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Ennsegg


Die alte kaiserliche Ennsburg war schon im frühen Mittelalter von Bedeutung. Ihre Errichtung stand im Zusammenhang mit der Vertreibung der Magyaren im 10. Jh. Sie war eine der ältesten Burgen Österreichs. 977 übergab sie Bischof Adalbert von Passau an Herzog Heinrich von Bayern, dem Bruder des Kaisers Otto I. Hier auf dem Ennser Georgenberg, wurde 1186 die „Georgenberger Handfeste“ ausgestellt. Dies war ein Staatsvertrag, der im Falle des Aussterbens des steirischen Fürstengeschlechts der Ottokare, die Vereinigung der Steiermark mit Österreich vorsah. Sechs Jahre später war es soweit. Die Burg diente später den Landesfürsten immer wieder auf ihren Reisen als willkommener Stützpunkt. Sie war in die Stadtbefestigung einbezogen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts war die Anlage aber schon stark baufällig. 1565 bemühte sich die Stadt Enns um den Erwerb der Burg. Kaiser Maximilian II schenkte sie aber Dr. Georg Gienger. Dieser entstammte einem Ulmer Patriziergeschlecht und war Hofvizekanzler, Kaiserlicher Rat, Landvogt in Schwaben und Burgvogt zu Enns. Gienger musste sich aber verpflichten, den bereits ruinösen Bau wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Er baute bis 1570 am Nordostende der Hochterrasse das sog. „Alte Schloss“ mit dem zweigeschossigen Arkadenhof, dem Treppenturm und dem Verbindungstrakt zur Stadtmauer. Der Bau war aber noch wesentlich kleiner als heute. Seine Tochter Ursula erbte das nun Ennsegg genannte Schloss und brachte es in ihre Ehe mit Ferdinand Helfried von Meggau ein. Etwas später scheinen die Ungnad als Besitzer auf. Andreas II Ungnad bezeichnete sich noch 1601 als Herr von Ennsegg. Als führendes Mitglied einer protestantischen Erhebung verlor er jedoch 1623 seinen Besitz und musste ins Ausland fliehen. Das Schloss wurde Ott Josef von Kirchberg zuerst pfandweise und dann als freies Eigen übergeben.

Dessen Schwiegertochter Regina von Hoyos verkaufte Ennsegg 1656 dem wieder katholisch gewordenen Sohn Andreas Ungnads, David. Kaiser Ferdinand III hatte ihn bereits 1645 mit dem Prädikat „von Weissenwolf“ in den Grafenstand erhoben. Trotz seines renitenten Vaters brachte er es noch bis zum Landeshauptmann von Österreich ob der Enns. Auf David Ungnad, Graf von Weissenwolf, geht die Erweiterung des Schlosses um die beiden, den großen Hof begrenzenden Flügelbauten zurück. Seine Enkelin heiratete 1722 Johann Wilhelm Fürst Trautson. Ennsegg wurde noch ein drittes Mal zum Heiratsgut, als 1744 Maria Josepha von Trautson den Fürsten Karl Joseph Auersperg ehelichte. 1809 hatte Napoleon im Schloss sein Hauptquartier aufgeschlagen, ein Jahr später stieg hier seine Braut Marie Louise von Österreich auf ihrer Reise nach Paris ab. Vinzenz Fürst Auersperg ließ 1841 den Schlosspark als Englischen Garten anlegen und die Innenräume neu adaptieren. Von 1890 bis 1928 war Ennsegg im Eigentum der Landgrafen Fürstenberg, danach der mit ihnen verwandten Grafen Walderdorff. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges und in den darauf folgenden Monaten erlitt vor allem die Innenausstattung große Schäden. Besonders die Rokokozimmer wurden stark zerstört. Bis 1956 verlief unmittelbar unterhalb des Schlosses die Demarkationslinie, hinter der die russische Besatzungszone Österreichs begann. Die Umstände und die erforderlichen großen Geldmittel verhinderten lange Zeit eine durchgreifende Restaurierung der Anlage. Dazu kam es erst als 2000 eine oberösterreichische Immobilienfirma Ennsegg von Franz Eugen Graf Walderdorff übernahm. Dr. Georg Spiegelfeld hatte zuvor bereits einige andere Schlösser, wie Parz und Tillysburg revitalisiert. Heute ist in den Flügeltrakten die Ennser Landesmusikschule untergebracht. Außerdem dient das Schloss als Kulturzentrum und Standesamt. Teile des Gebäudes sind in Wohnungen und Büroräumen aufgeteilt. Der Schlosspark wurde von der Stadt Enns erworben.

Schloss Ennsegg bildet eine um zwei Höfe gelagerte weitläufige Baugruppe im Nordosteck der Stadt. Die Dominante des hufeisenförmigen Baues ist der massive Eckturm, der noch von der Stadtbefestigung des 12. Jh. stammt und ihr als Flankenschutz diente. An Stelle eines Daches wird er von einer Wehrplattform abgeschlossen. An ihn schließt an der der Stadt abgewendeten Seite der lange zweigeschossige Nordostflügel an. Er begrenzt einen größeren und einen kleineren Hof, die mit Arkaden versehen sind. Beide werden durch stadtseitig angesetzte zweigeschossige Quertrakte gebildet. Der größere Hof ist nach Südwesten, der kleinere nach Südosten hin offen. In einem Arkadengang sind römische Funde aus Lauriacum (Lorch) aufgestellt. Die charakteristische Schauseite des kleinen Hofes wird schon in der ältesten Stadtansicht von 1593 gezeigt – ein viergeschossiger Hauptbau mit vier Fensterachsen, gedeckt von einem Halbwalmdach. Daneben steht der viereckige Kapellenturm, der heute einen barocken Zwiebelhelm an Stelle der ursprünglichen Renaissancehaube zeigt. Über dem Ost- und dem Westeingang des Schlosses sind die Wappen der Auersperg angebracht. Ein Schmuckstück von Ennsegg ist die Schlosskapelle. Sie wurde im zweiten Drittel des 17. Jh. in den Eckturm eingebaut. Die Kapelle hat einen achteckigen Zentralraum unter dem Kuppelgewölbe und ist mit Stuckarbeiten bzw. Deckenmalereien reich ausgestattet. Die freigelegten Fresken in den Wandfeldern dürften von Carpoforo Tencalla stammen, der auch in Lambach tätig war. Es handelt sich dabei um einen Marienlebenzyklus, ein Dokument der Gegenreformation. Die vier vollplastischen überlebensgroßen Stuckfiguren stellen die Evangelisten dar. Der Altar wurde um 1800 aufgestellt. Sein Gemälde wurde 1945 von amerikanischen Soldaten geraubt. Die Innenausstattung des Schlosses wurde im Lauf der Zeit mehrfach verändert. 1945 ging der Großteil davon verloren. Erhalten hat sich ein prächtiger Keramikofen im Renaissancestil mit dem Wappen der Jörger. Die beiden Gartensalons im Rosengarten zeigen interessante Fresken aus der Zeit des Rokoko – nahezu lebensgroße Figuren inmitten schwungvoller Rocaillen. Aus praktischen Gründen mussten sie jedoch bei der letzten Restaurierung großteils wieder übertüncht werden. Das restaurierte Bilderzimmer wird Trauungssaal der Stadtgemeinde werden. Die auf dünnem Pergament gemalten Pastelle mit Charakterstudien sind leider nicht mehr vollständig erhalten. Die barocken Stallungen stammen aus der Zeit, als die Trautson und später die Auersperg Ennsegg als Heiratsgut erhielten.

Lage: Oberösterreich/Donautal – ca. 12 km östlich von Linz in der Nordostecke von Enns

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


10.07.2003