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Laudon (Hadersdorf)


Hadersdorf dürfte im 11. Jh. entstanden sein. Der Name „Schloss Laudon“ stammt erst aus dem 20. Jh. Erstmals genannt wird es zu Beginn des 12. Jh. in einer Urkunde, in der Gerunc und Bertold de Hedrichesdorf als Zeugen auftreten. Erst 1229 begegnet man mit den Brüdern Heinrich und Ulrich wieder einer Familie, die sich nach Hadersdorf nannte. Die erste Veste war jedoch noch kein Wasserschloss, sondern eher eine befestigte Mautstelle. Bald danach dürfte die Herrschaft an die Landesfürsten übergegangen sein, die Hadersdorf zu einem Jagdschloss ausbauten. Bis in das 16. Jahrhundert hinein war es Amtssitz des Waldmeisters für den Wienerwald. 1529 wurde dieser nach Purkersdorf verlegt. Nach der ersten Türkenbelagerung Wiens im gleichen Jahr, bei der das Schloss schwer beschädigt wurde, dürfte es an Nikolaus Piti, dem Inhaber der Hofmark Weidlingau, verpfändet worden sein. Er erneuerte das Gebäude im Renaissancestil, gab es aber der Hofkammer zehn Jahre später wieder zurück, da sein Plan, hier eine große Glasfabrik zu errichten, offenbar nicht von Erfolg gekrönt war. Ab 1551 war Andreas von Teuffenbach, Landesverweser der Steiermark und Waldmeister in Österreich, Herr in Hadersdorf. Er baute den Ansitz weiter aus. Sein Sohn David, ein eifriger Protestant wie sein Vater, verkaufte das Schloss 1588 an Sigmund von Hohenburg zu Pranckh. Nach einigem Besitzerwechsel erwarb Kaiserin Eleonore, die zweite Gattin Kaiser Ferdinands III, Hadersdorf. Sie stattete den Park mit Springbrunnen aus und ließ den Pavillon auf der kleinen Insel im erweiterten Wassergraben anlegen. Von ihren Erben kam der Besitz 1678 an den Pfalz-Neuburgischen Residenten in Wien, Andreas Schellerer. Er war es, der das Gebäude, das 1683 bei der zweiten Türkenbelagerung offenbar nicht so stark gelitten hatte wie 1529, als barockes Wasserschloss inmitten schöner Gärten um 1689 in seine heutige Form brachte. 1708 verbrachte hier die Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig die letzten zwei Tage vor ihrer Heirat mit Kaiser Karl VI. Bis 1775 verblieb die Herrschaft im Besitz der späteren Freiherren von Schellerer.

Danach kaufte Feldzeugmeister Ernst Gideon Freiherr von Laudon mit kräftiger finanzieller Unterstützung durch Kaiserin Maria Theresia das Schloss. Der aus Livland stammende Laudon war 1744 in ihre Dienste getreten und hatte vorerst unter dem berüchtigten Pandurenoberst Franz von der Trenck gedient. Später zeichnete er sich als Feldherr an verschiedenen Kriegsschauplätzen aus. So hatte er den preußischen König Friedrich II 1759 in der Schlacht von Kunersdorf geschlagen und die Türken 1789 aus Belgrad vertrieben. Laudon galt auch als großer Förderer von Kunst und Wissenschaft. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er hier im Schloss, wo er als Landwirt tätig war. 1790 starb er ohne direkte Nachkommen. Seine Witwe Klara lebte noch bis 1806 im Schloss. Hadersdorf blieb bis in das 20. Jh. hinein bei der Familie des Bruders des Feldmarschalls. Erst als diese sich nach dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie auf ihr Gut Bistritz in Mähren zurückzog, wurde Schloss Laudon 1925 an den Großindustriellen Dr. Otto Pollak Edler von Parnegg verkauft. Dieser wurde nach 1938 in ein Konzentrationslager verbracht, wo er verstarb. Das Schloss diente nach 1945 zehn Jahre lang als russische Kommandantur. Erstaunlicherweise war danach das alte Mobiliar noch zu einem großen Teil vorhanden. Es wurde nach der Rückgabe an die Erben des letzten rechtmäßigen Besitzers versteigert und das leere Gebäude 1960 an die Wiener Erzdiözese verkauft, die es noch im gleichen Jahr an den Kaffeeimporteur Konsul Alfred Weiß weitergab. Er ließ das bereits verwahrloste Schloss renovieren, stilgerecht einrichten und in ein Luxushotel umwandeln. 1976 wurde es an die Republik Österreich langfristig verpachtet, die hier eine Verwaltungsakademie betreibt. Nach dem Tod von Konsul Weiß erbte seine Tochter Eva Wieser das Schloss. Die Anlage ist bestens gepflegt. Die Beletage kann für Tagungen, Empfänge und sonstige Festlichkeiten gemietet werden. In der äußeren Toranlage befindet sich ein Restaurant.

Das spätbarocke Schloss ist an drei Seiten von einem Teich bzw. von Wassergräben umgeben, die vom benachbarten Mauerbach gespeist werden. Es ist das einzige Wasserschloss Wiens. Zur Mauerbachstraße hin sperrt eine monumentale übergiebelte Toranlage aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. die Zufahrt. Über eine bewehrte Brücke gelangt man in den Ehrenhof. Ihr Torbau lässt das spätmittelalterliche Vorwerk noch gut erkennen. Der Innenhof wird an drei Seiten vom repräsentativen Hauptbau und den niedrigeren Wirtschaftsgebäuden eingefasst. Der Hauptbau besteht aus einem geböschten Erdgeschoß, einem hohen ersten Stock und einem Mansardengeschoß. Sein Dach wurde 1962/63 verändert. Die Anlage wird von zwei seitlichen Rundtürmen flankiert. Jenseits des Wassergrabens liegen weitere einstöckigen Nebengebäude. Zwei hintereinanderliegende Vestibüle führen in das Innere des Hauptgebäudes. Das hofseitige Vestibül weist an den Ecken Rundbogennischen mit Statuen der vier Erdteile auf. Nordöstlich schließt das Jagdzimmer an. Seine Spiegeldecke ist mit Malereien geschmückt, die jagdbare Tiere in zarten Blattrankenbordüren zeigen. Ostseitig liegt die Feststiege. Im ersten Stock ist der Festsaal besonders bemerkenswert. Seine um 1770 entstandenen Fresken sind ein Werk des Barockmalers Johann Baptist Wenzel Bergl. Sie stammen aus dem Schloss Donaudorf, das bei der Errichtung des Kraftwerkes Ybbs-Persenbeug überflutet wurde. Die 1963 hierher transferierten Fresken stellen Szenen aus der exotischen Flora und Fauna der damals bekannten vier Kontinente dar. Nordöstlich liegt das sog. Sisi-Zimmer. Es wurde um 1800 im Empirestil mit einer stuckierten Flachdecke und Grisaillemalereien in den Supraporten und über den Fenstern ausgestattet. Seinen Namen hat es von einem Gemälde der Kaiserin Elisabeth. In der Mittelachse des Hauptgebäudes liegt die Bibliothek Laudons aus der Zeit um 1780. Es handelt sich dabei um den einzigen original erhaltenen klassizistischen Bibliotheksraum Wiens. Die Wände sowie die Kastentüren sind mit Grisaillemalereien verziert. Als ausführender Künstler wird Josef Pichler vermutet. Leider wurden die Bücher gemeinsam mit dem Archiv 1925 in das mährische Schloss Bistritz der Familie Laudon transferiert, wo sie seit 1945 verschollen sind. Im zum Teich erweiterten Wassergraben liegt auf einer winzigen Insel ein kleines Salettl, das schon auf dem Stich Vischers von 1672 zu sehen ist. Es wurde von Konsul Weiß erneuert. An das Wasserschloss schließt ein großer Park an. In ihm wachsen seltene alte Bäume, die noch auf den einstigen botanischen Garten Laudons zurückgehen. In der Literatur wird auch ein Tiergarten erwähnt. Zwei noch erhaltene überlebensgroße Wildschweinfiguren bildeten den Zugang dazu. An den Feldherrn erinnert auch das unweit vom Schloss am Waldrand liegende sog. „Laudongrab“, ein klassizistischer Sarkophag von Franz Anton Zauner. Laudon beabsichtigte ursprünglich, sich aus türkischen Spolien, die er 1789 von der Eroberung Belgrads mitgebracht hatte, ein Grabmal nach türkischer Art erbauen zu lassen. Seine Witwe ließ jedoch 1791 den Sarkophag errichten. Er ist aber leer. Die Spolien wurden Ende des 19. Jh. gesondert aufgestellt.

Ort/Adresse: 1140 Wien, Mauerbachstraße 43

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


10.03.2003