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Premstätten


Schloss Premstätten wird 1164 mit Hereman de Preuensteten erstmals genannt. Er war ein Ministerale des Markgrafen Otakar III von Steiermark. Um 1386 dürften die Ritter von Premstätten mit Hennslein der Premsteter ausgestorben sein. Seine Witwe verkaufte den verschuldeten Ansitz an Hans den Ketzer (Checzer). 1448 erlaubte König Friedrich III Jörg von Saurau, kgl. Rat und oberster Hauptmann in Steiermark, den verfallenen Turm wieder auf- und auszubauen. Die Herrschaft scheint aber bereits von Kaspar von Saurau, der in der Wallseer Fehde Herzog Ernst den Eisernen unterstützt hatte, erworben worden zu sein. Als Kaiser Friedrich III 1453 das Privilegium Maius bestätigte, befanden sich Jörg und Wolfgang von Saurau unter den Zeugen. Im gleichen Jahr erhielt Jörg das Amt eines Erbuntermarschalls des Herzogtums Steiermark, das seither in der Familie erblich blieb. Während der Türkenkriege wurde der bescheidene, kaum befestigte Ansitz 1532 schwer in Mitleidenschaft gezogen. Premstätten war damals nur eine kleine Herrschaft, ein besserer Bauernhof, worauf auch die geringe Steuerleistung hinweist. Hauptsitze der Saurau waren Ligist und Großlobming. Erst Leonhard von Saurau zog nach Premstätten. Er baute das bescheidene Haus zum Schloss aus.1635 wurde Premstätten gemeinsam mit anderen Gütern in einen neugegründeten Fideikommiß eingebracht. 1775 ließ Raimund Maria Graf Saurau die Fassaden barockisieren und die Räume prächtig ausstatten. Er gab auch die über zwei Geschosse reichende Schlosskapelle in Auftrag. Premstätten wurde damals Sommersitz der gräflichen Familie. Die Sauraus zählten im 18. Jh. zu den reichsten Adelsfamilien der Steiermark. Sie starben jedoch mit Zeno Maria Graf Saurau 1846 aus. Über seine Witwe, Maria Anna, geb. Gräfin Goess, kam nun Premstätten an ihre Familie.

1904 verkaufte ihr Neffe und Erbe, Leopold Peter Graf Goess-Saurau, das Schloss an Hermine Gräfin Normann-Ehrenfels. Sie war zuvor Schauspielerin, die längere Zeit unter dem Künstlernamen „Unter Laube“ am Wiener Burgtheater tätig war. Ihr Gatte, Gustav Graf Normann-Ehrenfels, war Großgrundbesitzer in Slawonien. 1911 brach am Dachboden ein Brand aus, dem der gesamte Dachstuhl zum Opfer fiel. Seine rasche Erneuerung konnte Folgeschäden verhindern. Als 1918 die kroatischen Besitzungen verloren gingen, lebte das Ehepaar ständig in Premstätten. Angeblich hatte der Graf in seinen letzten Lebensjahren sein Vermögen in Monte Carlo am Spieltisch verloren. Nach seinem Tod ließ die Witwe 1927 das Inventar des Schlosses versteigern. Das leere Gebäude wurde 1931 vom Orden der Comboni-Missionare erworben, die es als Ordenshaus und Schülerinternat benutzten. Zeitweilig lebten hier 150 Schüler und 30 Patres. 1938 wurde die Schule geschlossen und das Schloss von SS-Einheiten besetzt. Danach diente es der Deutschen Wehrmacht als Nachrichten- und Informationszentrale. In der frühen Nachkriegszeit hausten englische Besatzungssoldaten im Schloss. Ihren Schießübungen fielen die meisten Steinfiguren im Park zum Opfer. 1947 erhielt der Missionsorden Premstätten zurück und nahm den Schulbetrieb wieder auf. Wegen der ständigen Abnahme der Schülerzahl musste dieser 1982 aufgegeben und das Schloss verkauft werden. Neuer Eigentümer wurde die Firma American Microsystems Inc. (AMI), die seither auf dem anschließenden Areal eine Fabrik für Halbleiterbauteile betreibt, mittlerweile ihren Namen aber auf Austriamicrosystems AG geändert hat.

Das Schloss liegt auf einer kleinen Anhöhe westlich von Oberpremstätten am Rande des Kaiserwaldes. Es handelt sich dabei um einen zweistöckigen quadratischen Bau, dessen vier Flügeln einen geräumigen Arkadenhof aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. begrenzen. Die Arkaden sind in allen drei Geschossen ausgebildet, wurden aber im 20. Jh. verglast. An der Süd- und der Nordfront führen Rustikaportale in das Gebäude. Die frühbarocke Schauseite wird von einem Dachreiter überragt. Über dem Eingangstor ist ein schönes Allianzwappen der Saurau und der Dietrichstein angebracht. Eine breite Herrschaftstreppe sowie eine kleine Stiege für die Dienerschaft führen in das erste und zweite Obergeschoß, wo sich die Gesellschaftszimmer sowie die Wohnräume der Schlossbesitzer befanden. Im Parterre waren Versorgungsräume sowie etliche Zimmer für die Angestellten eingerichtet. Die Innenausstattung wurde in den Jahren 1770 bis 1780 erneuert. Einiges Mobiliar aus dem Rokoko und dem Frühklassizismus hat sich erhalten, darunter einige zierliche Öfen. Eine Reihe von Tapisserien wurde von Graf Goess-Saurau vor dem Verkauf des Schlosses nach London gebracht und dort veräußert. Vermutlich Johann Caspar Fibich stattete in den Jahren 1775 bis 1780 sieben Räume im ersten Stock mit exotisch-illusionistischen Wandmalereien aus. Sie waren auf Leinwand gemalt und konnten daher 1928 mehrheitlich in Berlin versteigert werden. Einige haben sich jedoch an Ort und Stelle erhalten. Von den einstigen prächtigen Rokokostuckdecken sind nur noch zwei größere und zwei kleinere vorhanden. Sie stammen von Heinrich Formentini aus den Jahren nach 1770. Die 1774 geweihte Marienkapelle wurde im Jahr 1772 vollständig mit Fresken des oberschwäbischen Malers Eustachius Gabriel ausgemalt und stellt ein seltenes Beispiel süddeutscher Rokokokunst in der Steiermark dar. Der Marmor-Tabernakel stammt von Veit Königer (1773). Das Schloss ist von einem durch Mauern geschützten französischen Garten umgeben. Er war einst mit über hundert interessanten Steinskulpturen bestückt, von denen aber nur noch vier die Anlage beleben. Die einstigen Befestigungsanlagen wie Wehrmauer und Graben sind restlos verschwunden.

Lage: Steiermark/Graz-Umgebung – ca. 5 km südöstlich von Graz

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


22.03.2003