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Ambras


Funde im Schlosspark von Ambras haben bewiesen, dass der Hügel bereits in der Bronzezeit besiedelt war. Erstmals schriftlich erwähnt wird es 1078 mit Otto de Umeraz. Es handelt sich dabei um Otto II, Graf von Andechs-Diessen, der im Inntal weitere Güter besaß. Im 12. Jh. wird eine Reihe von Ministerialen genannt, die hier lebten, wobei Ambras damals als Omeras, Homeras oder Umbras bezeichnet wurde. Als die Andechser, die hier einen Hauptsitz hatten, mit der Investitur des Bischofs von Regensburg nicht einverstanden waren, ließ der bayrische Herzog Heinrich der Stolze 1133 die damalige Burg zerstören. Wann sie wieder aufgebaut wurde, ist nicht bekannt. Von Ambras aus erfolgte 1180 die Gründung von Innsbruck, neben dem die Burganlage bald an Bedeutung verlor, obwohl sie weiterhin im Besitz der Landesfürsten verblieb und von Pflegern verwaltet wurde. Nachdem Ambras nach dem Aussterben der Andechser 1282 an die Görzer Grafen gefallen war, wurde es großzügig ausgebaut. Die Arbeiten kamen dabei nahezu einem Neubau gleich. Die Burg blieb bis zum Ende der Monarchie im Eigentum des Landesherrn von Tirol. Nach dem Tod der Margarethe Maultasch kam Ambras mit Tirol an die Habsburger, die aber vorerst mit der Burg nicht viel anzufangen wussten. Erst Erzherzog Sigmund der Münzreiche, der 1484 Ambras seiner zweiten Frau, Katharina von Sachsen, als Morgengabe übertragen hatte, ließ den Bau repräsentativ ausgestalten und den zeitgenössischen Erfordernissen anpassen. Sein Nachfolger Kaiser Maximilian I hielt sich gerne zur Jagd hier auf. Er verbesserte die Bausubstanz, musste aber Ambras aus finanziellen Gründen mehrfach verpfänden. Kaiser Ferdinand I löste Ambras 1564 nach dem Tod des letzten Pfandinhabers Georg Schurff wieder ein.

Er überschrieb das Schloss seinem Sohn Erzherzog Ferdinand II und ernannte ihn zum Regenten von Tirol. Dieser schenkte es seiner Gattin Philippine Welser, die es zu einem Zentrum höfischer Geselligkeit machte. 230 Bedienstete sorgten sich um das Wohl der fürstlichen Familie. Damals wurde das Unterschloss zur Aufstellung der bereits zu Lebzeiten Erzherzog Ferdinands weltberühmten Ambraser Sammlung errichtet. Gleichzeitig entstand der Spanische Saal. Westlich vom Hochschloss wurde das Vorschloss angelegt. Es enthielt den mit einer von Giovanni Fontana gemalten Decke versehenen Speisesaal, für den im kleinräumigen Hochschloss kein Platz gewesen wäre. Das Vorschloss wurde ebenso wie das Ballhaus südlich vom Spanischen Saal im 19. Jh. demoliert. Nach dem Tod der Philippine Welser 1580 vervollständigte Erzherzog Ferdinand II seine Sammlung im Unterschloss. 1607 erwarb Kaiser Rudolf II Ambras von Ferdinands Sohn Karl von Burgau. Er vereinigte die Ambraser Sammlung mit seiner eigenen Kunstsammlung, wodurch sie für die Nachwelt gerettet war. Das Schloss verfiel jedoch, da es kaum mehr bewohnt wurde. 1779 diente es als Kaserne. Bei Schlechtwetter wurde im Spanischen Saal exerziert. 1780 plante man die Einrichtung eines Zuchthauses bzw. einer Irrenanstalt und 1797 war es Hauptspital der Armee. Erst im 19. Jh. kamen wieder bessere Zeiten. Der kaiserliche Statthalter in Tirol und Bruder von Kaiser Franz Josef, Erzherzog Karl Ludwig (1832 – 1896), benutzte es als Sommerresidenz und ließ durch die Architekten Ludwig und Heinrich Förster größere Umbauten im Stil des romantischen Historismus vornehmen, um das Gebäude an die Erfordernisse der modernen Wohnkultur anzupassen. Dabei ging man mit dem historischen Baubestand nicht gerade zimperlich um. Karl Ludwig verzichtete jedoch 1861 wieder auf die Statthalterschaft, wodurch dem Schloss neuerliche Vernachlässigung drohte. 1880 erfolgte die Umwidmung in ein Museum, wobei die Exponate der Kunstkammer sowie zahlreiche Gemälde und Skulpturen im Hochschloss ausgestellt wurden. 1913 wählte auch Karl Ludwigs Sohn, Erzherzog Franz Ferdinand, Ambras zu seiner Sommerresidenz. Er verfügte den Umbau des Schlosses, wobei dem Gebäude wieder das Aussehen gegeben werden sollte, das der Kupferstich von Matthäus Merian aus dem Jahre 1649 zeigt. Bei dieser Gelegenheit wurde dem wieder auf seine ursprüngliche Höhe gebrachten Bergfried der heute noch bestehende Uhrturm aufgesetzt. Wegen des Kriegsausbruches konnten die Arbeiten jedoch nicht beendet werden. 1922 begann man erneut mit dem Museumsbetrieb, der nur durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde. Schloss und Park gehören nach wie vor der Republik Österreich. Die Sammlungen sind dem Wiener Kunsthistorischen Museum angeschlossen.

Unter dem Begriff Schloss Ambras versteht man zwei räumlich voneinander getrennte Gebäudekomplexe: das auf gewachsenem Fels im Nordosten des großen Parks errichtete Hochschloss mit dem Vorschloss und dem Spanischen Saal sowie südwestlich davon und etwas tiefer liegend, das Unterschloss, zu dem die Museumsgebäude, die Kornschütt und das Beamtenhaus gehören. Von der ursprünglichen Burg des 11. Jh. ist nichts mehr vorhanden, doch dürfte man beim Umbau im 13. Jh. den alten Grundriss beibehalten haben. Es handelte sich dabei um eine typische Höhenburg mit Bergfried, Palas und Kapelle. Ferdinand II schuf unter Einbeziehung des Altbestandes das heutige Hochschloss, einen massigen Bau, der mit zwei unregelmäßigen Längstrakten und zwei kurzen Querverbindungen einen etwa rechteckigen Innenhof umschließt. Er ließ den Altbau ummanteln und gleichmäßig auf vier Geschoße erhöhen. Baumeister dürften die beiden Hofarchitekten Giovanni und Alberto Lucchese gewesen sein, doch hatte auch Erzherzog Ferdinand II einen hohen Anteil an der Planung. Im Südwesten ist der alte Bergfried noch erkennbar. Außerdem veranlasste er den Neubau des Südtraktes. Dafür musste der westliche Tortrakt abgerissen werden. Hohe, verschiedenartig gestaltete Kamine lockern gemeinsam mit dem Kapellen- und dem Glockenturm den kubischen Baukörper auf. Das Hochschloss ist nur äußerlich ein Renaissancebau. Im Inneren hat es die Kleinräumigkeit der alten Burg weitgehend beibehalten. Um die Höhe der Hoffassaden etwas zu kaschieren, wurden sie durch die Felderteilung und die umlaufenden Streifen vorwiegend horizontal gegliedert. Die architektonische und figurale Grisaillemalerei an den Wänden wird dem am Hof Ferdinands II beschäftigten Maler Heinrich Teufel zugeschrieben. Formal stehen die biblischen und mythologischen Darstellungen den Stichen Virgil Solis nahe. Im Erdgeschoß des Südosttraktes hat sich das Bad der Philippine Welser erhalten. Es besteht aus einem Ankleide- und dem Baderaum. Die Wandvertäfelung des Ankleidezimmers ist mit 1567 datiert. Darüber befinden sich Fresken mit Darstellungen aus dem Badeleben. In der eigentlichen Badestube nimmt ein 160 cm tiefes, in den Boden eingelassenes Becken aus verzinntem Kupferblech eine Raumhälfte ein. Im zweiten Stock des Nordtraktes, des ehemaligen Palas ist die malerische Ausgestaltung aus der Zeit Ferdinands II erhalten geblieben. Es finden sich verschiedene „al secco“ gemalte Szenen aus dem Tierleben sowie ein ganzfigürliches Porträt des Erzherzogs. Als ausführender Künstler kommt Hans Polhammer in Frage. Auch die prächtigen Decken aus Zirbenholz sind noch vorhanden. Die Kachelöfen gehören nur teilweise zum Originalbestand, zum Teil wurden sie erst im 19. Jh. angekauft. Die Kapelle wurde 1330 eingeweiht. 1462 bis 1464 wurde ihr polygonaler Chor errichtet und das Langhaus mit einem Kreuzrippengewölbe eingedeckt. Der Innenraum war damals mit figürlichen Malereien geschmückt, doch sind diese seit der neugotischen Adaptierung durch den Architekten Anton Geppert von 1863/67 verschwunden.

An seiner Südseite ist dem Hochschloss der „Spanische Saal“ vorgelagert. Dieser Baukörper liegt mit seiner Nordmauer direkt am Burgfelsen, so dass er optisch wie dessen Sockelgeschoß wirkt. Er enthält den 43 m langen, 10 m breiten und 5 m hohen Festsaal des Landesherrn, sowie das als Vorraum gedachte „Kaiserzimmer“. Es ist mit dem Hochschloss durch Treppen verbunden. Der Saalbau wurde 1570/72 als erster freistehender Saalbau nördlich der Alpen errichtet, da im mittelalterlichen Bau kein Platz für größere Festsäle war. Der Baumeister ist unbekannt, doch wird häufig Giovanni Lucchese vermutet. Seine prächtige Kassettendecke ist ein Werk des Innsbrucker Schreiners Conrad Gottlieb. Von ihm stammen auch die prächtigen Intarsien an den Türen. Für die Verlegung des Marmorfußbodens war Thomas Scalabrin verantwortlich. Die qualitätvollen Stuckmedaillons im Fries schuf der Niederländer Antonis van Brackh. Der Spanische Saal diente der fürstlichen Repräsentation und der Erinnerung an die Vorgänger des Erzherzogs als Landesherr von Tirol. Daher wurden seine Wände mit 26 Ölbildern tiroler Landesfürsten geschmückt. Ihr Schöpfer ist nicht bekannt. Wegen der Feuchtigkeit der Nordwand mussten sie im 19. Jh. weitgehend erneuert werden. Die dazwischen liegenden Groteskmalereien von Dionys van Hallaert sind noch oiriginal. Die Hexameter zu Füssen der Bilder sind Zutaten der Restauratoren. Die Westfassade mit dem Hauptportal wurde 1954 neu gestaltet.

Das sog. Unterschloss entstand zur Unterbringung der Sammlungen. Es handelt sich dabei um reine Zweckbauten von äußerster Einfachheit. Als erstes Gebäude wurde 1571/72 die Kornschütt errichtet. Sie enthielt im Erdgeschoß Stallungen und im ersten Stock die Bibliothek, das spätere Antiquarium und die Kleine Rüstkammer. Das Antiquarium war ein Skulpturenmuseum, das anlässlich einer Restaurierung des Schlosses im zweiten Viertel des 18. Jh. entstanden ist. Der dreigeschossige Dachstuhl diente der Getreidelagerung. An die Nordseite der Kornschütt schließt der drei Trakte umfassende Museumskomplex an. Seine Erbauung erfolgte in der Zeit zwischen 1572 und 1580. Parallel zum zweiten Waffensaal wurde 1589 ein zweigeschossiger, etwas niedrigerer Anbau errichtet, der ebenfalls Bestände der Rüstkammer aufzunehmen hatte. Bald nach dem Tod Ferdinands II setzte der Verfall des Unterschlosses ein. Zu einer großzügigen Restaurierung kam es erst mit der Neuaufstellung der Sammlungen in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts.

Die Ambraser Sammlung war bereits zu Lebzeiten ihres Begründers ein Anziehungspunkt für gebildete Reisende aus ganz Europa. Vier der fünf großen Säle waren damals den Waffen und Rüstungen gewidmet. Den Grundstock bildeten seine eigenen Rüstungen. Ferdinand II erwarb zum Teil noch im Gebrauch befindliche Turnier- und Prunkharnische bekannter Zeitgenossen. Sie dienten ihm als Depot, aus dem er sich bei festlichen Ritterspielen bedienen konnte. Der Großteil der Rüstungen war aber bereits historisch. Er hatte sie schon in Prag, wo er 17 Jahre als Statthalter regierte, bevor er nach Tirol „versetzt“ wurde, zu sammeln begonnen. Ferdinand besaß Rüstungen von 9 Kaisern, 12 Erzherzögen, 21 Reichsfürsten und 9 ausländischen Königen. Allerdings waren auch einige eher zweifelhafte Stücke dabei, wie die Rüstungen des Hunnenkönigs Attila oder der sagenhaften Gründerin von Prag, Libussa. Im sog. Türkenkammerl fanden sich Beutestücke aus seinem Feldzug von 1556 sowie exotische Gastgeschenke. Die Kunst- und Wunderkammer enthielt sowohl äußerst wertvolle Gold- und Silberarbeiten als auch scheinbar wertlose Kuriosa. So befand sich hier das berühmte Salzfass Benvenuto Cellinis, ein Geschenk des Königs Karl IX von Frankreich und die angebliche Federkrone Montezumas, aber auch Abnormitäten und präparierte Tiere sowie Bilder von Riesen und Zwergen. Unter den Gemälden waren Werke von Tizian, Rubens und Dürer. Der dritte große Sammelkomplex war die Bibliothek, die 1576 durch ein großzügiges Geschenk des Grafen Wilhelm von Zimmern, des Hofmarschalls des Erzherzogs, noch ausgebaut wurde. 1596 wird ein Bestand von 3430 bibliophilen Werken vermerkt. Kaiser Rudolf II brachte die sog. unveräußerlichen Erbstücke, die geheimnisumwitterte Achatschale und das „Ainkhürn“ – die sich heute in der Wiener Schatzkammer befinden – nach Prag, ließ die übrige Sammlung aber unangetastet. Kaiser Leopold I verfügte 1665 den Transport der wertvollsten Handschriften aus der Bibliothek nach Wien, wo sie seit damals in der Hof- bzw. der heutigen Nationalbibliothek verwahrt werden. Darunter befand sich auch das Ambraser Heldenbuch mit der einzigen handschriftlichen Aufzeichnung des Gudrunliedes. Als 1703 Tirol vorübergehend zu Bayern kam, konnte der Abtransport der Ambraser Sammlungen nur dadurch verhindert werden, dass die aufgebrachte Bevölkerung die dafür vorgesehenen Transportschiffe zerstörte. Zur Zeit der Franzosenkriege wurden die Kunstwerke in Kisten verpackt und mehrfach vor den anrückenden Franzosen in Sicherheit gebracht, wobei sie u. a. nach Pilsen und Hainburg aber auch nach Kroatien ausgelagert wurden. Die damaligen Umstände führten durch Plünderungen und Diebstählen zu Verlusten, die sich aber in Grenzen hielten. 1806, als nach dem Frieden von Pressburg Tirol an Bayern angeschlossen wurde, brachte man die Sammlung nach Wien, wo sie 1814 im Belvedere ausgestellt wurde. Ein Teil der Exponate verblieb jedoch in Ambras. Vor allem 1936 kamen zahlreiche Objekte aus dem Wiener Kunsthistorischen Museum zurück. Nach den Verlagerungen und den damit verbundenen Verlusten als Folge des Zweiten Weltkrieges wurde 1948 das Museum vorerst im Hochschloss wiedereröffnet. 1952 folgten die Waffensäle im Unterschloss. 1974 wurde die ehemalige Kunstkammer im ersten Stock der Kornschütt an Stelle der alten Bibliothek neu aufgestellt. Auch das alte Antiquarium wurde weitgehend originalgetreu rekonstruiert. Seit 1976 wird im Hochschloss die Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs gezeigt. 1981 wurde die Waffensammlung durch zahlreiche Leihgaben der Wiener Waffensammlung, die sich auf die Rüstkammer des Erzherzog Ferdinand II beziehen, verstärkt.

Zum Schloss gehört ein ca. 20 ha großes, von einer Steinmauer umschlossenes Parkareal. Südlich vom Spanischen Saal liegt der Keuchengarten, ein Ziergarten, in dem sich die einzigen erhaltenen Gartenarchitekturen aus der Zeit Erzherzog Ferdinands II befinden. Es handelt sich dabei um die Bacchusgrotte und einen Treppenturm, der den Zugang zu einem auf einem Hügel stehenden „umlaufenden Tisch“ ermöglichte. Dieser Tisch enthielt einen mit Wasserkraft betriebenen Mechanismus, wodurch er in drehende Bewegung versetzt werden konnte, sobald sich die Gäste vor den gefüllten Tellern niederließen. Er wurde 1572 installiert und im 18. Jh. wieder entfernt. Auch die Bacchusgrotte gehörte zu den Spielereien eines Renaissancefürsten. Wer sich setzte, wurde von Fußangeln gefesselt und durfte erst aufstehen, wenn er einen mächtigen Humpen Wein in einem Zug geleert hatte. Der „Fangstuhl“, eine mechanische Spitzenleistung des 16. Jh., wird noch heute im Schloss gezeigt. Westlich vom Hochschloss erstreckt sich ein englischer Landschaftsgarten mit einem großen Teich, der um die Mitte des 19. Jh. angelegt wurde.

Lage: Tirol/Innsbruck – unweit der alten Römerstraße zum Brenner, am rechten Innufer, ca. 100 m über der Talsohle (6020 Innsbruck, Schloss Straße 20)

Ort/Adresse: 6020 Innsbruck

Besichtigung: vom 1. April bis 31. Oktober täglich von 10.00 bis 17.00 sowie vom 7. Dezember bis 31. März täglich von 14.00 bis 17.00 Bis 30. April 2003 findet derzeit eine Sonderpräsentation in der Kunstkammer statt.


Weitere Literatur:


22.03.2003