ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Loosdorf - Schloss


Die erste Burganlage dürfte zu Beginn des 14. Jahrhunderts von Konrad den Gnäuzze erbaut worden sein. 1320 wird er urkundlich erwähnt. Er hielt die Herrschaft als landesfürstliches Lehen. 1380 werden die Fallbacher, die schon früher hier Streubesitz hatten, mit der Herrschaft Loosdorf belehnt. 1394 gelangte diese an Hans Schenk von Ried und 1411 an Jörg und Hans Schenken von Seebarn. 1416 wird Loosdorf erstmalig als „Feste Lostorff“ bezeichnet. 1432 erfolgte die erste Zerstörung. Es gelang den Hussiten die Burg einzunehmen, zu plündern und in Brand zu setzen. Ab 1443 scheinen die Eytzinger als Herrschaftsinhaber auf. Im letzten Viertel des 15. Jh. konnte die neu aufgebaute Burg erfolgreich gegen die Truppen des Königs Matthias Corvinus verteidigt werden. Nach dem Aussterben der Eitzinger kam Loosdorf 1494 an den Teichmeister von Niederösterreich Leo Schneckenreuter. Danach gelangte es 1531 an den Hofkriegsrat und Oberst zu Raab Ritter Adam von Gall. Er hatte die Stadt Gran (Esztergom) von den Türken befreit und war für diese Tat von Kaiser Ferdinand I mit Loosdorf belehnt worden. 1606 fiel die Herrschaft an die Grafen Thurn, doch wurde Heinrich Matthias Graf Thurn 1620 geächtet und seiner Besitzungen enthoben. Nun wechselten die Eigentümer in rascher Folge. Im 30-jährigen Krieg wurde Loosdorf neuerlich schwer heimgesucht. Die Schweden richteten 1644 am damals noch zweistöckigen Schloss so große Zerstörungen an, dass sich der 1680 erfolgte Wiederaufbau nur auf das erste Stockwerk beschränkte.

Ab 1732 gehörte Loosdorf zum Besitz des Fürsten Emanuel von Liechtenstein. Er gilt als Gestalter des heutigen Schlosses und der angrenzenden Kirche. Fürst Johann von Liechtenstein ließ gegen Ende des 18. Jh. die nach ihm benannte „Hanselburg“, eine romantische Ruine im Wald, sowie einen Obelisken errichten. Der Liechtensteinsche Güterdirektor Petri machte 1803 Loosdorf zum Zentrum der österreichischen Merino-Schafzucht. Über Michael Hengelmüller kam die Herrschaft 1834 an den aus der Gegend um Verona stammenden Marquis Friedrich August Piatti. Das Schloss blieb bis heute im Besitz dieser Familie. Eine der ersten Schlossherrinnen, die Gräfin Margarethe Piatti-Collalto, sammelte Antiquitäten, besonders intarsierte Möbel und Porzellan, so dass das Haus bis zum Zweiten Weltkrieg „bis zum Dach“ mit Kunstgegenständen gefüllt war. 1945 wurde das Gebäude jedoch von russischen Soldaten komplett ausgeplündert. Das im Keller versteckte Porzellan wurde gefunden und mutwillig zertrümmert. Die Bücher der Bibliothek wurden durch das Fenster in den Park geworfen. Die Fassaden waren durch Artillerietreffer und Gewehreinschüsse schwer beschädigt. Als die Besitzer 1956 ihr Eigentum wieder betreten konnten, begannen sie mit dem Wiederaufbau. Heute ist das Schloss wieder bestens gepflegt. Es beherbergt Österreichs größte Zinnfigurensammlung und kann gegen Voranmeldung zum Teil besichtigt werden.

Das Schloss ist eine unregelmäßige Vierkantanlage, die meist zweigeschossig, an der westlichen Gartenseite aber dreigeschossig ist. Von der Bausubstanz des 17. Jh. sind heute noch die weitgezogenen Tonnengewölbe im Erdgeschoß sowie die Kreuzgratgewölbe in der Einfahrt und die Arkaden des Innenhofes erhalten. Johann Fürst von Liechtenstein ließ um 1820 die Fronten in klassizistischen Formen neu fassadieren und die dem Garten zugewendete Schauseite gestalten. Diese hat 14 Fensterachsen, wobei die Ecken durch zweiachsige Risalite betont werden. Der ebenfalls zweiachsige Mittelrisalit tritt nur unwesentlich vor. Ihm ist ein, von drei toskanischen Säulenpaaren getragener Balkon vorgelagert. Seine Balustrade ist mit Steinvasen geschmückt. An der Blendattika der Gartenfront ist ein Steinwappen der Fürsten Liechtenstein angebracht. Zum darunter befindlichen Eingang führt eine 14-stufige Treppenpyramide aus dem Garten empor. Dieser wird im Westen durch eine Steinbalustrade begrenzt, hinter der sich der von Bernhard von Petrie zu Beginn des 19. Jh. geplante englische Landschaftspark ausdehnt. Der Haupteingang des Schlosses liegt im vorspringenden Mittelteil der 12-achsigen Nordseite. Es handelt sich dabei um ein genutetes Rundbogenportal aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. Die Holzflügel stammen vom Ende des 18. Jh. und weisen noch die ursprünglichen Beschläge auf. Die Fenster zeigen gerade Verdachungen und von Konsolen gestützte Solbänke. Der umlaufende Kordonfries ist in der Form eines klassizistischen Schneckenbandes gehalten. Möglicherweise hat Isidore Canevale an der Fassadengestaltung mitgewirkt.

Der Innenhof weist an der Nord-, Süd- und Westfront im Erdgeschoß korbbogige Arkaden auf. Der dahinter liegende Gang ist kreuzgratgewölbt. Ein barocker Brunnen mit der Steinfigur eines Neptuns nimmt die Hofmitte ein. In der südlichen Hoffassade ist ein Reliefstein (um 1600) eingelassen, der zwei Ritter mit Wappen zeigt. Ein großes Renaissancegrabdenkmal des 1574 verstorbenen Ritters Adam von Gall dominiert die Einfahrt. Er ist in voller Rüstung aber mit abgenommenen Helm dargestellt. Die Mitte des Westtraktes wird von der ehemaligen Bibliothek eingenommen. Daran schließen sich die mit antikisierenden Grisaillemalereien ausgestatteten Gesellschaftsräume an, deren Empire-Einrichtung mit den Möbeln im Louis-Seize Stil zum Teil noch erhalten ist. In manchen Räumen sind die Wände mit Papiertapeten beklebt, die pompejanische Motive zeigen. Hier befindet sich auch das „Scherbenzimmer“, in dem die einstige Porzellansammlung in nach Manufakturen geordneten Scherbenhaufen präsentiert wird. Von Meißen über Alt-Wien bis Wedgwood und Royal Kopenhagen ist alles vorhanden. Die nach Norden orientierten Räume sind von den 14.000 Figuren der Zinnsoldatensammlung okkupiert. Vom ersten Stock des Südtraktes ist die ehemalige Schlosskapelle, die nun als Pfarrkirche dient, zugänglich. Sie ist der hl. Dreifaltigkeit geweiht und wurde 14748 – 1751 errichtet. Ihre Einrichtung ist spätbarock bzw. frühklassizistisch. Nach Osten zu stehen mehrere Wirtschaftsgebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert, von denen das Verwaltergebäude einen schlossartigen Charakter hat.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 15 km nordwestlich von Mistelbach

Besichtigung: von Mai bis Oktober nach Voranmeldung (Museum)

Sonstiges: www.schloss-loosdorf.at


Weitere Literatur:


16.07.2003