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Dürnstein - Schloss


Wer den Stadtplan von Dürnstein betrachtet, erkennt sofort, dass der Ort planmäßig angelegt und ausgebaut wurde. Das durch die Lage zwischen den benachbarten Berghängen und dem Steilabfall zur Donau gelegene enge Stadtgebiet wird durch die Ortsstraße zweigeteilt. Die Repräsentationsbauten, wie Kirche, Klöster und Schloss liegen südlich des Stadtkernes oberhalb des Donauufers, während die kleinen Häuser der Stadtbürger und Weinbauern sich am Fuß des Hügels nördlich der Hauptstraße drängen. Die Verteidigung der Stadt war ursprünglich Aufgabe der Burg hoch über der Stadt. Beide waren durch eine heute zum Teil noch gut erhaltene Stadtmauer miteinander verbunden. Als das Schloss im 17. Jahrhundert errichtet wurde, hatte es schon lange keine militärischen Aufgaben mehr. Mit seinen Nebengebäuden nimmt es aber heute noch einen großen Teil des städtischen Donauufers ein. . Durch seine Höhenlage am Schlossfelsen war es aber vor Überschwemmungen und räuberischen Überfällen hinreichend geschützt. Zwischen 1158 und 1488 lebte in Dürnstein eine ritterliche Familie, die zu den Gefolgsleuten der Kuenringer gehörte. Sie nannte sich „von Dürnstein“, aber auch zeitweise „von Spitz“. 1158 wird als erster dieser Familie ein Gotschalcho de Diernstein urkundlich erwähnt. Ein Perhart de Dirnstain wird in den Jahren 1196/97 als Schlossherr genannt. Danach wurde die Herrschaft bis ins Jahr 1200 von Gottfried und Dietrich von Tirensteine geführt. Auf diese folgte Perhardus de Tirenstein bis 1250/60. Ob dieser nur Pfleger oder Pfandinhaber war, ist urkundlich nicht gesichert. Nach dem Aussterben der Kuenringer wurden die Dürnsteiner Ministeriale der Landesherren. Mehrere Familienmitglieder wurden Landrichter in Österreich. Nachdem sie auf die Osterburg bei Haunoldstein übersiedelt waren, gelangte ihr festes Haus in den Besitz der Maissauer und wurde „Maissauer Hof“ genannt. Er diente meist den Pfandinhabern und Pflegern der Herrschaft Dürnstein als Wohnung, da die Bergfeste nur einen sehr bescheidenen Wohnkomfort bieten konnte. Die Herren von Kuenring besaßen außer der Burg in Dürnstein mehrere Wirtschaftshöfe, die der Produktion und Vermarktung des damals schon sehr beliebten Wachauer Weines dienten. Mehreren Nachrichten aus dem 14. Jahrhundert zufolge ließ Elsbeth eine Cousine des Leutold III von Kuenring-Dürnstein und Witwe des Eberhard von Wallsee hier im „Kunring Hof zu Tyrnstein“ 1371/72 eine Marienkapelle errichten, die 1402 umgebaut wurde. Sie dürfte aber nicht auf dem Areal des späteren Schlosses gelegen sein, da sie in das 1410 errichtete Chorherrenstift integriert wurde. Stift und Kapelle fielen 1788 den rigorosen Sparmaßnahmen Kaiser Josefs II zum Opfer und wurden aufgelassen.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts glaubte man nicht mehr daran, dass die über der Stadt gelegene Burg als alleiniger Schutz ausreichend sei. 1629 übernahm Christoph Wilhelm von Zelking die Herrschaft Dürnstein. Unmittelbar danach kaufte er zehn benachbarte Häuser, ließ sie abreißen und begann mit dem Bau eines neuen Schlosses, das die Nordwestecke des Ortes sichern sollte. Als Baumeister werden italienische Fachleute vermutet, die damals in Mitteleuropa häufig ihre Dienste angeboten hatten. Ob Cypriano Biasino, der in Krems die Pfarrkirche und in Göttweig am Stift gebaut hatte, auch am Bau des Dürnsteiner Schlosses beteiligt war, ist nicht sicher erwiesen. Die bereits ruinöse Burg hoch über der Donau hatte ihre militärische Bedeutung längst verloren. Dies zeigte sich bereits 1645, als die Schweden Dürnstein plünderten und die Burg niederbrannten. Nachdem die Herrschaft 1634 durch Heirat der Anna Apollonia von Zelking an Heinrich von Zinzendorf übergegangen war, führte dieser die Ausbauarbeiten fort, bis sie schließlich unter Otto von Zinzendorf vollendet wurden. Die Zinzendorfer waren eine alte niederösterreichische Adelsfamilie, die im 16. und 17. Jahrhundert protestantisch gesinnt war und im Zuge der Gegenreformation das Land verlassen mussten. 1663 wurde Dürnstein von Konrad Balthasar Graf Starhemberg erworben, der am katholischen Glauben festgehalten hatte. Schloss und Herrschaft verblieben bei seinen Nachkommen bis 1936. In diesem Jahr war Fürst Ernst Rüdiger von Starhemberg Besitzer des großen Weingutes. Er verkaufte es an die neu gegründete Winzergenossenschaft „Wachau“. In den folgenden Jahren wurde das Gebäude modernisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg erwarb Raimund Thiery, der Besitzer des Gasthofes Richard Löwenherz, das Schloss und wandelte es in ein Fünf-Stern-Schlosshotel um. Zu den umfangreichen Veränderungen ab 1975 gehörte auch die Verbauung und Überdachung des Innenhofes. Die großzügige Hotelanlage befindet sich nach wie vor in Familienbesitz. Die deutlich höher gelegene malerische Burgruine gehört mit den umliegenden Wäldern der Familie Starhemberg. Von den mittelalterlichen Vorgängerbauten des Schlosses hat sich kein aufgehendes Mauerwerk erhalten.

Der mächtige Renaissancebau liegt auf einem zwischen der einstigen Durchzugsstraße und der Donau gelegenen Felssporn, der steil bzw. sogar stellenweise senkrecht zum Fluss hin abfällt. Seine Adresse „Dürnstein Nr. 2“ weist schon darauf hin, dass es sich bei dem Gebäude um einen prominenten Wohnsitz handelt. Das ehemalige Schloss – ein dreigeschossiger Vierflügelbau - dient heute als standesgemäße Bleibe für internationale Gäste, die von hier aus in Ruhe den Schiffsverkehr auf der Donau betrachten können. Der Fernverkehr wird schon seit 1958 durch eine Untertunnelung von den historischen Fassaden der Altstadt fern gehalten. Zwei Türme erinnern noch an eine gewisse Wehrhaftigkeit, als man Türken und Schweden nicht trauen konnte. Die Anlage ist um einen quadratischen Hof konzipiert. Das kubische Hauptgebäude weist an allen vier Fronten je sieben Fensterachsen auf. Es ist von zwei symmetrisch angelegten kleineren Bauten – im Westen vom Torbau, der mit dem Pflegerhaus verbunden ist und im Osten von einem Pavillon – flankiert. Beide Nebengebäude haben je zwei Fensterachsen. Die spätmanieristischen Fassaden des dreigeschossigen Hauptgebäudes sind kräftig rustiziert. Auf dem hohen, gebänderten Sockelgeschoß sitzen an Stelle von Pilastern rustizierte Lisenen, die das Haupt- mit dem Dachgeschoß verbinden. Diamantquader zieren die Parapete der Fenster. Bemerkenswert sind die wuchtigen Keilsteine der Fensterumrahmungen. Die Fassaden zeigen an jeder Front einen anderen Rhythmus. An der Nordfront liegt die Verdoppelung der Lisenen nahe der Mitte, an der Ost- und Westfassade bei den Ecken. Die Gebäudemitte wird hier durch Doppelfenster betont. Im Süden findet sich eine einfache Reihung der Fenster. Statt der Doppellisenen sind die hier einfachen Lisenen dafür doppelt so stark. Das äußere Portal des Torbaues ist mit kräftigen Rustikabändern, die über die seitlichen Pilaster hinweggehen und in den Rundbogen der Toröffnung hineinragen, geziert. Über dem Gebälk ist die Jahreszahl 1630 zu erkennen. Sie erinnert an die Errichtung des Gebäudes durch die Herren von Zelking. Das eigentliche Schlossportal ist wesentlich zierlicher. Kannelierte Pilaster stehen auf hohen Sockeln, der Architrav ist im Sinne der Renaissance mit Triglyphen geschmückt. Die Innenräume besitzen weit gezogene muldenartige Gewölbe mit Stichkappen. Im Erdgeschoß findet man vorwiegend Kreuzgrate, in den Repräsentationsräumen aber rechteckige, mit Rahmen versehene Spiegeldecken, die wohl zur Aufnahme von Gemälden oder Fresken bestimmt waren. In einem Raum hat sich ein Grisaille-Deckengemälde aus der Bauzeit erhalten. Im obersten Geschoß wurden einfache Holzbalkendecken eingezogen. Zwei repräsentative Stiegenhäuser sind in der Nordost- und der Südwestecke angeordnet. Auf hohen Podesten stehen schlanke toskanische Säulen, zwischen denen sich ein Zierbalustergitter spannt. Sie tragen die Treppenläufe. Unter dem Schloss befinden sich tiefe, in den Fels gehauene Kellerräume.

Lage: an der westlichen Stadteinfahrt

Ort/Adresse: 3601 Dürnstein, Niederösterreich, Dürnstein 2

Besichtigung: nur im Rahmen des Hotelbetriebes möglich


Weitere Literatur:


27.09.2021