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Mödling - Burgruine


Viele Mödlinger sind stolz auf das hohe Alter ihrer Heimatgemeinde und bezeichnen diese gerne als Babenbergerstadt bzw. die darüber liegende Burgruine als Babenbergerburg. Wie in vielen anderen Fällen steht dahinter oft unterschwellig der Wunsch, ihre Heimatstadt für den Besucher oder den historisch Interessierten als „hochadeliges Ritternest“ für den Fremdenverkehr zu nutzen. Zweifellos ist die Stadt ein sehr altes Siedlungsgebiet, doch hat sie und der über der Stadt liegende Wehrbau mit den Babenberger-Herzögen nicht viel zu tun. Mödling war bereits im frühen Mittelalter ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, denn schon die Römer nutzten die aus dem Westen kommende und über Mödling nach Ungarn führende Fernverbindung für ihre Truppentransporte. Nur hier konnte der damals noch wilde Wienerwald für größere militärische Bewegungen problemlos gequert werden. Den gleichen Zweck diente die Nord-Süd-Verbindung von der Donau über Wien und Wiener Neustadt nach Italien. Es wundert daher nicht, dass am Kreuzungspunkt der Verkehrswege ein militärischer Stützpunkt angelegt wurde, um das stets unruhige Grenzgebiet zu sichern. Von den Babenbergern war damals aber noch lange keine Rede. Diese treten erst im Hochmittelalter auf. Damals lebten hier einige Babenberger. Allerdings nicht die Markgrafen und späteren Herzöge, die sich um die Abwehr möglicher Gefahren aus dem Osten oder die Kolonisierung des Landes kümmern mussten, sondern eine Nebenlinie. Die Babenberger zogen im Laufe ihrer Herrschaft donauabwärts von Pöchlarn nach Melk, dann nach Klosterneuburg und schließlich nach Wien. Die Richtung, in der sie ihre Residenzen verlegten, lässt also durchaus nicht auf eine schwere Bedrängnis durch die Ungarn schließen, sondern eher auf eine aggressive Politik der Babenberger, die auf Gebietsgewinne abzielte.

Während die Besiedlung des Raumes um Mödling schon Jahrhunderte vor dem Auftreten der Babenberger erfolgte und sogar auf die Römerzeit zurückgeht, ist es bei der heutigen Burgruine ganz anders. Diese ist trotz ihrer dicken Mauern praktisch ein Neubau aus dem 19. Jahrhundert. Zwar wird in einer Tauschurkunde aus dem Jahr 903 zwischen dem Bischof Burchard von Passau und seinem Chorbischof Madalwin ein Hof Medilihka erwähnt, doch lag dieser nicht an der Stelle der heutigen Burgruine, sondern in der Stadt, vermutlich auf dem Areal der späteren Pfarrkirche St. Othmar. Während der Ungarneinfälle dürfte dieser befestigte Hof vermutlich zerstört worden sein. Bis heute wurde von ihm kein aufgehendes Mauerwerk gefunden, wohl darum, weil es kein Mauerwerk gab. Alle Befestigungen waren aus Holz, das ja in Massen in unmittelbarer Nähe vorhanden war. Allerdings wurden bei Bauarbeiten im 20. Jahrhundert Fundamentreste romanischer und spätgotischer Bauten aufgedeckt, bei denen es sich um Kirchen aber auch um ein festes Haus gehandelt haben könnte. Nach der für die Ungarn siegreichen Schlacht bei Pressburg zogen sich die Bayern bis hinter den Wienerwald zurück, so dass es zweihundert Jahre lang keine Urkunden aber auch nur wenige bemerkenswerte archäologische Funde aus dieser Zeit gibt. Die nächste Nachricht über eine Burg in Mödling stammt aus dem Jahr 1137 und berichtet von einem „castellanus“, der vermutlich bereits auf einem Hügel über der Stadt saß. Ab der Mitte des 12. Jahrhunderts wurden die Burggrafen von den Kuenringern gestellt. Um 1150 begannen die Babenberger unter Herzog Heinrich II Jasomirgott mit dem Bau einer Steinburg. Diese hatte eine Grundfläche von 175 x 80 m und war damit eine der größten Wehranlagen des 12. Jahrhunderts an der ungarischen Grenze. Sie löste bald die alte Hausberganlage hinter der Pfarrkirche als Herrschaftssitz ab.

Die Herrschaft Mödling war zur Zeit der Babenberger landesfürstlich, doch beanspruchte bis 1411 das Kloster Melk die Lehenshoheit über die Burg, wobei es sich auf eine Schenkung von 1033 an das Kloster Eichstädt berief, die später auf das Kloster Melk überging. Die Babenberger waren jedoch offensichtlich anderer Meinung. Ab 1177 residierte hier einige Jahrzehnte lang eine Nebenlinie der Markgrafen und späteren Herzoge. Heinrich der Ältere von Mödling war ein Sohn des Herzogs Heinrich II Jasomirgott und dessen zweiter Gattin Theodora Komnena, einer Nichte des byzantinischen Kaisers Flavius Manuel I, die er vom zweiten Kreuzzug mitgebracht hatte. Er war der erste Babenberger, der tatsächlich hier lebte. Unter ihm und seinem Sohn Heinrich den Jüngeren, der auch als „Dux de Medellich“ bezeichnet wurde, erlebte die Burg Mödling ihre Blütezeit. Mit der Residenz war ein Hofstaat verbunden, zu dem die Inhaber der wichtigsten Ämter wie Truchseß, Kämmerer, Marschall und Mundschenk gehörten. Es gab allerdings kaum militärische Erfolge. Diese überließ man den Verwandten der Hauptlinie, doch war die Burg für das gepflegte gesellschaftliche und kulturelle Leben bekannt. 1219 soll sich hier der Minnesänger Walther von der Vogelweide längere Zeit aufgehalten haben. Es gibt jedoch keine schriftlichen Aufzeichnungen über diesen prominenten Mitbewohner. Andere Minnesänger, die zumindest Spuren in ihren Liedern hinterlassen haben, waren Neidhart von Reuental und Ulrich von Liechtenstein.Bemerkenswert ist, dass die Mödlinger Babenberger von Zeitgenossen und späteren Historikern als Herzoge tituliert wurden, aber keine waren. Sie selbst haben sich auch nie so genannt. Es gab ja auch kein Herzogtum, sondern lediglich eine große Herrschaft. Die Herzogswürde galt nur für die regierenden Mitglieder der Hauptlinie. Mit Heinrich dem Jüngeren, der 1232 kinderlos starb, starb die Sekundogenitur der Babenberger nach zwei Generationen schon wieder aus. Mödling fiel testamentarisch dem Herzog Friedrich II (dem Streitbaren) von Babenberg zu. Wie etliche hier ausgestellte Urkunden bezeugen, hielt er sich mehrfach in der Mödlinger Burg auf. Vermutlich dürfte er von hier aus auch die Strafexpedition gegen Perchtoldsdorf geleitet haben, das während eines Adelsaufstandes kurzfristig für ihn verloren gegangen war. Als Friedrich 1246 in der Schlacht an der Leitha durch einen ungarischen Kumanen den Tod fand, erlosch mit ihm der Hauptstamm der Babenberger. Friedrichs Nichte Gertrud erbte die Herrschaft Mödling. 1279 löste ihr König Rudolf von Habsburg diese finanziell ab. Die Verwaltung wurde in der Folge vorwiegend von Burggrafen durchgeführt, soweit die Herrschaft nicht gerade verpfändet war.

Die Lage des Bauplatzes war hervorragend gewählt. Der Dolomitfelsen, auf dem die Burg errichtet wurde, liegt unweit der Altstadt von Mödling. Er ist nicht besonders hoch, bot aber gute Beobachtungsmöglichkeiten der weiteren Umgebung. Ein drohender Angriff konnte rechtzeitig erkannt werden, um das Burgtor zu schließen und eine Anzahl berittener Knechte dem Feind entgegen zu senden. Wichtig für die Verteidigung war auch die Talverengung der Klausen, die sich direkt unterhalb der Burg befindet. Sie konnte sehr rasch und effektiv durch Holzbarrikaden gesperrt werden um unfreundliche Besucher aufzuhalten. Weiters war es für eine mittelalterliche Wehranlage wichtig, dass keine Überhöhung durch benachbarte Hügel oder hohe Bauten gegeben war, die ein Angreifer mit den einfachen Waffen der damaligen Zeit ausnützen hätte können. Unter den Habsburgern wurde die Burg im 14. Jahrhundert neu ausgestaltet, aber auch ihre Wehrhaftigkeit verbessert. Dennoch wurde sie 1556 von den Türken, die sich auf ihrem Feldzug nach Wien befanden, niedergebrannt nachdem sie bereits 1477 und 1483 dem ungarischen König Matthias Corvinus in die Hände gefallen war. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts erfolgte der Wiederaufbau. Bei dieser Gelegenheit wurde eine neue Wehrmauer errichtet und große Renaissancefenster eingesetzt. 1556 löste ein Blitzschlag einen neuerlichen Großbrand aus, der vor allem die Dächer und einen Teil der Einrichtung vernichtete. Die Schäden dürften so groß gewesen sein, dass die Burg noch 1592 als verödet bezeichnet wurde. 1608 nisteten sich ungarische Söldner in den noch halbwegs brauchbaren Gebäuden ein. Auf einem Stich von Georg Matthäus Vischer aus dem Jahr 1672 ist eine immer noch beeindruckende Ruine zu erkennen. Allerdings fehlten den wichtigsten Bauten, wie dem Wehrturm und dem Festen Haus sowie dem Rundturm die meisten Dächer. Die doppelte Ringmauer machte aber noch einen recht wehrhaften Eindruck. Doch war Wehrhaftigkeit zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gefragt, da die Burg durch die Entwicklung der Artillerie ihre Bedeutung bereits verloren hatte.

Als 1776 Josef Freiherr von Penkler die Ruine erwarb, war ihr endgültiges Ende schon beschlossen. Er war lediglich an ihrem gewinnbringenden Abbruch interessiert. Die starken Quadersteine wurden abgerissen und verkauft. Die meisten fanden ihre Wiederverwendung bei der Regulierung des Mödlingbaches. Hier sind noch heute etliche Buckelquader zu finden, die man eher in der Burg als im Bachbett erwarten würde. Die aus minderwertigem Material bestehenden Mauerfüllungen landeten auf einem riesigen Schutthaufen. Fürst Johann I von und zu Liechtenstein hatte 1807 die beiden Herrschaften Mödling und Liechtenstein erworben. Er ließ einen Teil des riesigen Waldgebietes in einen Landschaftspark verwandeln und durch Staffagebauten „behübschen“. Da kam ihm die Ruine Mödling gerade recht. Er ließ die Kernburg 1812 romantisierend wieder aufbauen, benützte jedoch nicht unbedingt die alten Strukturen, sondern ließ seine Neubauten oft quer über die alten Grundmauern errichten. Während der Revolution von 1848 richteten die „selbsternannten Freiheitskämpfer“ größere Schäden an, die später nicht mehr behoben wurden. In den Jahren 1965 bis 1970 versuchte der Museumsverein Mödling die ursprünglichen Mauern wieder freizulegen, was aber nur mehr teilweise möglich war. Mit gutem Willen aber wenig Verständnis war bereits zu viel von der alten Substanz zerstört worden. Außerdem beeinträchtigen die vorgenommenen Torkretierungen viele Details.

Der Burgberg fällt an drei Seiten relativ steil ab. Lediglich an der Eingangsseite im Süden musste die Burg durch einen tiefen Halsgraben zusätzlich gesichert werden. Der romanische Wehrbau war wesentlich größer, als es die heute noch vorhandenen Mauerreste vermuten lassen. Am höchsten Punkt des Hügels stand ein mächtiger Wohnturm. Seine Ausmaße von ca. 15 x 13 m sowie seine vier Geschosse machten ihn wohl zu einem der größten seiner Zeit im östlichen Niederösterreich. Die meisten repräsentativen Bauten, wie Palas und Kapelle lagen um den Inneren Burghof eine Geländestufe tiefer. Von allen Gebäuden haben sich lediglich geringe Fundamentreste erhalten. Auf die Mitte des 13. Jahrhunderts verweisen nur noch ein romanisches Rundbogenfenster am Palas sowie ein Teil eines im Schutt gefundenen Säulenkapitells. Eine noch tiefer gelegene Terrasse wurde zu einer großen dreieckigen Vorburg mit einem Torturm an ihrer Spitze ausgebaut. Er dürfte wie der Großteil der alten Burg im 13. Jahrhundert errichtet worden sein. Ein ungefähres Bild vom Aussehen der Ruine Mödling gibt der sog. Babenberger Stammbaum, der aber erst 250 Jahre nach dem Aussterben dieses Adelsgeschlechtes entstanden ist. Bei manchen der dort abgebildeten Gebäude dürfte es sich um Wirtschaftsbauten gehandelt haben, von denen sich noch Spuren im an die Vorburg anschließenden Wald finden. Durch die von einem Wall umgebene Vorburg, gelangte man über eine Holzbrücke, die einen Graben überquerte, zum ersten Tor. Hier sind noch heute die Radspuren der Versorgungskarren zu erkennen. Die Hochburg war von einer noch teilweise erhaltenen Ringmauer umgeben. Im großen Hof lagen die meist aus Holz errichteten Wirtschaftsbauten und Personalwohnungen. Sie sind längst verschwunden. Aufrecht steht jedoch noch ein einst 13 Meter hoher, aber nur 3,5 m breiter Pfeiler, der wahrscheinlich eine Funktion bei der Verteidigung des Hofes hatte. Vermutlich war er mit der acht Meter entfernten Hochburg durch einen hölzernen Wehrgang verbunden. Warum er als reiner militärischer Zweckbau an zwei Seiten mit sorgfältig gemalten Quaderfugen verziert ist, weiß man nicht. Um in die eigentliche Hochburg zu gelangen, mussten drei weitere Höfe und Tore durchschritten werden. Oberhalb des fünften und letzten Tores lag die dem hl. Pankraz geweihte turmartige romanische Burgkapelle. Sie dürfte bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut worden sein. Einige Spolien von ihr werden im Mödlinger Museum aufbewahrt. Nach Süden zu schloss das an die Ringmauer angebaute Feste Haus mit dem Palas aus dem 13. Jahrhundert an. Geländebedingt musste seine Südostecke abgerundet werden. Mit 1,6 x 2,4 m war das Verlies für eine so große Burg ungewöhnlich klein.

Lage: auf einem Hügel zwischen Mödling und Hinterbrühl

Ort/Adresse: 2340 Mödling

Besichtigung: jederzeit möglich


Weitere Literatur:


23.02.2021