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Persenbeug


Persenbeug ist einer der ältesten Adelssitze des Landes. Dies sieht man dem heutigen Schloss nicht an, was aber keineswegs überraschend ist, da es bei seiner ersten Erbauung im 9. oder 10. Jahrhundert noch keine Steine als Baumaterial gab, sondern lediglich Holzbalken. Holz war ja in den umliegenden Wäldern in unbegrenztem Ausmaß vorhanden. Dies sollte sich jedoch bei Persenbeug noch rächen. Ob in der 863 in einer Urkunde des Klosters Niederaltaich als “Biugin“ erwähnten Siedlung an der Donau tatsächlich ein Vorläufer des Schlosses Persenbeug stand, ist umstritten, doch bei Otker de Persinpiugin ist man sich sicher. Er war ein Gefolgsmann der Grafen von Sempt-Ebersberg und wird 970, also bald nach der Vertreibung der Ungarn, als Burggraf im Traditionsbuch des bayrischen Klosters Ebersberg erstmals genannt. Die Grafen von Ebersberg gelten als Gründer von Persenbeug, das sie als freies Eigen bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1045 besaßen. Aufgabe des Wehrbaues war natürlich der Schutz oder besser gesagt, die Kontrolle des Schiffsverkehrs auf der Donau. Damit verbunden war auch die bei Ybbs einzuhebende Donaumaut. Allerdings gab es mehrfach Besitzstreitigkeiten mit dem Kloster Ebersberg, das behauptete die Herrschaft als Lehen des Landesfürsten erhalten zu haben. Die mächtigen Grafen von Ebersberg setzten sich jedoch darüber hinweg. Sie waren eines der bedeutendsten bayerischen Hochadelsgeschlechter und hatten große Besitzungen in Bayern und im heutigen Österreich. Von ihrer Bedeutung her, wurden sie oft mit den Babenbergern gleichgesetzt, doch erlosch ihre Familie weit früher. Letzter Ebersberger war Adalbero III von Sempt-Ebersberg, dessen Ableben zu einer Katastrophe in Persenbeug führte, die den gesamten deutschen Hochadel erschütterte. Seine Witwe Gräfin Richlinde hatte Kaiser Heinrich III, der sich mit großem Gefolge auf einer Reise nach Ungarn befand, eingeladen, sie auf Persenbeug zu besuchen, um die Aufteilung des Ebersberger-Erbes zu besprechen. Die Verhandlungen oder die damit verbunden Festlichkeiten fanden in einem Saal statt, dessen bereits altersschwachen Holzbalken den Belastungen nicht mehr gewachsen waren. Die gesamte Gesellschaft stürzte mit dem Fußboden in die darunter liegende Badestube. Kaiser Heinrich III kam mit dem Schrecken und leichten Verletzungen davon, doch gehörten zu den Todesopfern nicht nur die Hausherrin selbst, sondern auch der Bischof Bruno von Würzburg und der Abt Altmann von Ebersberg. Zeitgenössischen Berichten über diesen aufsehenerregenden Unfall zeigen aber, dass das zeitweise auch als Bösenberg bezeichnete Persenbeug damals zwar ein aus Holz erbautes, aber gut ausgestattetes Schloss mit Badezimmer war – im 11. Jahrhundert eine Seltenheit im Donauraum.

Kaiser Heinrich III dürfte nicht sehr nachtragend gewesen sein, denn bereits sechs Jahre später wird von einem neuerlichen Besuch von ihm auf Persenbeug berichtet. Nach dem Tod von Adalbero III war der Neffe der Gräfin, Welf III, mit der Herrschaft belehnt worden. Als auch dieser 1055 starb, zog der Kaiser das Lehen ein und gab Persenbeug gemeinsam mit der Maut in Ybbs neuerlich als Lehen weiter. Bis in das 14. Jahrhundert hinein besaßen dieses die Äbte von Ebersberg, gaben es aber meist als Afterlehen weiter. Zu ihren Lehensnehmern zählten auch die Babenberger, die wieder Burggrafen mit der Verwaltung betrauten. Von 1301 bis 1364 hatte Königin Agnes die Herrschaft inne. Sie war die Tochter Albrechts I und Witwe des Arpadenkönigs Andreas III von Ungarn. Durch sie gelangte Persenbeug an ihren Gatten Markgraf Leopold III. Die Burg wurde damit landesfürstlich. Von einem Lehen des Klosters Ebersberg war keine Rede mehr, doch wird die Herrschaft noch bis 1368 als Reichslehen bezeichnet. Herzog Albrecht II verpfändete sie seiner Verlobten Violanda von Mailand. Als die Verlobung gelöst wurde, wurde auch die Pfandschaft beendet. 1430 richteten die eingefallenen Hussiten schwere Schäden an. Zwei Jahre später erhielt Elisabeth, die Gattin Albrechts V Persenbeug als Morgengabe. Georg von Seisenegg bekam es 1450 als Pfandobjekt unter der Bedingung, die Burg in Kriegszeiten den kaiserlichen Soldaten offen zu halten. Dies dürfte auch bei den Prüschenk-Hardegg Voraussetzung gewesen sein, die von 1491 bis 1495 Pfandherren von Persenbeug waren. Ansonsten wurden im 14. und 15. Jahrhundert vorwiegend landesfürstliche Pfleger zur Verwaltung eingesetzt. Von 1495 bis 1519 war das Schloss persönlicher Besitz von Kaiser Maximilian I, der es als Jagdsitz, aber auch wegen seiner raschen Erreichbarkeit über die Donau sehr schätzte. Der 1496 von ihm eingestellte Pfleger war auch für die Betreuung seiner Wolfshunde verantwortlich.

Kaiser Ferdinand I nahm nach seiner Rückkehr aus Spanien hier 1521 die Huldigung der Landstände entgegen. Unter ihm war Persenbeug an die Rogendorf, die Tschintl und Hans von Prösing verpfändet. Es war Wilhelm von Rogendorf, der um 1538 größere Bauarbeiten an der Burg vornehmen ließ. Noch 1571 wird die gute Erhaltung und Ausrüstung des Schlosses erwähnt. Kaiser Rudolf II lebte in Prag und zeigte wenig Interesse an seinen österreichischen Besitztümern. 1593 verkaufte er Schloss und Herrschaft seinem Kämmerer, dem Freiherrn Ferdinand Albrecht von Hoyos als freies Eigen. Dieser diente zuerst dem Erzherzog Ernst in den Niederlanden als Hofmarschall, wo er sich für die Regulierung der zahlreichen Wasserläufe interessierte. Nach seiner Rückkehr nach Persenbeug versuchte er sich an der Donau. Er gilt als Schöpfer des Wiener Donaukanals. Bei seinen Untertanen erwarb er sich aber den wenig schmeichelhaften Ruf eines Leuteschinders. Im 2. Oberösterreichischen Bauernaufstand von 1597 hielten Aufständische unter der Führung des Schusters von Emmerberg das Burgschloss fünf Wochen lang besetzt. Persenbeug wurde zu einem Zentrum ihrer Aktivitäten. Von hier aus eroberten sie die Stadt Ybbs am gegenüber liegenden Donauufer. Ferdinand Albrecht begann mit dem Umbau von Persenbeug in ein elegantes barockes Wohnschloss. Er starb zwar bereits 1609 doch setzte seine Witwe Regina die Bauarbeiten fort. Wenige Jahre später führte der Dreißigjährige Krieg zu einer neuerlichen Schlossbesetzung, diesmal durch die protestantischen Landstände von Ober- und Niederösterreich. Dabei kam es wieder zu Plünderungen. Nicht zuletzt dadurch wurden die Bauarbeiten, bei denen es sich zum Großteil um Neubauten handelte, erst 1621 durch Adam Eusebius Graf Hoyos beendet. Damit hatte Persenbeug sein heutiges Aussehen erhalten. Die Hoyos besaßen die Herrschaft bis 1800. Nachdem Johann Leopold Graf Hoyos 1796 verstorben war, verkauften seine Töchter den Besitz an Kaiser Franz II (I), der Persenbeug aus seinem Privatvermögen finanzierte und danach als offizielle Sommerresidenz nutzte. Nach seinem Tod ging das Schloss in den Besitz seiner vierten Gattin, Kaiserin Caroline Auguste über, die es ihrem Enkel, Erzherzog Carl Ludwig vermachte. Dieser schenkte es seinem Sohn Erzherzog Otto anlässlich dessen Vermählung mit Prinzessin Maria Josepha von Sachsen. 1887 wurde im Schloss der letzte österreichische Kaiser, Karl I, geboren. Durch seine aufwendige Lebensweise und seine hohen Schulden bedingt, verkaufte Erzherzog Otto 1896 Persenbeug an Kaiser Franz Joseph. Mit seinem Tod 1916 fiel es an seine Tochter Marie Valerie und deren Gatten Erzherzog Franz Salvator. Das Schloss befindet sich bis heute im Besitz ihrer Nachkommen, die es bewohnen und als Sitz der Güterverwaltung nutzen. Ein Teil der Repräsentationsräume inkl. Kapelle kann für private Veranstaltungen gemietet werden.

Das Schloss Persenbeug liegt auf einem senkrecht zur Donau abfallenden Felsplateau am nordwestlichen Ende der gleichnamigen Gemeinde, direkt über dem Donaukraftwerk Persenbeug. Auf Grund seiner Lage unmittelbar über dem Nordufer des Flusses zählt Persenbeug zu den malerischten Ansichten einer Donaureise. Der 26 m hohe Felsen sowie der direkt auf ihn aufgesetzte Bering der alten Burg verhinderte hier jeden Eroberungsversuch. Künstliche Wehrbauten mussten nur an der Nordseite angelegt werden. Die dortigen Gräben werden zum Teil heute noch genutzt. Durch den inneren Graben verläuft die Wachaustraße. Sie trennt das Schloss vom Park und einem viergeschossigen Schüttkasten, wird aber von einer privaten Fußgängerbrücke überspannt. Die Mauerstärken des Berings variieren zwischen 1,8 m an der Donaufront und 3 m an der Bergseite. 1957 wurde knapp unterhalb des Schlosses das größte österreichische Donaukraftwerk vollendet. An das dadurch stark veränderte Landschaftsbild hat man sich mittlerweile gewöhnt und findet es längst nicht mehr störend. Der Zugang zum Schloss erfolgt im Südosten durch die tonnengewölbte Durchfahrt des viereckigen Torbaues. Dahinter liegt unmittelbar am Steilabsturz zur Donau ein langgezogener Zwinger. Am Ende desselben gelangt man durch das zweite Tor in den großen fünfeckigen Schlosshof. Dieser ist von zwei- und dreigeschossigen Flügelbauten umgeben. In seiner Mitte steht ein spätbarockes Brunnenbecken vom Ende des 18. Jahrhunderts. Der quadratische fünfgeschossige Hauptturm ist durch einen Umbau eines älteren Turmes entstanden. Optisch wirkt er wie ein ehemaliger Bergfried, doch wäre er an der Donauseite völlig deplatziert, da hier keinerlei Angriffe zu erwarten gewesen wären. Er dient seit der Barockzeit als Treppenturm. Damals wurde ihm ein Zwiebelhelm mit Laterne aufgesetzt. Der viereckige Michaelsturm an der Nordwestecke liegt für einen Bergfried an der richtigen Stelle der einstigen Burg, da von hier geländebedingt die meiste Gefahr drohte. Seine Mauerstärke von fast 3 m weist darauf hin, dass man sich dessen auch voll bewusst war. Er hat ein flaches Pyramidendach und dürfte noch aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammen.

Aus der westlichen Außenfront des Schlosses ragt der dreiteilig gestaffelte Priesterchor der Kapelle vor. Dies ist durchaus unüblich, da der Altar früher meist nach Osten ausgerichtet war. Trotz seines gotischen Aussehens stammt der Sakralbau vom Umbau aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts, also aus der Zeit des „gotischen Barocks“. Die Kapelle ist seit 1822 dem Hl. Kreuz geweiht. Der Hauptaltar war ursprünglich dem Hl. Georg geweiht. Das Kircheninnere ist als frühbarocker Saal ausgebildet. Sein stuckiertes Stichkappen- und Tonnengewölbe wurde um 1620 eingezogen. Der marmorierte Holzaltar wurde ein Jahr früher vom Architekten Pietro de Nobile errichtet. Der klassizistische Tabernakel wird von einem goldenen Kruzifix gekrönt, das von zwei Engelsfiguren flankiert wird. Unter dem Altar liegen in einem Glasschrein die Reliquien des Hl. Vicentius, die Papst Pius VII Kaiser Franz II (I) schenkte. Die Renaissancekanzel entstand kurz nach 1600, das Orgelpositiv um 1730. In der Gruftkapelle befindet sich ein kleiner Marmoraltar mit einem Flachrelief und einer Pieta von 1621. Vor allem im Ostflügel gibt es einige Säle, deren Decken mit Stuck verziert und deren Wände mit Holz verkleidet sind. Der repräsentativste profane Raum des Schlosses ist der Festsaal - heute auch Kaisersaal genannt – im Obergeschoß des Osttraktes. In seiner heutigen Form wurde er erst um 1890 eingerichtet. Seine Flachdecke wurde bereits in den Jahren zwischen 1670 und 1680 von in Wien lebenden Künstlern stuckiert. Die Wände sind vollflächig holzvertäfelt. In sie sind großflächige Gemälde eingelassen, die vom österreichischen Landschaftsmaler Joseph Rebell stammen. Unter anderem zeigen sie Schloss Persenbeug, Stift Melk sowie die Schlösser Pöggstall und Leiben. Auch der Maler Thomas Ender trug mit mehreren Gemälden von kaiserlichen Herrschaften zur malerischen Ausgestaltung des Saales bei. Die Supraporten der vier Saaltüren wurden erst im 20. Jahrhundert mit Gemälde-Kopien der Schlösser Persenbeug, Leiben, Artstetten und Pöggstall geschmückt. Der ausgedehnte Park jenseits der Bundesstraße wurde von Kaiser Franz und seinen Nachkommen durch seltene Baumarten und Skulpturen bereichert. 1891 wurde hier ein Remisengebäude errichtet. Der Schüttkasten ist ein schlanker Giebelbau mit Krüppelwalmdach aus dem 17. Jahrhundert. Ein reichverziertes gusseisernes Parktor wurde 1768 von Johann Leopold Graf Hoyos anlässlich seines 40. Geburtstages in Auftrag gegeben.

Ort/Adresse: 3680 Persenbeug, Schlossstraße 1

Besichtigung: meist nur von außen möglich

Homepage: www.persenbeug.at


Weitere Literatur:


17.05.2021