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Personenverzeichnis






Kirchstetten


Die älteste Erwähnung Kirchstettens erfolgte in den Jahren 1161 bis 1179, als Ulricus de Chirchsteten in mehreren Urkunden als Zeuge genannt wurde. Gegen Ende des 14. Jh. waren die Kirchstettner Lehensnehmer der Liechtenstein. Der bedeutendste Vertreter dieser Familie war Job, der 1451 am Mailberger Bund teilnahm. Seine Tochter Afra verkaufte 1476 die damalige Burg an Purkchart von Kyenberg. Im 15. Jh. wurde Ort und Burg mehrfach von den Hussiten und Ungarn heimgesucht. 1479 wurden die Brüder Bernhard und Michael die Reyffenberger vom Landesfürsten mit Burg und Zehent von Kirchstetten belehnt. 1498 gehörte der Ansitz Gamaret Fronauer. 1506 erwarben Hanns und Georg Lamberger das Lehen und 1567 ging es käuflich an Eustach Freiherrn von Althan über. Nun wurde die Burg zum Wasserschloss umgebaut. Da die Eigentümer später auf der Seite des hasburgfeindlichen Gabor Bethlen standen, wurde das Lehen 1621 eingezogen und nach einigen Jahren an Johann Enzmiller übergeben. Dieser war durch Heirat in den Besitz von Kirchstetten gelangt, hatte aber bereits zuvor ein großes Vermögen als Vorkämpfer der Gegenreformation erworben. Zu seinen Besitzungen gehörte u. a. auch die Rosenburg. Er wurde 1669 unter dem Namen Windhaag von Kaiser Leopold I in den Grafenstand erhoben. Im 17. Jh. richteten die Schweden in Kirchstetten große Schäden an. 1663 wurde die Wasserburg als Zufluchtsort für die Landbevölkerung bestimmt. 1679 gelangte die Herrschaft an Johann Anton Graf Daun.

Schließlich kaufte der aus einer böhmischen Familie stammende Arzt und Philosoph Matthias von Suttner 1723 den Besitz und beauftragte bald danach Josef Emanuel Fischer von Erlach mit dem Barockumbau des Schlosses. 1867 wurde Gustav Ferdinand von Suttner in den Freiherrenstand erhoben. Bekanntestes Mitglied der Familie war Bertha von Suttner, geb. Gräfin Kinsky, die für das Buch „Die Waffen nieder“ 1905 den Friedensnobelpreis bekam. Sie besuchte Kirchstetten recht häufig. 1945 wurde das Gebäude verwüstet. Nach einem Einbruch 1974 wurde es ausgeräumt und nicht mehr bewohnt. Die Familie zog in ein Nebengebäude und kümmerte sich kaum mehr um das Schloss. 1998 wurde eine Wiederbelebung durch eine Landesausstellung versucht. Bei dieser Gelegenheit wurde das Gebäude teilweise renoviert. Allerdings begann eine Investmentgesellschaft unmittelbar hinter dem Schloss einen großen Hotelbau zu errichten. Die Pläne aus Kirchstetten ein Thermalbad mit Kurhotel zu machen, hatten sich aber bald zerschlagen. Die Gesellschaft ging in Konkurs und die Bauruine verunziert noch heute das Ensemble. Das Schloss ist nach wie vor im Besitz der Familie Suttner-Gatterburg, steht aber leer. Gelegentlich finden kulturelle Veranstaltungen statt.

Schloss Kirchstetten liegt im Süden des gleichnamigen Ortes. Es wird im Halbkreis von weitläufigen eingeschossigen Nebengebäuden umschlossen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jh. errichtet wurden und zwei große Höfe bilden. Der zweite Hof diente seinerzeit als Fasanerie. Er ist durch einen barock fassadierten Torturm zugänglich. Nach Osten zu schloss sich ein englischer Park an. Das eigentliche Schloss geht mit seinen Gewölbeformen im Südtrakt noch auf das 16. Jh. zurück. Sein Äußeres wird aber durch die Umbauten Fischers bestimmt. Die U-förmige Anlage war ursprünglich nach Osten hin offen bzw. lediglich durch eine Mauer geschlossen. Heute steht hier der Hotelrohbau. Der einstige Wassergraben und die übrigen Wehreinrichtungen, wie die Zugbrücke und die Ecktürmchen sind dem barocken Umbau im 18. Jh. zum Opfer gefallen. Die Hauptfassade des Schlosses an der Westseite wird von einem hohen dreiachsigen Mittelrisalit dominiert. Hinter seinen überlangen Rundbogenfenstern liegt im zweiten Obergeschoß der Festsaal. Diese Fenster sind mit schönen Stuckverzierungen und Verdachungen geschmückt. Über dem mittleren ist ein Wappen mit Krone, darunter ein Balkon mit steinernem Geländer angebracht. Unterhalb desselben liegt das durch zwei Geschosse reichende Rundbogenportal, an dem noch die Beschläge aus dem 18. Jh. erhalten sind. Der Festsaalbereich des Mittelrisalites wird durch Pilaster mit ionischen Kapitellen gegliedert. Unter dem mit einer Uhr ausgestatteten und von einer Vase mit spielenden Putten gekrönten Giebelfeld beleuchten drei querovale Ochsenaugen zusätzlich den hohen Festsaal. Der Mittelteil wird von zwei schmalen 2-achsigen Seitentrakten flankiert. An der Nord- und Südseite des Gebäudes sind ältere Sgraffiti erhalten, was belegt, dass das Schloss bereits im 16. Jh. in voller Höhe ausgebaut war. Über der tonnengewölbten Erdgeschoßhalle liegt der mit Stuck aus dem 18. Jh. versehene Festsaal. Für sein Spiegelgewölbe schuf Franz Anton Maulpertsch um 1750 das große Deckengemälde „Triumph der Wahrheit über die Zeit“. Das auf Leinwand gemalte Bild wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jh. abgenommen und aus Sicherheitsgründen in das Schloss Heiligenkreuz-Gutenbrunn, in dem sich damals das Niederösterreichische Barockmuseum befand, ausgelagert. Seit der Landesausstellung 1998 ist es wieder an seinem alten Platz angebracht. Die Seitenwände des Saales zeigen illusionistische Malereien aus der Zeit vor 1800. Auch die vom Festsaal aus zugängliche Kapelle besitzt eine gemalte Ausstattung. An der Decke hängt ein Ölbild der hl. Dreifaltigkeit. Das ebenfalls von Maulpertsch gemalte Bild des Stuckmarmoraltares stellt die hl. Anna dar. In der Nordostecke des Schlosses ist noch ein Chinesisches Zimmer mit Malereien des 18. Jh. zu erwähnen. Die Innenausstattung der meisten Räume wurde im 19. Jh. verändert.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 10 km östlich von Laa/Thaya

Besichtigung: Im Sommer kann das Schloss an Wochenenden und Feiertagen von 15.00 bis 18.30 beesichtigt werden.


Weitere Literatur:


27.05.2003