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Sonnegg


Das bescheidene Schlösschen, das in der Steiermark auch unter dem Namen „Buchenschlössl“ bekannt ist, liegt östlich vom Kreuzeck auf einem nach Südosten abfallenden Steilhang zwischen dem Söding- und dem Liebochtal. Es ist ein relativ kleiner steirischer Ansitz, der ab dem 17. Jahrhundert meist landwirtschaftlich von verschiedenen Grazer Bürgerfamilien genutzt wurde und keinerlei historische oder kunstgeschichtliche Bedeutung hatte. Bis zu seiner „Regotisierung“ war Sonnegg ein langgestreckter eingeschossiger Bau, wie die meisten Bauernhöfe der Oststeiermark. Dies änderte sich erst 1884, als es Josef Kaiser erwarb. Er gab ihm sein heutiges neugotisches Aussehen, das bei manchen Hausbesuchern ein hohes Alter bzw. eine adelige Vergangenheit suggerieren sollte. Vor seiner Zufahrt stehen einige Sandsteinfiguren, die im 19. Jahrhundert das Grazer Rathaus schmückten. Als dieses 1888 abgebrochen und durch einen Neubau im damaligen Zeitgeschmack ersetzt wurde, der bis heute den Grazer Hauptplatz dominiert, wurden die Statuen demontiert und verkauft. Im späteren 19. Jahrhundert war der Historismus bei Neu- und Umbauten der beliebteste Architekturstil. Durch das Hinzufügen einzelner Bauteile konnte man bei vielen Zeitgenossen kostengünstig den Eindruck erwecken, vor einem historischen Bauwerk zu stehen. Dies ist bei Sonnegg durchaus der Fall – allerdings nur auf den ersten Blick. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass die dünnen Mauern des Turmes wohl einem feindlichen Angriff kaum standhalten hätten können. Es handelt sich dabei um einen einfachen Treppenturm mit viel zu vielen Fenstern, der für eine Verteidigung unbrauchbar gewesen wäre. Das gleiche gilt für die zahlreichen modernen Fenster am Hauptgebäude. Das Haus war wohl nur durch einen einfachen Wehrgraben gesichert, der aber längst zugeschüttet worden ist. Für einen Angreifer hätte es wohl auch keinen Grund für eine längere Belagerung gegeben, umso mehr als auch im Inneren keine Schätze zu erwarten waren. Das Schlössl war ursprünglich wohl eher ein mittlerer Bauernhof ohne große Anreize.

Immerhin wird es schon im 14. Jahrhundert als leicht befestigter Edelsitz der Familie Ligister erwähnt. Diese gehörte damals zum lokalen Adel der Weststeiermark. Urkundlich scheint das heutige Sonnegg 1404 als „Ligaster Hof unter dem Sunnek“, wie der Kreuzkogel damals genannt wurde, auf. 1445 gehörte der Hof Friedrich Lubgaster. Bald danach gelangte er an die in der Steiermark stark verzweigte Familie Saurau, von der einige Mitglieder hier lebten. 1592 sollte laut dem Testament der Marusch von Neuhaus das Puchhaus (Berghaus) mit drei Weingärten wegen hoher Schulden verkauft werden. Jedenfalls gelangte der Ansitz gegen Ende des 16. Jahrhunderts in den Besitz von Lorenz Weser, auf den dessen Sohn und dann Anna Maria von Prank folgten. Nächster Eigentümer wurde die Familie Wottgo, doch verkaufte Maria Benigna von Wottgo das „Stöckhl Sonnegg“ dem Christian Völkher, der als Vormund der minderjährigen Wottgoschen Erben fungierte. Merkwürdigerweise finden sich keine brauchbaren Abbildungen aus dem 17. Jahrhundert, obwohl damals zwei bekannte Kartographen die meisten Steirischen Burgen und Schlösser abbildeten. Es gibt zwar den wunderschönen Stich von Matthäus Merian (um 1650), der ein prächtiges, vielteiliges Schloss auf einem Berggipfel zeigt, dass mit Sonnegg bezeichnet ist, doch kann es sich dabei wohl kaum um unser Sonnegg handeln, da die damaligen Eigentümer nicht über das notwendige Kapital zu seiner Erbauung und Unterhaltung verfügten. Vermutlich hat es Merian mit einer Burg gleichen Namens verwechselt, die in Kärnten lag, aber schon lange nicht mehr existiert. 1951 erwarb Eduard Payer den Ansitz und machte ihn zum Hauptsitz der Payer Group, die bis heute für die Produktion von elektrischen Rasierapparaten bekannt ist. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ging die Payer Group in malaysischen Besitz über. Ihr Hauptsitz und das Technologiezentrum blieben jedoch bis heute in St. Bartolomä. 2016 wurde das Gebäude umfassend restauriert.

Lage: 8113 St. Bartholomä/Reiteregg

Besichtigung: nur von außen möglich

04.03.2022