliche Feldherr Montecuccoli die Türken bei Mogersdorf über die Raab zurückgeworfen hatte. Graf Purgstall war oberster Hexenrichter der Steiermark und hatte bei den berüchtigten Hexenprozessen in Feldbach den Vorsitz. Im Hexenzimmer der Burg erinnert ein Gemälde an die „Blumenhexe“ Katharina Paltauf. Sie war die Frau des Burgpflegers und Mitglied der „zaubrischen Gesellschaft“, wofür sie 1675 auf dem Scheiterhaufen in Feldbach sterben musste. Mit Wenzel Raphael Graf Purgstall starb die Familie 1817 aus. Seine Witwe vermachte dem Orientalisten Joseph Freiherr von Hammer das Schloss Hainfeld unter der Bedingung, dass er den Namen Purgstall annehme. Nach dem Tod des letzten Riegersburger Vertreters dieser Familie teilten sich 17 Personen das Erbe. 1822 kaufte Johann I Fürst von und zu Liechtenstein, der damals auch Kornberg, Kirchberg und anderen Grundbesitz in der Oststeiermark erwarb, Burg und Herrschaft. In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges wurde der Ort Riegersburg weitgehend zerstört und die Burg durch Granatenbeschuß schwer beschädigt. Die Verwüstungen wurden in den folgenden Jahren von der Familie Liechtenstein behoben. Die Landesausstellung von 1987 zum Thema „Hexen“ bildete den willkommenen Anlass für eine neuerliche großzügige Renovierung. Derzeitige Eigentümer sind Prinz Friedrich und Prinzessin Annemarie von und zu Liechtenstein. Zusätzlich zum Burgmuseum wurde im Keller ein Hexenmuseum eingerichtet.

Wenn auch nicht mehr alle Bauten und Mauern vorhanden sind, die Georg Mathäus Vischer 1681 aus allen Himmelsrichtungen zeichnerisch festhielt, so lässt einem auch der heutige Anblick noch an die einstige Uneinnehmbarkeit der Burg glauben. Die Riegersburg ist die größte und wehrtechnisch interessanteste Burg der Steiermark. Jeder Feind, der die Burg einnehmen wollte, musste zuerst durch das Steinkeller-Tor (um 1690) zum Cilli-Tor gelangen, das allein schon wie eine eigene Festung wirkt. Laut Inschrift wurde es 1678 errichtet. Ein vordringender Feind konnte von allen Seiten unter Beschuss genommen werden. In den Obergeschossen war die Wachmannschaft untergebracht. Dieser wuchtige mehrstöckige Bau, der mit Ecktürmen ausgestattet wurde, ist das einzige Gebäude am Weg zum Hochschloss, das seit dem 17. Jh. unverändert geblieben ist. Der Burgweg windet sich an der St. Antoni-Bastei vorbei in zwei Kehren hinauf zum dritten, dem Annentor. Tief in den Basalt eingeschnittene Wagenspuren erinnern an den Bedarf an Versorgungsgüter, den die Burg einst hatte. Über der zweiten Kehre erhebt sich das mächtige Leopoldi-Bollwerk mit einer lateinischen Inschrifttafel. Nach dem Passieren des Annentores sieht man linkerhand die aus dem Felsen gehauene Rossschwemme. Etwas weiter oben lag einst eine Kanonenhalle, von der aus die Straßen nach Hatzendorf und Feldbach beschossen werden konnten. Das folgende Lichteneggertor von 1679 war mit Graben und Zugbrücke versehen, es wurde jedoch 1880 durch Blitzschlag zerstört und danach nur mehr teilweise wiederaufgebaut. Noch ein Stück weiter kommt man zu einem großen Felsen, der einst die untere Burg und nach ihrer Zerstörung einen Reitstall trug. Heute befindet sich hier das „Grenzlandehrenmal“. Die nächste Wegsperre macht mit ihren Schmuckgiebeln und Obelisken einen etwas seltsamen Eindruck. Dieses sog. Pyramidentor ist mit den Wappen der Familien Mörsberg und Purgstall geschmückt. Es wirkt heute eher dekorativ als wehrhaft. 1945 wurde es von einer Granate getroffen und völlig zerstört, zwei Jahre später aber erneuert.

Nach einem weiteren Anstieg gelangt man endlich zur eigentlichen Burg an der höchsten Stelle, im Nordwesten des Felsplateaus. Doch zuvor hat man die lange Grabenbrücke, deren letztes Stück als Zugbrücke ausgebildet war, sowie das sechste Tor, das zugleich jenes der Vorburg ist, zu passieren. Auf diesem „Wenzelstor“ kann man einige markige Aussprüche der Gallerin lesen, wie z. B. „…kein Feint noch Thirckhen nicht firchten“. Die beiden Figuren des Mars und der Bellona bewachen das eisenbeschlagene Burgtor. Um die Burg bei einer allfälligen Belagerung vom allgemeinen Zugang unabhängig zu machen, wurde in der ersten Hälfte des 15. Jh. an der Westseite des Berges der 120 m lange „Eselssteig“, ein in den Felsen gehauener Treppenweg angelegt. Im 17. Jh. wurde er am unteren Ende mit einem kleinen Vorwerk versehen. Sein burgseitiger Zugang liegt im Untergeschoß der Vorburg, die als Zeughaus diente. Hier sind die originalen Holzvertäfelungen sowie die Waffenauflager noch vorhanden. Am Zeughaus vorbei, kommt man zum zweiten Graben. Am Ende der Brücke gibt das siebente und letzte Tor den Zugang in den ersten, ziemlich engen Burghof frei. Ältester Teil des Hochschlosses, das sich aus mehreren, um zwei längliche Höfe gruppierten Trakten zusammensetzt, ist der ehemalige quadratische Bergfried an der Südostecke. Er stammt noch aus dem 13. Jh., wurde aber im 17. Jh. von hohen Gebäuden ummantelt, so dass er von außen nicht mehr erkenntlich ist. Der ursprünglich reich gestaltete Tor- bzw. Uhrturm fiel 1799 einem Blitzschlag zum Opfer und wurde später wesentlich einfacher neu errichtet. Hinter einer Eisentür befindet sich das Archiv, in dem die alten Urbare und Rechnungsbücher der Herrschaft aufbewahrt werden. An seiner Nordseite führt eine schlichte Stiege zu den Repräsentationsräumen. Am Fehlen einer Prunktreppe merkt man bereits, dass es sich bei der Riegersburg eben um eine Burg und um kein Schloss handelt. Im Durchgang zum zweiten Hof liegen hinter einer massiven Holztüre die einstigen Gefängniszellen. Der zweite Burghof ist deutlich größer als der erste. Er ist an drei Seiten mit verschieden gestalteten Arkaden ausgestattet. Unter seinem Boden liegt eine große Zisterne mit einer schön geschmiedeten Brunnenlaube (um 1640) darüber. Dieser Bereich der Burg erlitt gegen Ende des Zweiten Weltkrieges 248 Artillerietreffer, von denen heute nichts mehr zu sehen ist.

Die zum Teil prachtvoll ausgestatteten Prunkräume liegen im ersten Stock des Hochschlosses. Das Fürstenzimmer hat seinen Namen von Erzherzog Karl II, der 1568 hier übernachtete. Seine Kassettendecke ist eine Kopie, da das Original im 19. Jh. nach Schloss Hollenegg übertragen wurde. Angeblich ist das hier stehende Himmelbett das Sterbebett der Gallerin. Besonders prunkvoll ist das benachbarte Bilderzimmer, an dessen Wänden Barockbilder des 17. Jh. zu sehen sind. Die Decke wurde 1589 u. a. mit den vier Jahreszeiten und den drei Parzen bemalt. Das Römerzimmer zeigt an seiner Decke Bilder aus der Geschichte Roms und zum Teil recht urwüchsige Erklärungen dazu. Das Mittelbild stellt den Triumphzug des siegreichen Feldherrn Scipio dar, der soeben Hannibal vernichtend geschlagen hat. Im Türkenzimmer sowie in einem Nebenraum befinden sich asiatische und afrikanische Ausstellungsstücke aus der Sammlung der Fürsten Liechtenstein. Auch eine Eiserne Jungfrau gehörte dazu. Der große grüne, aber vergoldete Kachelofen des „Breiten Zimmers“ ist ein typisches Werk des Historismus. Er ist mit dem Wappen der Liechtensteiner geschmückt. Der 19 m lange und 6 m hohe Rittersaal ist mit schönen Intarsien aus dem Jahr 1600 ausgestattet. Besonders bemerkenswert sind die mächtige Kassettendecke sowie die drei, bis zur Decke reichenden Portalaufbauten. Hier steht auch der „Zweiklafter-Holzofen“, eine Meisterleistung des 16. Jh. Seine Kacheln leuchten bei der Erhitzung des Ofens blau. Auf einem Fenster der Nordseite wird von einem außerordentlichen Gelage berichtet: „Anno 1635 den 6. April hat sich der Sauff angehebt und ale Tage ein Rausch gegeben, bis auf den 26. dtt“. Anschließend an diesen Renaissancesaal liegt der große frühbarocke Weiße Saal, der 1658 vollendet und als Sommerspeisesaal benutzt wurde. Er wurde nach einem Entwurf des Grazer Baumeisters Antonio Solar von Mathis Lenz ausgeführt. An den vier Ecken der schweren Stuckdecke erkennt man Allegorien der vier Weltteile. Ansonsten sieht man Kriegsszenen und mythologische Darstellungen. Die schönen Gobelins, die einst die Wände bedeckten, sind schon seit dem frühen 19. Jh. nicht mehr vorhanden. An ihrer Stelle hängen heute Porträts der Freifrau von Galler und ihrer Familienangehörigen. An einem Ende des Saales führt eine doppelläufige Stiege zu den ehemaligen Gästezimmern. Die gotische Kapelle wurde 1400 von den Wallseern erbaut. Der kleine zweijochige Sakralraum ist dem hl. Nikolaus geweiht. Der barocke Hochaltar stammt aus dem Jahr 1630. Er ist mit dem Wappen der Ursenbeck versehen. Der Seitenaltar ist eine Stiftung der Gallerin von 1658. Einige Freskenreste aus dem 15. Jh. sind noch zu erkennen.

Lage: Steiermark/Oststeiermark – ca. 10 km nördlich von Feldbach

Besichtigung: Vom 1. April bis 31. Oktober täglich 09.00 – 17.00 (Führungen um 10.00, 12.30 und 15.00) – Die Burg ist seit einigen Monaten auch über eine Schrägseilbahn an der Nordseite erreichbar, am schönsten ist jedoch eine „Eroberung“ durch die sieben Tore.

Homepage: www.riegersburg.com


Weitere Literatur:


24.09.2003