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Eckartsau


Grundherr war hier einst das Hochstift Regensburg, dem die Herren von Eckartsau lehenspflichtig waren. Die ersten Nachrichten über die ehemalige Burg Ekkeharteshove, nach der sich ein Heinrich nannte, fallen in die Zeit um 1180. Zehn Jahre später werden die Eckartsauer bereits als landesfürstliche Ministeriale bezeichnet. Auch die um 1212 eingeheirateten Perchtoldsdorfer nannten sich nach der Burg. Ihr bedeutendster Vertreter war der 1443 verstorbene Leupolt, der bei Herzog Albrecht V und Kaiser Friedrich III hohes Ansehen genoss. Er war 1411 an der Entführung des 14-jährigen Albrecht nach Eggenburg beteiligt gewesen, wo man ihn großjährig erklärte. Mit Wilhelm von Eckartsau erlosch 1507 die Familie. Nun folgten die Volkenstorffer, die die Herrschaft 1572 an die Freiherren von Teufel verkauften. Otto Freiherr von Teufel veräußerte Eckartsau 1639 an Matthias Graf Khuen von Belasy. Danach erwarb die Familie Herberstein den Besitz. 1663 dürfte die Burg recht gut befestigt gewesen sein, da sie der Landbevölkerung als Zufluchtsort vor den Türken zugewiesen wurde.

Als der böhmische Hofkanzler Franz Ferdinand Graf Kinsky 1720 die Herrschaft aus der Verlassenschaft der Gräfin Katharina von Herberstein erworben hatte, war Eckartsau noch das vierflügelige, auf Piloten errichtete Wasserschloss, das Georg Matthäus Vischer 1672 gezeichnet hatte. Er beauftragte 1722 den kaiserlichen Maurermeister Christian Alexander Oedtl mit der Modernisierung. Auf ihn geht vor allem die neue Schlosskapelle zurück. Sie wurde 1724 durch den Passauer Fürstbischof Kardinal Joseph Dominikus Graf Lamberg geweiht. Ansonsten wurden vor allem die Innenräume dem damaligen Zeitgeschmack angepasst. Zwischen 1730 und 1732 wurde der Westtrakt des Schlosses nach Plänen von Josef Emanuel Fischer von Erlach als Corps de Logis erneuert. Der alte Ostteil wurde beibehalten, Teile des Nordtraktes in das neue Konzept einbezogen. Der Bruder und Erbe des Bauherrn, Josef Maximilian Graf Kinsky, verkaufte Eckartsau 1760 an Franz Stephan von Lothringen, der das kinskysche Jagdrevier schätzen gelernt hatte. Er ließ das Gebäude 1770/74 durch den Hofarchitekten Franz Anton Hillebrand gründlich renovieren. Nach dem Tod Maria Theresias blieb das Schloss beim kaiserlichen Familienfonds, stand aber jahrzehntelang leer und verfiel. Die häufigen Überschwemmungen durch die Donau führten am Ost- und Südtrakt zu schweren Setzungsrissen, so dass in den 20er-Jahren des 19. Jh. die Obergeschosse bzw. der ganze Ostflügel abgetragen werden mussten. Erst unter Erzherzog Franz Ferdinand blühte das Schloss wieder auf. Er ließ es 1897/98 zu seinem Jagd- und Landsitz ausbauen und den großen Park neu anlegen. Der Ostflügel wurde dabei erneuert. 1908 fand in Eckartsau eine große Hofjagd statt, bei der der deutsche Kaiser Wilhelm II Ehrengast Kaiser Franz Josefs war. Nachdem Kaiser Karl im November 1918 auf die Ausübung der Regierungsgeschäfte verzichtet hatte und in Österreich die Republik ausgerufen worden war, zog er sich nach Eckartsau zurück, wo er seine letzten Monate in Österreich verbrachte. Am 23. März 1919 verließ er das Schloss und Österreich für immer. Damit war die 640 Jahre dauernde Regierungszeit der Habsburger zu Ende gegangen. Eckartsau gehörte zwar zu den privaten Besitzungen der kaiserlichen Familie, wurde aber dennoch enteignet. Es kam an den Kriegsgeschädigtenfonds und nach dem Zweiten Weltkrieg an die Österreichischen Bundesforste. Bis 1947 war es von russischen Soldaten bewohnt. Die Verwüstungen der unmittelbaren Nachkriegszeit sind längst behoben. Das Schloss dient heute als Forstverwaltung. Im Festsaal finden gelegentlich Kammerkonzerte statt. Die Repräsentationsräume können für Hochzeiten und andere Veranstaltungen gemietet werden.

Das von einem gepflegten Park umgebene elegante Schloss liegt etwa 600 m südlich des Dorfzentrums am Nordrand der Donauauen. Es ist ein vierflügeliger Bau, der einen rechteckigen Brunnenhof umschließt. Die Flügel sind nur mehr zweigeschossig, lediglich der Nordtrakt weist drei Etagen auf. Auf Vischers Stich von 1672 sind noch alle Trakte dreigeschossig. Der heutige Zugang erfolgt durch den neobarocken Osttrakt. Sein leicht hervortretender Mittelteil nimmt die Stelle des Torturmes der einstigen Wasserburg ein. Vor dem Umbau von 1897/98 lag der Eingang an der 15-achsigen Westseite. Der prächtige dreiachsige Mittelrisalit der Westfront enthält im Inneren die Einfahrtshalle, das Treppenhaus und den Festsaal. Seine Fassade ist im Erdgeschoß durch Quaderfugen und im Hauptgeschoß durch die zwischen ionischen Pilastern liegenden übergroßen Rundbogenfenster gegliedert. Den Giebel und die Attika schmücken Steinfiguren von Lorenzo Mattielli. Die Darstellung der Jagdgöttin Diana mit dem in einen Hirsch verwandelten Aktäon, der von seinen eigenen Hunden zerrissen wird, weist Eckartsau als Jagdschloss aus. Weitere Hinweise auf diesen Verwendungszweck gibt es überall im Schloss, so im repräsentativen Treppenhaus. Hier stützen vier Säulenpaare mit ionischen Kapitälen die Steinbalustraden des Obergeschosses, zu dem zwei Treppen mit geschwungenen Steingeländern emporführen. Die Prunklaternen auf der Balustrade tragen die Grafenkrone der Kinskys. Jene am Treppenanfang werden von Putten gehalten. Das Deckenfresko von Franz von Roettiers zeigt eine Falkenjagd. In den Stuckreliefs werden die einzelnen Jagdarten, wie Feld-, Rot- und Schwarzwildjagd, aber auch die Fischerei dargestellt.

Im Großen Saal schuf Daniel Gran 1732 ein Deckengemälde zur Verherrlichung der Jagd mit der Göttin Diana. Die Wände des 154 m langen Saales sind in rötlichen Tönen gehalten. Auf Lorenzo Mattielli gehen die beiden weißglänzenden Statuengruppen an der Ostseite zurück. Sie stellen Alpheus und Arethusa bzw. Apollo und Daphne dar. Zu beiden Seiten des Saales schließt sich jeweils eine aus drei Räumen bestehende Zimmerflucht an. Sie enthielten einst die Räume des Schlossherrn und seiner Gattin. Am Ende des südlichen Damentraktes befindet sich das „Indianische Zimmer“ bei dem es sich eigentlich um ein „Chinesisches Zimmer“ handelt. Seine weißen Seidenbespannungen zeigen eingestickte Kirschblütenzweige und flatternde Vögel. Als Gegenstück liegt gegenüber in der Wohnung des Hausherrn das „Goldkabinett“, das mit seinen Groteskendekorationen aus dem Jagd- und Landleben an die Malereien von Jonas Drentwett erinnert. Von der barocken Inneneinrichtung haben sich nur Teile erhalten. Bemerkenswert sind einige Prunköfen aus der Zeit um 1730. Die barocke Schlosskapelle ragt weit aus dem Nordtrakt vor. Die beiden Deckengemälde in ihrer Flachkuppel werden Franz von Roettiers zugeschrieben. Sie zeigen „die Schlüsselübergabe an Petrus“ und „Christus und die Apostel“. Die Altarwand ziert ein Stuckrelief im Stil Antonio Beduzzis. Es stellt die Muttergottes mit dem Jesuskind dar. Hinter dem Tabernakel steht ein gläserner Schrein mit den Gebeinen des hl. Theodorus. Im neobarocken Ostteil machen die Wohnräume des Erzherzogs, wie die mit Holzschnitzereien reich verzierte Bibliothek und der Jagdsalon sowie der enge Gang mit den vielen Jagdtrophäen, einen eher düsteren Eindruck im Vergleich zu den lichtdurchfluteten Barockräumen.

Lage: Niederösterreich/Marchfeld – ca. 14 km westlich von Hainburg (aber nördlich der Donau)

Besichtigung: Führungen finden vom 1. April bis 31. Oktober jeweils Samstag, Sonn- und Feiertag um 11.00 und um 14.00 statt. Gruppenführungen sind nach Anmeldung jederzeit möglich.


Weitere Literatur:


07.05.2003