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Palais Clary


Besitzer des Hauses waren im 15. und 16. Jh. Jh. die Herren von Stubenberg, die Spannberg, die Zelkinger und ab 1563 der Oberstallmeister und Kämmerer Peter von Mollard. Zu Beginn des 17. Jh. unterhielten hier die Jesuiten ein Seminar. 1689 ließ der Landmarschall von Niederösterreich, Reichsgraf Franz Maximilian Mollard das bestehende Gebäude umbauen und mit einer neuen Fassade versehen. Mit der Planung der Arbeiten wurde Domenico Martinelli beauftragt, die Mitwirkung von Domenico Egidio Rossi an der Fassade ist wahrscheinlich. Der Fassadenentwurf Martinellis war dem Bauherrn zu schlicht und wurde daher verworfen. Bei der Innengestaltung kamen aber Martinellis Pläne zur Anwendung. Die Bauleitung dürfte Christian Alexander Oedtl übernommen haben. 1760 erwarb Franz Wenzel Graf Clary-Aldringen das Palais, was einen neuerlichen Umbau und die Ausgestaltung der Repräsentationsräume im Spätbarock- bzw. Rokokostil zur Folge hatte. So stammt der große, mit einem Spiegel versehene Eckkamin aus jener Zeit. In den Jahren um 1780 traf sich im Palais regelmäßig die „Tischrunde Josefs II“, zu der neben dem Kaiser Fürst Orsini-Rosenberg, General Franz von Lacy und die Fürstin Josefa Clary gehörte.

Gegen Ende des 18. Jh. erfolgte eine Umgestaltung der Fassade. Aus dieser Zeit stammen die Eckrisalite und die Riesenpilaster im Mittelteil. Ab 1831 war in einem Teil des Palais die britische Botschaft untergebracht, ab 1903 die bayerische Gesandtschaft. 1922 wurde es von der niederösterreichischen Landesregierung erworben. 1924 zog das Niederösterreichische Landesmuseum ein. Im Zweiten Weltkrieg wurde der hintere Gebäudetrakt durch einen Bombentreffer schwer verwüstet. Als 1947/50 die Kriegsschäden behoben wurden, stockte man den bisher nur zweigeschossigen hinteren Hoftrakt auf, um Platz für die Exponate des Museums zu gewinnen. 1982 kam es zu einer neuerlichen Restaurierung. Nachdem das Niederösterreichische Landesmuseum vor wenigen Jahren wegen der Übersiedlung nach St. Pölten seine Ausstellungsräume im Palais Clary aufgegeben hatte, wurden hier im Jahre 2006 zwei Spezialsammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek untergebracht. In zwei Räumen des Erdgeschosses befindet sich das kleine Esperanto-Museum, während einige Räume des ersten Stocks - darunter auch die Galerie - vom Globen-Museum bezogen wurden. Das 2004/05 restaurierte Gebäude erstrahlt in neuem Glanz.

Das Palais ist ein schmaler, um zwei Höfe gelagerter Bau. Über einem gebänderten Erdgeschoß erheben sich zwei Hauptstockwerke und darüber ein Mezanningeschoß sowie ein ausgebautes Dachgeschoß. Die fünfachsige Fassade ist durch die flachen einachsigen Eckrisalite, die zahlreichen Fenster und die korinthischen Riesenpilaster reich gegliedert. Die kunstvoll vergoldeten Ziergitter unterhalb der Fenster des ersten Stocks stammen von Schloß Teplitz, das der Familie Clary-Aldringen gehörte. Sie wurden 1760 hier angebracht. Die Art der Gestaltung des Sockelgeschosses und des von einem halbkreisförmigen Balkon überdachten Portals, weisen darauf hin, daß das Palais zu den älteren Wiener Barockpalais gehört. Die weiblichen Figuren, die den Balkon zu tragen scheinen, sind Allegorien der Klugheit und der Wachsamkeit. Die Innenräume wurden mehrmals dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst. Bemerkenswert ist die Galerie der Beletage, die üppig vergoldet und mit allegorischen Szenen von Andrea Lanzani ausgemalt ist. Sie wird auch als Goldkabinett bezeichnet. In ihrem Spiegelgewölbe erkennt man die von Amoretten umgebene Venus. An den Wandfeldern sind u. a. Venus und Adonis sowie der Raub der Europa dargestellt. Die Räume der Herrengassenfront sind mit intarsierten Parkettböden aus dem zweiten Viertel des 19. Jh. ausgestattet. Auch im zweiten Obergeschoß findet man mehrere Prunkräume in den Formen des Rokokos. So befindet sich in einem Salon ein Marmorkamin mit einem aufwändig gestalteten Spiegelaufsatz. Die ehemalige Kapelle mit ihrem stuckierten Platzlgewölbe aus der Zeit um 1700 liegt im ersten Stock des Quertraktes. Im Hof befand sich ein, von einem prachtvollen Schmiedeeisengitter überkuppelter, Brunnen aus dem Jahre 1570, der aus dem benachbarten Niederösterreichischen Landhaus hierher gelangte. Er wurde 1996 dem Schloss Grafenegg, aus dem er ursprünglich stammte, rückerstattet.

Lage: 1010 Wien, Herrengasse 9

Besichtigung: Das Palais ist vorwiegend von außen zu besichtigen. Von den Innenräumen sind nur jene der beiden Museen allgemein zugänglich.


Weitere Literatur:


24.08.2002