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Artstetten


Artstetten wurde 1263 erstmals erwähnt. Es gehörte damals einem Wolfgang von Owatsteten, später einem Albero von Avrstetten. Durch die unmittelbare Nachbarschaft von Kirche und Burg ist der Sitz des Hochmittelalters vermutlich als sog. „Burg-Kirchen-Anlage“ zu rekonstruieren und dadurch möglicherweise deutlich älter, als seiner ersten urkundlichen Nennung entspricht. Die Herren von Artstetten waren ein landesfürstliches Ministerialengeschlecht. Sie besaßen die Burg bis 1329 und verkauften sie dann an die Herren von Streitwiesen, die Artstetten 1407 an die Herren von Murstetten veräußerten. Die Besitzer des Schlosses wechselten bis in das 19. Jh. hinein sehr häufig. Zwischen 1560 bis 1592 wurde es von Matthias Grundreching unter Anfügung eines Seitentraktes in einen Renaissancebau umgewandelt. Damals erhielt es die ersten zwei seiner charakteristischen runden Ecktürme, die auch heute noch den Gesamteindruck prägen. Maximilian Braun von Rotenhaus ließ das Gebäude von 1691 bis 1698 durch die Errichtung des West- und des Nordflügels erweitern und durch zwei weitere Türme ergänzen. Das Schloss gehörte von 1734 bis 1765 dem Grafen Preysing, anschließend den Freiherren von Stiebar. Großbrände beschädigten sowohl 1730 als auch 1791 weite Teile des Gebäudes. Anschließend wurde es von Franz Josef Graf Stiebar wiederhergestellt. Die Besetzung durch französische Truppen in den Napoleonischen Kriegen von 1805 und 1809 führte zu neuerlichen Großschäden. 1823 kaufte Kaiser Franz I die Herrschaft. Diese ging 1852 in den Besitz von Erzherzog Franz Carl, dem Vater von Kaiser Franz Josef über, der sie 1861 seinem dritten Sohn, Carl Ludwig, überschrieb. Er ließ das Gebäude außen und innen großzügig renovieren, wobei er die Türme mit kegelförmigen Schieferdächern decken ließ. 1863 begann er mit der Anlage des großen Parks. Carl Ludwig benutzte das Schloss vor allem für Aufenthalte im Spätfrühling und im Sommer. 1866 kaufte der glücklose Kaiser Maximilian von Mexiko seinem Bruder Artstetten ab, doch wurde es nach seiner Hinrichtung ein Jahr später wieder von Erzherzog Carl Ludwig übernommen.

1889 übergab er die Herrschaft seinem ältesten Sohn, Erzherzog Franz Ferdinand von Este, der es nach seinen Vorstellungen adaptieren ließ. Außer Artstetten besaß der Thronfolger auch die Schlösser Chlumetz, Blühnbach, Lolling und Konopischt, in dem er sich vorwiegend aufhielt. Er ließ um 1912 den ursprünglichen Zustand der Türme von Artstetten wiederherstellen und die kupfergedeckten Zwiebelhelme neuerlich aufsetzen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Fassaden vereinheitlicht und die gesamte Beletage neu gestaltet bzw. modernisiert. 1914 entstand ein dem Stil des Hauptschlosses angepasster Anbau für Verwaltungszwecke. Das für 70.000 Bände geplante Bibliotheks- und Archivzentrum wurde nicht mehr eingerichtet. Seine Gattin Sophie Gräfin Chotek entstammte zwar dem böhmischen Uradel, doch galten in der Monarchie nur Angehörige regierender Herrscherhäuser als ebenbürtig. Sie wurde zwar 1909 zur Herzogin von Hohenberg ernannt, doch änderte dies nichts an den strengen Bestimmungen des spanischen Hofprotokolls. Durch diese morganatische Ehe war es seiner Gattin und seinen Nachkommen verwehrt, in der Wiener Kapuzinergruft bestattet zu werden. Franz Ferdinand ließ daher 1910 unter der Schlosskirche durch den Architekten Ludwig Baumann eine Familiengruft anlegen, in der er und seine Gattin nach dem Attentat in Sarajewo vom 28. Juni 1914, das den Ersten Weltkrieg auslöste, bestattet wurden. 1938 wurde sein Sohn, Herzog Max von Hohenberg, enteignet und mit seinem Bruder in das Konzentrationslager Dachau gebracht. 1949 erfolgte die Rückgabe an die Familie. 1982 wurde im Schloss das Erzherzog Franz Ferdinand Museum eingerichtet. Jährlich finden Sonderausstellungen zu speziellen Themen statt. Artstetten gehört heute Anita Fürstin von Hohenberg, einer Urenkelin des Erzherzogs.

Auf Grund seiner exponierten Hanglage ist das Schloss schon von weitem sichtbar. Es ist ein drei-, bzw. im Norden viergeschossiger Baukörper, der um einen quadratischen Hof angelegt und mit Mansardendächern gedeckt ist. Mit Zwiebelhelmen versehene Rundtürme betonen die Ecken. Von weitem scheint das Schloss fünf Türme zu haben, doch gehört der östlichste zur angebauten Kirche. Er ist etwas höher als die übrigen. Die Fassaden sind durch Geschoßbänderungen waagrecht gegliedert, die um alle Fronten und Türme laufen. In der Mitte der Südseite wurde 1912 eine zweigeschossige pfeilergestützte Altane mit je drei Arkaden angebaut. Von der davorliegenden Gartenterrasse fällt das Gelände steil ab. Eine von Wappentieren gezierte, breite Steintreppe führt von hier in den ausgedehnten Park. Der Eingang zum privat genutzten Teil des gepflegten Schlosses liegt an der Westseite, gegenüber einem Grottenbrunnen. Der dreiflügelige Zubau von 1914 liegt an der Nordseite. Mit zwei kleineren Zwiebeltürmen wurde er dem Altbau angepasst. An die Ostseite des Schlosses ist die relativ große Kirche angebaut. Sie ist dem hl. Jakob geweiht und bereits seit dem 14. Jh. zugleich Schloss- und Pfarrkirche. Die Verbindung mit dem Schloss stammt erst aus dem 18. Jh., als sie ihr heutiges Aussehen bekam. Erzherzog Franz Ferdinand ließ den großen hellen Saalraum mit von ihm gesammelten Kunstschätzen neu ausstatten. Der Hochaltar stammt von 1759 und kommt aus der Pfarrkirche von Kitzbühel, die Seitenaltäre vom Ende des 18. Jh. gehörten einer bayrischen Kirche. Vom gotischen Sakramentshäuschen blieb ein steinernes Relief, das „Schweißtuch der Veronika“ (um 1400) erhalten. Das Hochaltarbild ist ein Werk von Martin Johann Schmidt und stellt den hl. Jakob im Kampf gegen die Mauren dar. Ein großes Steinportal stammt aus einer Kirche in Istrien. Unter der Kirche liegt die 1956 vergrößerte Familiengruft. Sie besteht aus einem Zweisäulenraum, in dem die Sarkophage des Erzherzogs und seiner Gattin stehen und einem Viersäulenraum mit Kreuzgratgewölbe, in dem seine Kinder und deren Nachkommen bestattet wurden.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 12 km westlich von Melk

Ort/Adresse: 3661 Artstetten

Besichtigung: Das Museum kann vom 30. März bis 2. November täglich von 09.00 bis 17.30 besichtigt werden.

Sonstiges:

Homepage: www.schloss-artstetten.at


Weitere Literatur:


03.08.2003