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Merkenstein - Schloss


Josef Carl Graf Dietrichstein ließ sich in den Jahren 1801 bis 1803 unterhalb der Burgruine Merkenstein ein neues Schlösschen im „schweizerischen Stil“ erbauen, das von einem vielbewunderten Landschaftsgarten umgeben war. Eigentlich war seine Gattin Elisabeth, geb. Gräfin Waldstein-Wartenberg, die treibende Kraft bei der Gestaltung des Parks. In ihm befanden sich etliche historisierende Bauten wie eine Kapelle, eine Einsiedelei und ein Aussichtsturm. Mit dem „Türkenbrunnen“ und einem orientalischen Pavillon sollte an die Zerstörung der Burg Merkenstein durch die Türken 1683 erinnert werden. Der Park war öffentlich zugänglich. 1829 kaufte Joachim Eduard Graf Münch-Bellinghausen die Herrschaft. Er ließ 1843 bis 1844 das bestehende Landhaus abbrechen und durch das Architekturbüro Johann Romano-August Schwendenwein ein Sommerschloss im englischen Tudor-Stil errichten. Erbe von Münch-Bellinghausen wurde 1866 Adolf Freiherr von Brenner-Felsach, ein Diplomat, der auch am Friedensvertrag Österreichs mit Preußen (1866) beteiligt war. Er wurde 1883 in der Gruft unter der Kapelle beigesetzt. Die nächsten Besitzer waren zwei Industrielle, der Sägewerksbesitzer Leopold Kern und dann Arthur Krupp aus Berndorf. In den letzten Kriegstagen von 1945 wurde das Gebäude schwer in Mitleidenschaft gezogen und anschließend ausgeplündert. Auch die Gruft wurde devastiert. Da das Gut vor dem Zweiten Weltkrieg im Besitz der deutschen Familie Krupp war, wurde es danach zum „Deutschen Eigentum“ erklärt und bis 1955 von der russischen Besatzungsmacht verwaltet. Danach kam das inzwischen völlig devastierte Schlösschen an die Republik Österreich bzw. an die Österreichischen Bundesforste. Ab 1978 gehörte es der Familie Klinger. Vor dem endgültigen Verfall wurde es erst im Jahr 2000 gerettet, als es von privater Seite gekauft wurde und seither schrittweise restauriert wird. Es ist wieder bewohnt.

Schloss Merkenstein ist ein für Niederösterreich frühes Beispiel eines neugotischen Villenbaues des Romantischen Historismus. Dieser Typ eines Landhauses fand später mit nur geringen Abwandlungen bis in die 70er Jahre des 19. Jh. bei isoliert stehenden Villen des Alpenvorlandes eine weite Verbreitung. Der zweigeschossige, durch einen dreigeschossigen Eckturm asymmetrisch gestaltete Wohnbau zeigt zahlreiche Elemente der englischen Gotik, wie die Zinnen, die großflächigen, mehrfach unterteilten Rechteckfenster mit abgesetzten Simsen, die Ausbildung flach vortretender Erker sowie den breiten Kielbogen an der Vorhalle. An der Rückseite ist ein achteckiger Treppenturm angebaut. Romanos Entwurf folgte weitgehend einem Idealplan für ein Landhaus in Bayern, den Ludwig Freiherr von Welden 1839 publiziert hatte. Romano und Schwendenwein veränderten diesen Plan aber durch die Einsetzung eines vortretenden Mittelrisalits und setzten durch die Hinzufügung des zinnengekrönten dreigeschossigen Eckturmes einen eigenen Akzent. Dem Mittelrisalit, in dem sich der Eingang befindet, ist eine Durchfahrt mit drei großen Toren vorgelagert. Im ersten Stock ist sie als Terrasse mit einer Steinbalustrade ausgebildet. Ein Dachgiebel betont diese Mittelachse. Die meisten Parkbauten sind nicht mehr vorhanden, oder wie die Kapelle in einem ruinösen Zustand.

Lage: Niederösterreich/Wienerwald – ca. 7 km westlich von Bad Vöslau, unterhalb der gleichnamigen Burgruine

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


07.04.2003