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Hartberg - Schloss Paar


Als im 12. Jahrhundert in der Oststeiermark zur Grenzsicherung eine Reihe von Wehrbauten entstanden, errichteten die Traungauer Markgrafen im Auftrag des Landesfürsten am höchsten Punkt der heutigen Stadt Hartberg eine Burg, die 1147 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Markgraf Leopold I erbaute aber nicht nur das Feste Haus sondern auch die Stadt. Zur Burg gehörten auch die Johanniskapelle sowie ein Meierhof und eine Mühle. Um sie entwickelte sich bald eine Siedlung, die zur Keimzelle der heutigen Stadt wurde. Burg und Stadt wurden zu einer fortifikatorischen Einheit. Die Burg Hartberg liegt etwa 8 km hinter der mittelalterlichen Reichsgrenze zu Ungarn. Strategisch gesehen war ihre Lage gut geplant. Sie diente als Sammelpunkt für Angriffe gegen den damaligen Erbfeind und als Bollwerk gegen die im späteren Mittelalter häufigen Einfälle von Heiducken und türkischen Streifscharen. Gleichzeitig war die Stadt eine wichtige Versorgungsbasis für die Besiedlung der Oststeiermark. Die Planungen zum Ausbau reichten bis zur Einrichtung eines eigenen Bistums, das aber 1218 in Seckau installiert wurde. Die Stadt war jedenfalls gut befestigt, so dass sie 1252/53 eine Belagerung durch ungarische Truppen aussitzen konnte. Der Markgraf setzte als ersten Burggrafen seinen Ministerialen Rüdiger eine, der sich bald nach Hartberg nannte. Die Burg war von Anfang an landesfürstlich. Der 1287 erwähnte Otto von Hartberg erwarb die Burg Herberstein und wurde zum Ahnherrn der gleichnamigen Familie, der noch heute Schloss Herberstein gehört. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts verpfändete der Landesfürst Burg und Stadt Hartberg an die Herren von Stubenberg, die eigene Vasallen als Burggrafen einsetzten. 1319 gehörte Hartberg als Pfandherrschaft dem Pilgrim von Puchheim, doch befand es sich 1389 neuerlich bei den Stubenbergern. Danach wurde es wieder landesfürstlich. Zu den eingesetzten Burggrafen zählten nun wieder die Herbersteiner. Das 15. Jahrhundert war keine friedliche Zeit für die Burgherren. Bereits 1411 fielen die Ungarn in der Oststeiermark ein und eroberten auch Stadt und Burg Hartberg. 1436 erhielten Albrecht, Hans und Jörg von Neuberg die Herrschaft als Leibgedinge. Während der Baumkirchner Fehde überfiel Andreas Baumkircher 1469 Hartberg und verschleppte den damaligen Burgpfleger Anton von Herberstein nach Schlaining, wo er bei einem Unfall ums Leben kam. 1470 wurde Graf Wilhelm von Tierstein von Kaiser Friedrich III mit der Verwaltung von Hartberg belehnt. Allerdings waren zu dieser Zeit sowohl Burg als auch Stadt von den Truppen Baumkirchers besetzt. Graf Tierstein musste sie zuerst von dort vertreiben, was ihm auch gelang.

1478 war Friedrich von Herberstein Pfleger der Herrschaft Hartberg. Die Stadt war zuvor von den Söldnern des Andreas Baumkircher weitgehend vernichtet worden, so dass Kaiser Friedrich III versprach, dass jedermann hier bauen dürfte, ohne für den Baugrund bezahlen zu müssen. Als Matthias Corvinus 1487 Hartberg erobert hatte, verlieh er Stadt und Burg an Andreas Baumkirchers Sohn Wilhelm. Dieser behielt beides bis zur Rückeroberung durch Maximilian I im Jahr 1490. Hartberg blieb nun bis 1529 im Besitz des Landesfürsten, bis es Kaiser Ferdinand I an den damaligen Landeshauptmann Siegmund von Dietrichstein verkaufte. Dessen Neffe Adam übergab die Herrschaft 1568 an seinen Verwalter Caspar Puggl zur Nutzung. Dieser ließ die Burg renovieren und bewohnte sie auch. 1571 übernahm der Hofpost- und Quartiermeister Johann Baptist von Paar den Besitz. Die heute noch in Österreich und der Schweiz lebende Familie Paar kam ursprünglich aus Italien, wo sie 1450 mit Zeno Scurino, genannt Paar, erstmals urkundlich aufscheint. Ihr Aufstieg in Österreich begann 1560 mit Peter Joseph Paar, der Oberpostmeister in Pressburg war und dort in den ungarischen Adelsstand erhoben wurde. Erzherzog Karl II ernannte ihn zum Postmeister von Innerösterreich. 1571 erwarb er die Herrschaft Hartberg. Sein Sohn Johann Christoph kaufte 1590 den Krottenhof in Graz. 1606 wurde die Familie in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Johann Christoph war 1622 bereits kaiserlicher Kämmerer, als er mit dem Hofpostamt die Niederösterreichische Landespost übernahm, wodurch das Innerösterreichische und das Niederösterreichische Postwesen zusammengelegt wurden. 1624 wurde er auch mit dem Postwesen in Böhmen und Mähren belehnt. Als 1629 Julius Freiherr von Paar auch das Oberhofpostmeisteramt von Ungarn erhielt, war fast der gesamte Postbetrieb der Monarchie in seinen Händen vereint. Lediglich der Postbetrieb in Tirol blieb bei seinem europäischen Hauptkonkurrenten, der deutschen Familie Thurn & Taxis. Wie mehrere familieneigene Schlösser und Palais in Wien, Graz, Hartberg, Oberösterreich und Böhmen zeigen, dürfte das Postwesen bereits ein einträgliches Geschäft gewesen sein.

Johann Baptist von Paar hatte bereits zwischen 1576 und 1584 die Burg zu einem dreigeschossigen Renaissanceschloss umgebaut. Die Familie Paar hatte sich nicht nur mit der Modernisierung des österreichischen Postwesens sondern auch militärisch nützlich gemacht und mehrere hohe Offiziere hervorgebracht. 1624 bekam der geheime Rat, Kämmerer und Generaloberst an der kroatischen Grenze, Rudolf Freiherr von Paar, die bisher als Pfand innegehabte Herrschaft Hartberg als freies Eigen übertragen. 1626 wurde sie in einen Fideikommiß eingebracht. Da die Bürger der Stadt vorwiegend protestantisch gesinnt waren, der Herrschaftsinhaber aber katholisch geblieben war, kam es immer wieder zu Problemen, die schließlich Erzherzog Karl vorgelegt wurden, was aber der Bürgerschaft keinen Erfolg brachte. Sogar als einige Diener des Rudolf von Paar den Stadtschreiber Hans Praßl erschlugen, führte dies zu keinen Konsequenzen. Beim Heiduckeneinfall von 1605 wurden die vor den Stadtmauern liegenden Gehöfte niedergebrannt. Stadt und Burg blieben aber weitgehend verschont. Obersthofpostmeister Hans Christoph Freiherr von Paar geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. 1634 wurde die Herrschaft gepfändet und Hans Albrecht von Herberstein zugesprochen. Nach einer neuerlichen Pfändung übernahm Landeshauptmann Karl Graf Saurau 1641 den Besitz, bis ihn 1682 Georg Adam Graf Lengheim kaufte. Er ließ das Schloss erweitern und anstelle des Meierhofes ein Amtshaus errichten. 1756 gelang es der Familie Paar, die Herrschaft wieder zu erwerben. Mit der Erhebung der bisherigen Grafen Paar in den Fürstenstand hatten diese 1769 ihren gesellschaftlichen Zenit erreicht. Sie wohnten aber nun vorwiegend in ihrem Wiener Palais und ließen Hartberg in der Obhut von Verwaltern. Nach Aufhebung der Grundherrschaft bot Karl Fürst Paar 1850 den Hartberger Besitz der Stadt zum Kauf an, doch kam dieser nicht zustande, da ihr der Kaufpreis zu hoch war. Nachdem die Familie Paar 1937 ihr Wiener Palais verkauft und bis 1945 ihre böhmischen Besitzungen verloren hatte, veräußerte sie 1981 das bereits stark vernachlässigte Schloss samt einigem Grundbesitz an die Stadtgemeinde. Nach einer umfassenden Renovierung wurde es an die Stadtsparkasse vermietet. Es dient nun vor allem als Bildungszentrum. Ein in letzter Zeit geplanter Verkauf kam nicht zustande. Einzelne Räume können aber für Veranstaltungen gebucht werden.

Schloss Paar liegt in der Nordwestecke der Altstadt. Das einstige Burgareal umfasste bei seiner Bebauung eine Fläche von 330 x450 m². Es ist heute ein Teil des Stadtparks. Es war so weitläufig, da sich hier im 16. und 17. Jahrhundert meist viele Soldaten bzw. Landsknechte aufhielten. Hartberg spielte damals eine zentrale Rolle in der Verteidigung der Oststeiermark und des Grazer Raumes. Die Burg hatte die Stadt an ihrer höchsten Stelle zu schützen. Aus diesem Grund war sie selbst durch einen eigenen Graben und eine eigene Wehrmauer befestigt, aber auch in die Stadtmauer integriert. Der Zugang zum Burgareal erfolgt durch ein breites rundbogiges Portal, das 1589 errichtet wurde und mit zwei Löwen und zwei Wappen geschmückt ist. Von den mittelalterlichen Wehrbauten haben sich nur spärliche Reste erhalten. Der heutige Bau stammt vorwiegend aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die einstige landesfürstliche Burg war eine kastellartige Anlage mit vier Ecktürmen. Beim Umbau zum Schloss in der Renaissancezeit wurden alle Türme abgetragen. Dieser „Modernisierung“ fiel auch der an seinen Kanten durch Buckelquader verstärkte Bergfried zum Opfer. Seine genaue Lage war durch Schutt und Erdanhäufungen jahrhundertelang verborgen. Die Grundmauern des etwa 10 x 11 Meter messenden Turmes wurden erst bei archäologischen Grabungen 1961/62 aufgedeckt. Die aufgehenden Mauern waren bis zu drei Meter stark. Sein Inneres war mit ca. 25 Quadratmetern relativ geräumig. Er diente nicht nur als Bergfried der Burg sondern auch als wichtigster Eckturm der Stadtbefestigung. Der stadtseitige Eckturm war mit Längsseiten von ca. 8 m und einer Mauerstärke von 1,5 m etwas schwächer. Immerhin wies er mindestens 4 Geschoße auf. Von der ursprünglich landesfürstlichen Burg steht nur mehr der dreigeschossige Palas mit seinem Spitzbogentor. Sein nördlicher Teil stammt noch aus dem Mittelalter. Der hofseitige Außenaufgang mit Erker und Renaissance-Biforenfenster ist mit 1576 bezeichnet. Im zweiten Obergeschoß liegt ein großer Saal mit einem steinernen Renaissancekamin und dem Doppelwappen Paar-Haim. Die letzten Reste seiner einstigen Bemalung wurden erst bei der letzten großen Restaurierung übertüncht. Der Saal ist heute modern eingerichtet und wird gerne für Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen genutzt. Wie üblich, aber fälschlich, wird er als Rittersaal bezeichnet. Der gegen Norden vorgeschobene, östlich anschließende Trakt ist im Kern mittelalterlich, wurde aber im vierten Viertel des 16. Jahrhunderts umgebaut. Aus derselben Bauphase stammt die Außenmauer des im rechten Winkel angefügten zweigeschossigen Ostflügels, der jedoch erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgebaut wurde. Er hat hofseitig zweigeschossige Arkaden mit Pfeilern im Erdgeschoß und zarten Säulen im Obergeschoß. Die Bögen sind heute verglast. Diese Verglasung ist klimabedingt und wohl nötig, aber ansonsten eher störend. Im ersten Stock wurden 1958 barocke Wappenmalereien des 17. Jahrhunderts freigelegt. Die am Parktor zur Herrengasse angebrachte Inschrifttafel des Johann Baptist von Paar und seiner Gemahlin Afra, geborene Haim, mit den Jahreszahlen 1584 und 1598 stammt aus der abgebrochenen Schlosskapelle. Reste frühmittelalterlicher Wehrbauten am benachbarten Annenkogel könnten zum Teil noch aus dem 11. Jahrhundert stammen.

Ort/Adresse: 8230 Hartberg

Besichtigung: von außen jederzeit möglich, das Innere ist meist nur bei Führungen oder öffentlichen Veranstaltungen zugänglich


Weitere Literatur:


20.07.2021