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Frohsdorf


Der ursprüngliche Name des Ortes war Krottendorf. Die Bezeichnung Krottenhof bezog sich auf einen hier befindlichen Gutshof, was wohl auf einen eher sumpfigen Boden hinweist. Der Name scheint erstmals 1158 in einer Urkunde des Grafen Eckbert III von Formbach-Pitten auf. Dieser beauftragte damals seinen Ministerialen Siegfried von Kranichberg im Falle seines Todes seine Güter um Chrotendorf dem Stift Göttweig zu überschreiben. Tatsächlich fiel er bald darauf im Verlauf eines Feldzuges des Kaisers Friedrich Barbarossas bei der Belagerung von Mailand, worauf das heutige Frohsdorf in den Besitz des Klosters kam. Der Abt von Göttweig belehnte seinerseits seine Ministerialen Ortibus von Chrottendorf (1220) und Rudolf von Krottendorf (1353) mit der Verwaltung des Gutes. Die sich im 13. und 14. Jahrhundert nach Chrotendorf nennenden Kleinadeligen dürften ursprünglich zu den Gefolgsleuten der Herren von Kranichberg gehört haben. Später wurde die Bezeichnung der Herrschaft von Krottendorf auf Froschdorf „verbessert“. Das unverfängliche Frohsdorf kam erst unter den Bourbonen im 19. Jahrhundert auf. Die Geschichte des Schlosses geht bis auf die Mitte des 14. Jahrhunderts zurück. Damals stand hier ein Wirtschaftshof. Er war mit Palisaden, einem tiefen Graben und Spanischen Reitern notdürftig gesichert, hätte aber einer ernstlichen Belagerung kaum widerstehen können, da seine Bewohner kaum über Waffen oder Munition verfügten. Damals lebte hier Rudolf Klingenfurter, der zeitweise als Raubritter galt. Da seine Verwandten die benachbarte Herrschaft Lanzenkirchen besaßen, dürfte es sich bei ihm wohl eher um einen sog. Fehde-Ritter gehandelt haben, der sein Recht wegen der mangelnden Unterstützung durch den Landesherrn und dem Fehlen einer neutralen Gerichtsbarkeit auch mit Gewalt durchsetzen wollte. 1359 war er den Bürgern von Wiener Neustadt bereits so lästig geworden, dass er schließlich des Landes verwiesen wurde. 1380 wurde der Stadtrichter von Wiener Neustadt, Hans von Pottschach, mit dem Krottenhof belehnt. Um 1418 hielt Ulrich von Potschach das landesfürstliche Lehen. 1487 fiel der damalige Lehensinhaber Gothart Vynndorfer, als die Truppen Matthias Corvinus Wiener Neustadt stürmten während der Kämpfe in der Vorstadt. 1494 gelangte der Hof an den kaiserlichen Rat Lorenz Saurer.

Zwanzig Jahre später verkaufte ihn dieser an Matthäus Teufel. Er verteidigte 1529 die Burg Pitten erfolgreich gegen die Türken, die auf dem Weg nach Wien waren. Sein wohl nur schwach befestigter Krottenhof hingegen wurde niedergebrannt. Bei einem neuerlichen Türkeneinfall konnte er den noch nicht ganz wiederhergestellten Krottenhof erfolgreich verteidigen. Matthäus hatte vier Söhne, die ihn beerbten. Erasmus war kaiserlicher Gespann in Ödenburg. Zwar hatte auch er militärische Erfolge gegen die Türken, doch geriet er 1522 in Gefangenschaft und wurde nach Konstantinopel verschleppt, wo er enthauptet wurde. Christoph von Teufel war der bedeutendste Vertreter seiner Familie. Unter den Kaisern Ferdinand I und Maximilian II wurden ihm hohe militärische und politische Ämter übertragen. Er ließ zwischen 1547 und 1550 an der Stelle des Gutshofes ein bewehrtes Renaissance-Wasserschloss errichten, das sowohl 1556 als auch 1587 den Bewohnern von Kleinwolkersdorf als Zufluchtsort zugewiesen wurde. Das notwendige Kapital für den aufwändigen Um- bzw. Neubau hatte er durch seine Hochzeit mit Susanne von Weißpriach erhalten. Mit ihr war dieses bedeutende Adelsgeschlecht ausgestorben. Als eifriger Protestant scheute er keinen Streit mit den Klöstern und Pfarren der Umgebung. Sein Sohn Johann Christoph von Teufel hingegen nahm den katholischen Glauben an und errichtete die jetzige Schlosskapelle. Er war Hofkammerrat und Burghauptmann von Wiener Neustadt. Zur Verbesserung der Wasserversorgung ließ er im Schlosshof einen mehr als 50 m tiefen Brunnen anlegen. Über seine Schwiegertochter Apollonia, die mit Hans Balthasar Graf Hoyos verheiratet war, kam Frohsdorf 1659 an dessen Familie. Anlässlich eines Besuches von Kaiser Leopold I und seiner Gattin Eleonore Magdalena, die gerade Namenstag hatte, wurde hier 1681 ein großes Fest gefeiert und im Gartentheater die Barockoper „La rivalita nell ossequio“ aufgeführt. Im Türkenjahr 1683 wurde Frohsdorf neuerlich niedergebrannt. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits in keinem verteidigungsfähigen Zustand mehr. Ernst Ludwig Graf Hoyos ließ es zwischen 1706 und 1718 mit großem finanziellem Aufwand, angeblich nach Plänen Fischer von Erlachs, als Barockschloss neu errichten. Das Innere wurde prachtvoll ausgestattet. In der Gemäldesammlung sollen sich auch Bilder von Tizian befunden haben. Spätere Eigentümer aus der Familie Hoyos, die im Waldviertel über mehrere Schlösser verfügte, wohnten nur mehr selten hier und kümmerten sich wenig um die Verwaltung des Gutes, so dass die Erträge stark zurückgingen. 1808 richteten einquartierte französische Soldaten durch Plünderungen größere Schäden an. Johann Ernst war das letzte Mitglied der Familie Hoyos, das im Besitz von Frohsdorf war. Obwohl er bereits Maßnahmen zur Stabilisierung der finanziellen Lage getroffen hatte, war er über ein äußerst großzügiges Kaufangebot nicht unglücklich.

1817 erwarb die jüngste Schwester Napoleons, Caroline Murat, unter dem Pseudonym Gräfin von Lipona (= Napoli) um 400.000 Gulden (nach heutiger Kaufkraft fast € 10 Mio) die Herrschaft, zu der auch Katzelsdorf und Eichbüchl gehörten. Caroline war kurzfristig Königin von Neapel gewesen, aber nach der Erschießung ihres Gatten unter Mitnahme beträchtlichen Vermögens nach Österreich geflohen. Angeblich waren fünf Schiffe notwendig um die mitgenommenen Kostbarkeiten, zu denen auch Werke von Tintoretto und Paolo Veronese gehörten, zu transportieren. Das Schloss erhielt neuerlich eine prunkvolle Innenausstattung. Nach ihrem Tod (1826) kaufte der russische General Ritter Alexander von Yermoloff das Schloss. Sein Sohn Michael verkaufte es 1839 an Peter Ludwig Johann Casimir, Herzog von Blacas d’Aulps, den Haus- und Staatsminister König Ludwigs XVIII. Ihm gehörte auch Schloss Kirchberg am Walde. Ab 1844 scheint Maria Therese Charlotte, Herzogin von Angouleme, als Eigentümerin auf. Sie war eine Tochter Ludwigs XVI und Maria Antoinettes bzw. Enkelin Maria Theresias. Nach der Hinrichtung ihrer Eltern während der Französischen Revolution blieb sie vorerst in französischer Gefangenschaft, bis es Kaiser Franz Franz II (I) auf diplomatischen Weg gelang, sie nach Wien zu holen. Ihr Bruder, der rechtmäßige Thronfolger (Ludwig XVII) verschwand unter mysteriösen Umständen, als er sich in Betreuung eines Gefängniswärters befand. Dies erklärt, warum sich eine französische Königstochter ausgerechnet in Niederösterreich ansiedeln wollte. Übrigens hatte sie zuvor bereits zeitweise in Kirchberg/Walde gelebt. In Österreich nannte sie sich Gräfin Manes. Sie vererbte Frohsdorf ihrem Neffen Heinrich, Herzog von Bordeaux und Graf von Chambord, der ebenfalls hier lebte und von seiner Tante auf eine französische Thronübernahme vorbereitet wurde. Unter ihm erhielt die Schlosskapelle eine völlig neue Innenausstattung. Da zahlreiche königstreue französische Adelige folgten, entwickelte sich hier bald eine französische Kolonie und eine Exilregierung. Zum Teil wohnte der Hofstaat auch in Katzelsdorf und Eichbüchl.

1845 wurde in Frohsdorf das „Neue Haus“ für die immer zahlreicher gewordene Dienerschaft erbaut. Heinrich V, der 1851 die Herrschaft geerbt hatte, wurde nie König von Frankreich, da er sich weigerte, den Eid auf die Verfassung von 1789 und die Trikolore zu leisten. Er verbrachte bis zu seinem Tod 1883 die Sommer in Frohsdorf, während er im Winter seine Besitzungen in Görz bevorzugte. Frohsdorf gehörte weiterhin den Bourbonen bis 1931 Don Jayme von Bourbon, Herzog von Madrid, kinderlos starb. Das Schloss kam an seine Schwester Prinzessin Beatrice de Bourbon-Massimo. Sie verkaufte es 1938 an die Deutsche Reichspost, die in ihm ein Erholungsheim einrichtete. Als Deutsches Eigentum wurde es 1945 von russischen Truppen besetzt und völlig devastiert. Sie zogen erst 1955 wieder ab, nachdem es jahrelang als Lazarett gedient hatte. Danach übernahm die Österreichische Post das Gebäude. 1962 wurde der barocke Landschaftsgarten rekonstruiert. 1970 brannte ein Teil des Dachstuhls durch Blitzschlag ab, doch wurde das Dach danach wiederhergestellt. Da die Anlage praktisch unverkäuflich war, sanierte die Post das Schloss schließlich gründlich und benützte es bis 1996 als Schule und Lehrlingsheim für Fernmeldemonteure. Im Jahr 2004 erwarb Christian Baha, der durch den von ihm gegründeten und verwalteten Hedgefonds „Superfund“ bekannt und reich geworden war, das Schloss. Hedgefonds sind keine „Witwen- und Waisenpapiere“. Ob er sich tatsächlich 2018 von diesen Anlagen getrennt hat, wie er es angekündigt hatte, ist nicht zu eruieren. Das sowohl außen, als auch innen äußerst aufwändig restaurierte Schloss befindet sich derzeit im Besitz einer Immobiliengesellschaft. Seine Luxus-Appartements können gemietet werden. Es wird unter dem Namen „Chateau Petit Versailles“ international vermarktet. Wem die Immobiliengesellschaft gehört ist weitgehend unbekannt. Bei der Restaurierung beschränkte man sich weitgehend auf das Äußere und das wandfeste Innere des Gebäudes. Nachdem die russische Besatzungsmacht bis 1955 Schloss Frohsdorf verlassen hatte, gab es bei der Möblierung nicht mehr viel zu restaurieren. Sie musste im Stil des Barocks erneuert werden. Manche Säle der Beletage sind unmöbliert. Die Wände sind mit modernen großformatigen Fotos geschmückt. Sie eignen sich daher bestens für Kunstausstellungen, aber auch für Feste wie Hochzeiten u. ä.

Das äußerst gepflegte Schloss ist eine einheitliche barocke Anlage um einen ca. 20 x 15 m großen Innenhof. Sie ist von einem trockenen Graben mit gemauerten Wänden umgeben. Dieser wird an der West- und der Nordseite von zwei Brücken aus der Barockzeit überspannt. Eine weitere Brücke an der neunachsigen Ostseite stammt aus den Jahren um 1960. Das Gebäude ist viergeschossig, wobei das Untergeschoß im Graben liegt. In ihm befanden sich früher nur der große Weinkeller und die Schlossküche. Heute sind hier auch alle Versorgungseinheiten, wie Heizung und Lüftung sowie ein geräumiges Hallenschwimmbad untergebracht. Die nach Westen gerichtete dreigeschossige Hauptfront erhält ihr Gepräge durch den fünfachsigen, kaum vorspringenden Mittelrisalit. Seine klassizistische Fassade wird durch weiß gefärbte Riesenpilaster mit phantasievollen Kapitellen vertikal gegliedert. Sie verbinden die großen Fenster des Hauptgeschosses mit den kleinen, nahezu quadratischen des zweiten Stocks. Hier befindet sich auch das Hauptportal des Schlosses. Es besteht aus dem rundbogigen Tor, über dem eine durchbrochene Steinbrüstung einen Balkon andeutet und zwei Fußgängerpforten. Über letzteren beleuchten große, mit Ziergiebeln versehene Rundfenster die dahinter befindliche dreischiffige Einfahrtshalle, durch die man auch in den Innenhof gelangt. Der gesamte Mittelrisalit wird von einem Dreiecksgiebel überspannt, in dem ein Wappenstein mit den drei Lilien der Bourbonen angebracht ist. An den breiten Mittelrisalit schließen zwei zweiachsige Seitenteile an, die wie die Ost- und Südfassaden des Gebäudes durch eine Bänderung lediglich horizontal gegliedert sind. Die Mitte der elfachsigen Südfront wird durch einen halbkreisförmigen Anbau betont. In seinem Obergeschoß befindet sich die Schlosskapelle. Neben einigen Rechteckfenstern weist sie auch hohe Rundbogenfenster auf. Die Kapelle wurde 1613 Johannes dem Täufer geweiht. 2015 fand eine umfangreiche Renovierung statt. In ihr wurde unter der Herzogin von Angouleme der blutbefleckte Spitzenkragen aufbewahrt, den ihr Vater Ludwig XVI bei seiner Hinrichtung getragen hatte. Neben der Kapelle befindet sich das doppelläufige Treppenhaus. Unter ihr liegt die ehemalige Küche. Die elfachsige Nordseite, die sich mit einer monumentalen Freitreppe dem Schlosspark zuwendet, wird von einer Attika abgeschlossen, auf der acht Steinplastiken mythologischer Gestalten stehen. Ihre Fassade hat wie die Westfront eine Riesenpilaster-Ordnung. Das Schloss ist von einem steilen Walmdach bedeckt.

Die geräumige Einfahrtshalle öffnet sich mit drei großen – heute verglasten - Arkaden zum rechteckigen Innenhof. Seine schlichten Fassaden werden durch Bänder rasterartig gegliedert. An seiner Südseite führt ein übergiebeltes Rundbogenportal, das von zwei ebenfalls rundbogigen Fenstern flankiert wird, ins Innere und zur zweistöckigen Schlosskapelle. Einzelne Räume wie der Spiegelsaal erinnern an die einstige Pracht. Er ist der erste Saal einer fünfteiligen Raumfolge. Zu dieser gehört auch das Goldkabinett, bei dem es sich um das ehemalige Schlafzimmer von Maria Therese Charlotte handelt. Es wirkt durch seine goldfarbene Tapete und Sitzmöbel, weist aber ansonsten keine Möblierung und keinen Dekor auf. In mehreren Repräsentationsräumen der Beletage im ersten Obergeschoß haben sich zarte Stuckdekorationen aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts erhalten. Jene der Kapelle stammen aber erst aus der Zeit um 1860, worauf die zahlreiche Verwendung des Lilienmotivs hinweist. Ein Rundbild an der Decke zeigt die Verherrlichung des Kaisers Heinrich II, der dem Grafen von Chambord als Vorbild diente. An die französische Periode des Schlosses erinnert auch die im Vestibül aufgestellte Statue der Jungfrau von Orleans. Das zweite Obergeschoß ist deutlich niedriger. Hier befanden sich Nebenräume sowie die Wohnungen des Personals. Teile des einstigen Grabens sind noch erhalten. In der weitläufigen Parkanlage, die sich im Westen und Norden an das Schloss anschließt, steht das 1661 erstmals erwähnte barocke Gartentheater, das später in eine Muschelhöhle umgewandelt wurde. Im 20. Jahrhundert diente der zweigeschossige Bau als Lagerhalle und Stall. Neben Hellbrunn in Salzburg ist es das einzige baulich erhaltene Gartentheater in Österreich. Es wurde 1981 vom Österreichischen Bundesdenkmalamt teilweise restauriert. Seine ehemals reichen Wandmalereien sind nur noch teilweise erkennbar. Der Ziergarten wurde 1962 großteils neu angelegt. Reste der alten Alleen aus dem 19. Jahrhundert sind noch vorhanden. Südwestlich, an der Straße nach Ofenbach, liegt der große Meierhof, in dem sich heute ein privater Reitstall befindet.

Lage: ca. 9 km südlich von Wiener Neustadt am Ostrand des heute zur Gemeinde Lanzenkirchen gehörigen Ortes Frohsdorf

Ort/Adresse: 2821 Lanzenkirchen, Schlossplatz 1

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


23.06.2021