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Deutschkreutz


1245 schenkte der ungarische König Béla IV den Rittern Marcellus von Pogha und Sebret von Antau, die sich dem Vordringen der Deutschen entgegengestellt hatten, als Ersatz für ihre verwüsteten Güter bei Ödenburg, den Besitz Bogyoszlo, wie das heutige Deutschkreutz damals genannt wurde. Gegen Ende des 13. Jh. gehörte der Ort teilweise den Grafen von Mattersdorf. Ein anderer Teil war nach wie vor im Besitz der Herren von Bogyoszlo. Um 1370 wurde der Ort dem Bischof von Agram, Stefan Kanizsay, übertragen, doch befanden sich Herrschaftsanteile noch in verschiedenen anderen Händen. Um 1450 gehörte Deutschkreutz bereits vollständig der Familie Kanizsay. 1492 wird hier erstmals eine Burg als Zentrum der Herrschaft erwähnt. Ursula Kanizsay brachte, als letzte ihrer Familie, 1558 Ort und Herrschaft in ihre Ehe mit dem Palatin Thomas Nádasdy ein. Um 1560 ließ das Ehepaar durch italienische Baumeister einen Neubau errichten, an den aber nur mehr wenig erinnert. Beim Bethlen-Aufstand von 1621 wurde das Schloss schwer beschädigt und danach abgerissen. Das heutige Gebäude wurde 1625 von Paul Nádasdy im italienischen Renaissancestil auf den alten Fundamenten errichtet. Es wurde nach und nach mit Gemälden, Gobelins und anderen Kunstwerken prächtig eingerichtet. Deutschkreutz war damals ein bedeutendes kulturelles Zentrum mit einer eigenen Buchdruckerei, in der u. a. auch protestantische Texte in Kroatisch gedruckt wurden. Nachdem Franz Nádasdy 1671 als Rebell hingerichtet worden war (siehe Pottendorf), kam Deutschkreutz 1676 an die Esterházy. Anläßlich des Ödenburger Reichstages, auf dem Graf Paul Esterházy zum Palatin gewählt wurde, fand hier 1681 ein großartiges Fest zu Ehren Kaiser Leopolds I statt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Schloss schwer beschädigt. Die kostbare Inneneinrichtung ging während der russischen Besatzung, unter der das Gebäude als Kaserne diente, komplett verloren. Die Kapelle wurde total zerstört. Verschiedene landwirtschaftliche Nutzungsversuche – u. a. mit einer Champignonzucht – schlugen fehl. Von 1957 bis 1966 war Schloss Deutschkreutz im Besitz der Gemeinde. Dann kaufte es der Maler Anton Lehmden, einer der Hauptvertreter des „Wiener phantastischen Realismus“. Er ließ es restaurieren und bewohnt es auch heute noch. Vor einiger Zeit wurde das Schloss für das Publikum geöffnet. Es beherbergt das Lehmden-Museum. Im Juni wird hier das Literaturfestival abgehalten. Im Juli finden Konzerte, ein Gitarren-Workshop sowie die Lehmden-Sommerakademie statt.

Das Schloss stellt einen ein für das Grenzland charakteristischen Bautyp dar. Es ist zugleich Herrenhaus, Kastell und Wirtschaftshof. Das Hauptgebäude ist ein weitläufiger Vierkanter, dessen mit hochgezogenen Zeltdächern gedeckte kubische Ecktürme bastionsartig vorspringen. Eine Steinbrücke führt über den ehemaligen, jetzt trockengelegten Wassergraben. Vor dem massiv rustizierten Portal und seiner Fußgängerpforte befand sich einst eine Zugbrücke. Über dem Hauptportal ist das Wappen der Fürsten Esterházy angebracht, seitlich davon jenes des Grafen Paul Nádasdy. Von der Stuckdekoration des breiten Frieses, der um das ganze Gebäude herumlief, haben sich nur Reste am Südostturm und am Westtrakt erhalten. Sie stellen den Raub Ganymeds und die Flucht Aeneas mit Anchises aus Troja dar. Die langgestreckten, zweigeschossigen Trakte umschließen einen ausgedehnten Arkadenhof. Seine Bögen ruhen im Erdgeschoß auf Pfeiler, im ersten Stock auf Säulen. Die Sockel und Laubenbögen sind mit zarten ornamentierten Steinrahmungen versehen. Die Kapelle im Nordostturm wurde wahrscheinlich nach dem Übertritt des Grafen Franz Nádasdy zum Katholizismus 1643 erneuert. Der quadratische Raum ist durch korinthische Pilaster mit Engelsköpfen gegliedert. Er weist qualitätvolle Stuckarbeiten an der Decke sowie eigenartige spitzbogige Maßwerkfenster auf, die zwar gotisch wirken, aber erst 1643 entstanden sein dürften. Die Schnitzfiguren des Altares befinden sich heute auf der Burg Forchtenstein. Lehmden schmückte die Kapelle mit eigenen Werken aus. An der Hofseite des Westtraktes ist die Jahreszahl 1643 mit dem Nádasdy-Wappen angebracht. Von der einstigen Innenausstattung haben sich nur etwas Stuckdekor in einigen Räumen, sowie Reste von Wandmalereien erhalten. Ein großer Kamin mit Stuckaufsatz stammt aus der Mitte des 17. Jh. Das Schloss besaß einst einen repräsentativen Festsaal. Er war in einem eigenen fünfzehnachsigen Gebäude gegenüber dem Schloss untergebracht, das später als Schüttkasten verwendet wurde. 1945 wurde dieser zweigeschossige Bau so schwer beschädigt, dass er 1953 wegen Baufälligkeit abgetragen werden musste.

Lage: Burgenland/Mittleres Burgenland – ca. 6 km südlich von Sopron (Ödenburg)

Ort/Adresse: 7301 Deutschkreutz

Besichtigung: vom 15. Mai bis 15. September möglich

Homepage: www.schlossdeutschkreutz.at


Weitere Literatur:


07.08.2003