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Reichenau an der Rax - Schloss


Um 1190, nach dem Aussterben der Herren von Sneberch, dürfte es zu einer Verlegung des bisherigen Herrschaftsmittelpunktes vom heutigen Schneedörfl nach Reichenau gekommen sein. Unter den Herren von Stuppach-Klamm wurde damals in einer Flussschlinge der Schwarza die Veste Reichenau errichtet. 1256 wird in einer Urkunde ein Perchthold de Reichenau als Zeuge genannt. Er und seine Nachfolger, denen schließlich die Herrschaft als freies Eigen gehörte, waren vermutlich Verwandte der Herren von Stuppach-Klamm. Der eingeheiratete Christian von Wolfsegck verkaufte seinen Anteil 1311 an die Brüder Konrad und Niklas von Fallbach. Von Konrads Witwe Alhaid erwarb Herzog Otto der Fröhliche 1333 den Besitz und schenkte ihn dem von ihm sechs Jahre zuvor gegründeten Kloster Neuberg. Die Zisterziensermönche behielten nun 450 Jahre lang die Herrschaft Reichenau. Neben den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft brachte auch der Eisenerzbergbau am Fuße der Rax dem Kloster hohe Erträge. Die Burg wurde allmählich zum Schloss ausgebaut, das von den Äbten gerne aufgesucht wurde. So ließ Abt Kaspar III Seemiller von Landsberg 1614 Erweiterungen vornehmen und die Befestigungen modernisieren. Unter Abt Balthasar II Huebmann entstand 1645 bei einem weiteren Ausbau die äußere Umfassungsmauer. Kaiser Karl VI benützte gerne die Kaiserzimmer, wenn er sich in der Gegend zur Jagd aufhielt. Als 1784 die Herrschaft Reichenau in das Eigentum der Innerberger Hauptgewerkschaft überging, wurde im Schloss die Werksleitung untergebracht. Die Anlage war ein fast würfelförmiger Bau, der einen quadratischen Hof umschloss und von einem wuchtigen Hauptturm überragt wurde, der an den vier Kanten kleine Ecktürme besaß. Auf Grund mangelnder Pflege und eines kleinen Erdbebens war 1826 das Gebäude bereits unbenützbar. 1829 wurde daher der vordere Schlossteil mit der Kapelle abgetragen und durch einen Neubau ersetzt. Der Nordtrakt mit den Kaiserzimmern wurde ebenfalls entfernt. Vom hinteren Schlossteil trug man das oberste Stockwerk ab. Im klassizistischen Neubau wurden wieder die Amtsräume des Oberverwesers, des Unterverwesers, des Kassiers und des Kastners untergebracht. 1870 erwarben die Brüder Alois und Michael Waißnix einen Teil der Grundstücke sowie das Schloss. Dieses stand vorerst leer, bis es 1871 von Erzherzog Carl Ludwig, dem Bruder Kaiser Franz Josefs, gemietet wurde. Nachdem die damals bereits im Bau befindliche Villa Wartholz 1874 fertiggestellt wurde, zog der Erzherzog wieder aus und das Schloss stand neuerlich leer. Schließlich bewohnte die Familie Waißnix den zweiten Stock und vermietete den Rest des Gebäudes an Sommergäste. 1992 schenkte Frau Margarethe Bader Waißnix das Schloss der Gemeinde. Diese ließ es im letzten Jahr renovieren, so dass 2003 die niederösterreichische Landesausstellung „Theaterwelt – Welttheater“ hier abgehalten werden konnte. Die weitere Verwendung des Gebäudes ist noch nicht bestimmt.

Das Schloss liegt am Fuße des Haberges am linken Ufer der Schwarza. Von der alten Anlage blieben nur geringe Reste der Ringmauer, zwei Rundtürme und der Kapellenturm übrig. Der heutige, zweistöckige, rechteckige Bau weist neun Fensterachsen auf. Das genutete Erdgeschoß ist von den beiden Obergeschossen durch ein durchlaufendes Gesims optisch getrennt. Die Fassade ist recht einfach gehalten. Lediglich die Fenster des ersten Stocks weisen gerade Verdachungen auf. Einziger Schmuck ist ein großes W im Giebel über der Mittelachse, das auf die Familie Waißnix hinweist. An der Nordseite des Gebäudes liegt der viereckige Hof, den im Osten eine einfache Mauer begrenzt. In sie wurde ein Rundbogentor eingelassen, dessen Außenseite rustifiziert ist. Der Schlussstein lässt die Jahreszahl 1614 erkennen. Die Nord- und die Westseite des Hofes werden von eingeschossigen Trakten abgeschlossen. In der Nordwestecke steht ein starker Rundturm, dessen Inneres nur von wenigen quadratischen Fenstern erhellt wird. Westlich neben dem Schloss liegt das große Kastengebäude, das im 16. Jh. zur Aufnahme landwirtschaftlicher Produkte errichtet wurde. 1881 ließ es Johann Michael Waißnix villenartig ausbauen. Zwischen dem Kastengebäude und dem Schloss wurde ebenfalls im 16. Jh. das Verwalterhaus erbaut. Östlich vom Schloss hat sich ein weiterer Rundturm aus dem 15. Jh. erhalten. Er grenzt an den ehemaligen Wirtschaftshof und Pferdestall. Letzterer dient heute als Restaurant.

Lage: Niederösterreich/Voralpengebiet – ca. 8 km nordwestlich von Gloggnitz

Besichtigung: während der Landesausstellung täglich bis 2. November 2003 von 09.00 bis 18.00


Weitere Literatur:


05.08.2003