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Bruck (Lienz)


Die immer wieder auftauchende Behauptung, dass Bruck auf den Ruinen eines römischen Wehrbaues errichtet wurde, ist nicht haltbar. Wie archäologische Untersuchungen ergaben, entstand die Erstburg auf dem gewachsenen Felsen. Der Wohn- und Wehrturm sollte die Brücke über die Isel schützen, nach der die Burg auch benannt ist. Ihr Grundriss entspricht dem Typ der hochmittelalterlichen Dynastenburgen. Ihre Gründung und Geschichte sind eng mit dem Geschlecht der Grafen von Görz verbunden. Aribo, der Sohn des bayrischen Pfalzgrafen Hartwig, war in eine Fürstenverschwörung gegen Kaiser Heinrich III verwickelt und musste 1055 Bayern verlassen. Seine Nachkommen führten die Verwaltung im Lienzer Gau, der zum Herzogtum Kärnten gehörte. Um 1100 erwarben sie die Vogtei über das Patriarchat von Aquileia und größeren Besitz in Friaul. Von nun an nannten sie sich nach der dortigen Hauptburg „Grafen von Görz“. Später vermehrten sie ihren Besitz noch um die Grafschaften Lurngau und Pustertal, doch wurde ihr Expansionsdrang 1252 durch eine Niederlage gegen den Kärntner Herzog Bernhard vorerst gestoppt. Sie mussten ihre Burg Lienz dem Salzburger Erzbischof übereignen und von ihm aus als Lehen wieder empfangen. Dies gab den Anstoß zum Bau einer neuen Residenz. Schloss Bruck wird 1277 erstmals erwähnt, seine Erbauung dürfte zwischen 1252 und 1277 erfolgt sein. Von Bruck aus verwalteten die Görzer, die im Laufe des 15. Jh. ihr Stammland in Friaul teilweise an Venedig verloren hatten, vor allem ihre deutschsprachigen Gebiete, die sog. „Vordere Grafschaft Görz“. Als mit Leonhard und seiner Frau Paola von Gonzaga das Geschlecht der Grafen von Görz-Tirol 1500 ausstarb und das ganze görzische Pustertal nach einem Erbvertrag in den Besitz Kaiser Maximilians I überging, wurde die Burg sofort in das tirolische Verteidigungssystem gegenüber Venedig einbezogen und entsprechend ausgebaut. Bei dieser Gelegenheit wurden die bisher isoliert stehenden und nur durch die Ringmauer verbundenen Bauteile zusammengebaut. 1526 war Bruck bereits so wehrhaft, dass es Michael Gaismair und seinen Bauern nicht gelang, in sie einzudringen.

Ihr heutiges Aussehen erhielt die Burg erst unter den Freiherren und späteren Grafen von Wolkenstein-Rodenegg, die von 1501 bis 1653 Pfandinhaber der Habsburger waren. Sie schufen die neue Zwingeranlage mit Torbau und den Rundtürmen an der Angriffsseite sowie das Rondell vor dem Wassergraben und der Zugbrücke. Im Hof wurden die letzten Baulücken durch die Errichtung von Wohntrakten geschlossen. Nach dem Konkurs der Wolkensteiner 1653 gelangte Bruck als Pfandbesitz an das königliche Haller Damenstift. Dieses trug vermutlich nur mit dem Dachreiter über der Kapelle (1761) zur Verschönerung des Baues bei. Das Schloss wurde damals lediglich vom Verwalter der Herrschaft und vom Rentmeister bewohnt. Das Landgericht benützte den „Rittersaal“ als Verhörraum und das Verlies mit der Folterkammer im Turm. Der Rest der wenig gepflegten Gebäude diente vorerst als Zeughaus, doch wurden 1780 alle brauchbaren Waffen abtransportiert und die unbrauchbaren als Alteisen verkauft. 1783 löste Kaiser Josef II das Damenstift auf. Schloss Bruck kam dadurch in Staatsbesitz und wurde als Militärspital (1796) und Kaserne verwendet. 1827 erwarb es der Bürgermeister von Lienz, Josef Oberkircher. Sein Sohn richtete in der Anlage 1861 eine Brauerei mit angeschlossener Gastwirtschaft ein, was zu größeren baulichen Veränderungen führte. Letzte private Besitzerin war Fräulein Ottilie Röck, die 1911 eine umfangreiche Renovierung nach dem Vorbild der bayrischen Königsschlösser vornehmen ließ. Die historisierenden Veränderungen sowie die vorhergehenden Umbauten wurden bei einer neuerlichen Restaurierung 1942/43 wieder beseitigt. 1942 erwarb die Stadt Lienz die Burg und richtete hier ein bedeutendes Regionalmuseum ein, das vor allem wegen seiner Egger-Lienz Bilder international bekannt ist. Der Innenhof wurde zuletzt 1990/92 umfassend restauriert. In den Jahren 1999/2000 erfolgte eine Generalsanierung. Dabei wurde der von Umbauten überlagerte mittelalterliche Kern der Burg wieder frei gelegt.

Schloss Bruck liegt außerhalb von Lienz, am Eingang ins Iseltal, auf einer nach drei Seiten mäßig steil abfallenden felsigen Kuppe. Zum ältesten Baubestand der später mehrfach erweiterten Anlage gehören der wuchtige Bergfried sowie der Trakt mit Palas und Kapelle. Der Zugang zur Burg führt durch einen halbrunden Torbau über eine Steinbrücke zum Zwingertor, das von einer Pechnase geschützt wird. Die Schlitze für die Schwinggurten der einstigen Zugbrücke sind noch vorhanden. An der Innenseite des Tores erkennt man den Verlauf des einstigen Wehrganges, der sich auch an den Zwingermauern hinzog. In einem, dem Bergfried vorgelagerten Teil ist er noch erhalten. Durch das Haupttor und die tiefe, schräg ansteigende Einfahrt gelangt man in den langgestreckten Innenhof. An seiner Südwestseite, der Angriffsseite, ragt der heute in sechs Geschosse unterteilte 30 m hohe Bergfried empor. Ein romanisches Doppelbogenfenster mit Mittelsäule und Knospenkapitel aus der Erbauungszeit hat sich im zweiten Stockwerk erhalten. Dies zeigt, dass der Turm schon in romanischer Zeit auch für Wohnzwecke bestimmt war. In späterer Zeit wurde ihm ein symmetrischer Stiegenaufbau angebaut. Die Südostseite des Hofes wird vom dreistöckigen Wohntrakt, dem Torturm mit Kapelle und dem Palas mit dem „Rittersaal“ im zweiten Geschoß eingenommen. Der zweigeschossige Nordwesttrakt wurde von den Wolkensteinern errichtet. Die Ost- und die Südseite des Hofes sind mit Arkaden versehen. Die Innenräume beherbergen die Exponate des Heimatmuseums. Ein Raum im ersten Stock weist eine gotische Balkendecke mit Kerbschnitzerei auf. Im Hauptsaal des Palas hat sich eine zum Teil romanisch bemalte Balkendecke aus der Erbauungszeit erhalten. Hier hängen einige, allerdings nicht zeitgerechte Gemälde von Görzer Grafen, sowie abgelöste Wandgemälde aus der Laurentiuskapelle von Schloss Heinfels bei Sillian. Ein weiterer Raum weist eine frühbarocke Holzdecke auf. Das „Wolkensteinische Salettl“ ist mit einem Wappenfries aus der ersten Hälfte des 16. Jh. geziert, der neun Wolkensteinische Allianzwappen zwischen Rankenmalereien zeigt. Im dritten Geschoß befindet sich in einem Zimmer eine reichgeschnitzte Renaissancedecke mit einem Mariahilfbild.

Über der Einfahrt des Torturmes liegt die zweigeschossige Burgkapelle, der interessanteste Teil der gesamten Anlage. Sie hat einen quadratischen Grundriss mit einer Rundapsis, die aus der Außenmauer über der Toreinfahrt hervorragt. In ihrem Innenraum zieht sich an drei Seiten eine schmale hölzerne Empore entlang, zu der an der Südseite eine doppelarmige Stiege hinaufführt. Ein weiterer direkter Zugang zur Empore ist vom „Rittersaal“ aus gegeben. Wände und Gewölbe sind mit Fresken bedeckt. Die Beleuchtung erfolgte durch Rundbogen-Schlitzfenster. Eines wurde erst 1943 an der Südseite aufgedeckt. An seiner Laibung sind noch romanische Fresken aus dem Jahr 1270 (vier Heilige, darunter Nikolaus und Martin) zu erkennen. Der romanische Raum wurde um 1480 unter Graf Leonhard von Görz gotisch verändert, wobei das Kreuzrippengewölbe eingebaut wurde. Sein Schlussstein zeigt das Wappen der Görz-Gonzaga. Die reiche Bemalung der Wände stammt von verschiedenen Künstlern. Den Hauptteil der Fresken schuf der Pustertaler Meister Simon von Taisten um 1495. Dazu gehören vor allem die „Vierzehn Nothelfer“ in der Apsis des Untergeschosses sowie die „Schutzmantelmadonna“ im Obergeschoß. Neben der Madonna erkennt man in den Stifterfiguren Graf Leonhard und seine Gemahlin Paola. Auch der „Marientod“ im Untergeschoß ist ein Werk Simon von Taistens, ebenso wie das „Görzer Flügelaltärchen“. Der „Gnadenstuhl“ im Gewölbe der Rundapsis stammt von Nikolaus Kenntner (1452), die „Leidensgeschichte“ und das „Weltgericht“ an der Südseite von Andrä Peuerweg (Mitte des 16. Jh.).

Lage: Tirol/Osttirol – am westlichen Stadtrand von Lienz

Ort/Adresse: 9900 Lienz, Osttirol, Schlossberg 1

Besichtigung: von Mitte Mai bis Ende Oktober (außer Montag)

Homepage: www.museum-schlossbruck.at


Weitere Literatur:


22.08.2003