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Eichbüchl (Aichbüchl)


Der Zeitpunkt der Erbauung der einstigen Burg ist unter den Burgenforschern strittig. Während Felix Halmer annimmt, dass „Aichpüchl“ in der ersten Hälfte des 14. Jh. errichtet worden sei und als Erbauer die Herren von Vierdung vermutet, verweisen jüngere Forscher auf die Wiener Neustädter Ratsprotokolle, aus denen hervorgeht, dass die Burg zwischen 1558 und 1566 auf dem „grienen wasen“ entstanden ist. Vielleicht wurde der alte Bau beim Türkeneinfall von 1529 zerstört und die neue Anlage etwas abseits davon errichtet. 1566 gehörte sie jedenfalls dem kaiserlichen Rentmeister Hans Hohenkircher. Er war der letzte dieser Patrizierfamilie aus Wiener Neustadt und starb 1571 auf Eichbüchl. Seine Witwe heiratete 1580 Friedrich von Sinzendorf. Über dessen zweite Frau Katharina gelangte der Ansitz an Balthasar von Donawitz. Er war kaiserlicher Obristkuchelmeister und Trabantenleibgarde-Hauptmann. Das Dörfchen Eichbüchl wurde von Katharina von Donawitz gegründet, die dort 1603 ihre 13 Untertanen mit je einer Hütte und einem Joch Grund ausstatten ließ. Zu Beginn des 17. Jh. waren die Freiherren von Teufel Herren auf Eichbüchl. Sie vereinigten es mit ihrer Herrschaft Frohsdorf. Ab diesem Zeitpunkt waren die Besitzer der beiden Schlösser bis 1868 identisch. Von 1657 bis 1818 waren die Grafen Hoyos die Schlossherren. Da sie kaum hier wohnten, verfiel die Anlage. Eine Überprüfung der Wehrhaftigkeit zwecks Verteidigung gegen die Türken ergab 1682, dass Eichbüchl kaum zu verteidigen wäre, da kein Graben vorhanden, die Wehrmauer ruinös und das Gebäude wegen der Hangüberhöhung leicht zu zerstören sei.

1818 erwarb die Schwester Napoleons I Caroline Murat, die ehemalige Königin von Neapel, von Ernst Graf Hoyos die beiden Steinfeldschlösser, zu denen in der Zwischenzeit noch Katzelsdorf gekommen war. Nach einem zweifachen Besitzerwechsel (General Alexander von Yarmoloff 1830 – 1839 und Herzog Blacas d’Aulpe 1839 – 1845) kaufte Maria Therese, Herzogin von Angouleme, eine Tochter Maria Antoinettes und Ludwigs XVI, die drei Schlösser. Danach gehörten sie ihrem Neffen, Heinrich V, Graf von Chambord und Herzog von Bordeaux. Er war der letzte Bourbone, der noch – allerdings vergebens – Anspruch auf den französischen Thron erhob. Er und sein Hofstaat bevorzugten jedoch Schloss Frohsdorf, so dass Eichbüchl dem Verfall überlassen blieb. 1868 erwarb der kk Regierungsrat Quirin Ritter von Leitner den Bau und ließ ihn umgehend restaurieren. Sein Nachfolger, Friedrich Freiherr von Waldbott-Bassenheim setzte 1875 die Arbeiten fort. 1882 kam Eichbüchl in bürgerliche Hände. 1906 ließ ein Chinaseidenimporteur das Schloss im Zuckerbäckerstil komplett umgestalten. 1938 wurde es seiner Familie weggenommen und 1945 wieder zurückgegeben. Allerdings war es schwer beschädigt und fast vollständig ausgeräumt. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte der Oberst und spätere Feldmarschall Erwin Rommel zwei Jahre lang im Schloss. Während des Krieges diente es als Pferdelazarett. Historische Bedeutung erlangte Eichbüchl in den Apriltagen 1945, als hier Dr. Karl Renner im Auftrag der Sowjets die erste Regierungsproklamation der Zweiten Republik verfasste. In der zweiten Hälfte des 20. Jh. wechselten die Eigentümer häufig. Der jetzige Schlossherr, Mag. Dietmar Machold, ist Inhaber einer internationalen Geigenbau- und Geigenhandelsfirma. Er erwarb 1997 das Gebäude, das er seither regelmäßig für Konzerte und kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stellt.

Eichbüchl gehört zu jenen Profanbauten, die im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit als Landsitze im näheren Umkreis der Städte errichtet wurden. Es hatte keinen Wehrcharakter mehr. Sowohl der Kupferstich Vischers von 1672 als auch ein Stahlstich aus der ersten Hälfte des 19. Jh. lassen keinen Bergfried erkennen. Der heutige, recht wehrhaft wirkende, fünfgeschossige Hauptturm mit seinen vier Ecktürmchen ist eine pseudogotische Zutat von 1906. Damals wurde das Aussehen des Schlosses vollständig verändert. Die unregelmäßige Anlage konzentriert ihre Fassaden um den halboffenen Hof. Ein großer Rundbau ist hier als Empfangshalle über eine Ecke des alten Hakenbaues gezogen und gotisierend adaptiert worden. In der Halle sind die Wappen der einstigen Besitzer angebracht. Eine Tafel erinnert an den Aufenthalt Dr. Karl Renners. Die Innenräume sind zum Teil in einem etwas seltsamen neugotischen Stil gehalten.

Lage: Niederösterreich/Steinfeld – im Ortsteil Eichbüchl der Gemeinde Katzelsdorf (ca. 7 km südöstlich von Wiener Neustadt)

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


23.06.2003