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Breiteneich


Breiteneich ist das typische Beispiel für einen Wohnsitz des gehobenen Waldviertler Kleinadels. Die erste urkundliche Erwähnung der Herren von Breiteneich erfolgte 1168. Eine weitere Nennung datiert aus dem Jahr 1223. Um 1400 scheint ein Jörg der Praytenaycher auf. Die Schlosskirche wird 1429 als „capella castri Praittenaich“ erstmals genannt. Es dürfte sich dabei um die jetzige Dorfkirche handeln, die nicht mehr zum Schlossareal gehört und die durch die Bundesstraße vom diesem getrennt ist. Das heutige „ Alte Schloss“ wurde um 1541 unter Erasmus von Schneckenreith und seiner Gattin Margarete von Thierbach im Renaissancestil errichtet, wobei aber auch zahlreiche spätmittelalterliche Bauteile des Vorgängerbaues einbezogen wurden. Breiteneich ist daher eines der frühesten Renaissanceschlösser Niederösterreichs. 1592 wurde es ausgebaut. Der Kupferstich von Georg Matthäus Vischer von 1672 zeigt bereits auch das „Neue Schloss“. Ab 1766 gehörte die Herrschaft Breiteneich den Grafen Hoyos. Danach wechselten die Besitzer relativ häufig. Zu Beginn des 20. Jh. befand sich das Schloss im Eigentum von Nilla Groeger und Auguste von Roretz. Die Schäden der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg sind längst behoben. Heute ist das bestens gepflegte Gebäude im Besitz von Andrea und Dr. Christian Lippert. Es ist bewohnt und normalerweise nicht zu besichtigen, doch finden jeweils im August Konzerte des Vereines der Musikfreunde statt. Der Meierhof, 1933 an das Stift Altenburg verkauft, wurde vor einigen Jahren wieder rückerworben.

Die Schlossanlage besteht aus zwei separaten Bauteilen: dem Alten und dem Neuen Schloss. Ersteres ist ein regelmäßiger, meist dreigeschossiger Vierflügelbau um einen rechteckigen Innenhof. Bei seiner Erbauung benützte man offensichtlich den Bering der Vorgängeranlage, da die Stärke der Außenmauern von ca. 2 m auch im höheren Bereich nicht wesentlich abnimmt. Die Fassaden sind lediglich an der Südfront stärker dekoriert. Diese wurde bei der Errichtung des vierstöckigen Torturmes in der Mitte durchbrochen. Der mit einem Pyramidendach gedeckte Turm tritt deutlich aus der Fassade vor. Er ist der einzige Bauteil, der die Dächer überragt. Über dem Tor ist eine mit 1541 datierte Inschrift angebracht, die bezeugt, dass Erasmus Schneckenreith dieses Tor in Auftrag gegeben hat. Da sich vor dem Tor einst eine Zugbrücke befand, wie die noch vorhandenen Rollen beweisen, muss es wohl auch einen Graben gegeben haben. Diese Befestigungen dürften aber eher symbolischer bzw. repräsentativer Natur gewesen sein, wie das prunkvolle Tor und die relativ großen Fenster zeigen. Die Fensterzonen sind mit Groteskmalereien in Sgraffitotechnik geschmückt, so dass die Fenster größer wirken, als sie eigentlich sind. Sie zeigen Akanthusmotive und Puttiköpfe. Sowohl an der Attika des Hauptportals als auch in den Sgraffiti findet man häufig Schneckenmotive, die auf den Namen des Erbauers hinweisen. An der Nordfront befindet sich ein zentraler, turmartiger Anbau, der mit seinem Portal die Verbindung zum benachbarten Meierhof ermöglichte. Darüber ragt die halbrunde Kapellenapsis vor.

Der Innenhof weist an der Süd- und der Nordseite Arkadengänge auf. Sie ruhen im Erdgeschoß auf Pfeilern und im Obergeschoß auf toskanischen Säulen. Der vierbogige Arkadengang an der Nordseite wird von einer, in spätgotischen Formen gehaltenen Maßwerkbalustrade begrenzt. In den Kreuzgewölben der Arkadengänge hängen an den Schnittpunkten der Grate spätgotische, schlusssteinartige Hängezapfen. Die Hoffassaden sind mit Sgraffitodekorationen verziert, die 1967/68 restauriert wurden. Darunter befindet sich auch das Wappen der Familie Roretz: ein Stier mit gefiedertem Pfeil. Zwei Treppentürme mit freitragenden Schneckenstiegen und profilierten Handläufen sind in der Nordwest- und der Südostecke des Hofes angebaut. Das Renaissanceportal des nordwestlichen Treppenturmes ist mit 1548 bezeichnet. Der schmiedeeiserne Aufbau der Zisterne im Hof stammt aus der ersten Hälfte des 17. Jh. Die Räume des Erdgeschosses sowie teilweise des ersten Stocks sind tonnen- bzw. kreuzgratgewölbt, während die übrigen Zimmer zum Teil bemalte Balken- und Flachdecken aufweisen. Ein stichkappengewölbter Raum im ersten Stock zeigt gut erhaltene Groteskmalereien mit Affen, Hunden und Fledermäusen aus der Zeit um 1600. Die Wohnräume sind zum Großteil modern eingerichtet. Im obersten Stock wurden vor einiger Zeit die Zwischenwände entfernt, um große und helle Zimmer zu bekommen. Das Schloss ist an drei Seiten von einem ausgedehnten Park- und Wirtschaftsgelände umschlossen. Der dreiflügelige Meierhof stammt aus dem 17. bzw. 18. Jh. Neben dem Alten Schloss liegt das barocke Neue Schloss, eine dreigeschossige, hakenartige Zweiflügelanlage aus der ersten Hälfte des 17. Jh. Das Erdgeschoß ist gebändert, die beiden Obergeschosse werden durch Lisenen zusammengefasst. Diese Putzgliederung wurde erst um 1740 angebracht. Die Innenräume sind durchwegs modern adaptiert.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – 3 km nordöstlich von Horn.Das Schloss liegt im Nordteil des gleichnamigen Ortes.

Besichtigung: Das Schloss ist bewohnt und daher normalerweise nicht zu besichtigen. Anlässlich der Konzerte sind jedoch Teile davon zugänglich.


Weitere Literatur:


24.03.2003