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Schintelburg


Die Ruine der Schintelburg liegt auf einem isolierten Felshügel über dem Weiler Haus. Sie ist heute ein wenig spektakulärer, großteils von der Natur überwucherter Steinehaufen am Nordhang des Inntales im Gemeindegebiet von Breitenbach am Inn. Heute ist der einstige Wehrbau schon so zerfallen, dass es sogar für Burgenspezialisten fast unmöglich ist, den einstigen Zweck der wenigen noch vorhandenen Mauerreste genau zu bestimmen. Dazu kommt, dass bereits die Lage des weit verstreuten Ruinenfeldes viele Fragen unbeantwortet lässt. Dieses macht auf den ersten Blick den Eindruck, dass man schon bei der Errichtung keinen besonderen Wert auf Wehrhaftigkeit legte. Im 12. Jahrhundert stand hier jedoch eine kleine, aber durchaus wehrhafte Burg. Während jedoch jeder Burgenarchitekt den von ihm geplanten Wehrbau so anlegte, dass keine Überhöhung durch das umliegende Gelände bzw. andere Bauten möglich war, ist dies bei der Schintelburg nicht der Fall. Ihr Bauplatz liegt parallel zu einem dahinter liegenden Berghang und wird von diesem beträchtlich überhöht. Allerdings muss man bevor man ein abfälliges Urteil über den Bauherrn oder den Architekten fällt, einen Blick auf die damals vorhandenen Angriffswaffen und die Topographie der Umgebung werfen. Oft konnte eine Überhöhung kaum genutzt werden, da das Aufstellen von Belagerungsmaschinen wegen der speziellen Situation nur schwer möglich war. Außerdem waren die Belagerungsmaschinen im 12. Jahrhundert nicht besonders weittragend.

Das derzeitige Ruinenfeld ist etwa 80 m lang. Bezieht man die vorgelagerten Halsgräben ein, so kommt man sogar auf eine Gesamtlänge von mehr als 100 m. Hingegen war die Breite des Angriffszieles mit 10 bis 30 m eher schmal. Aus heutiger Sicht dürfte die Burg zweigeteilt gewesen sein. Der Westteil der Befestigungen lag etwas tiefer als der Rest der Anlage. Hier erkennt man zwei hintereinanderliegende kleine Halsgräben mit den Resten eines ca. 13 x 7 m großen Gebäudes, dessen Außenmauer eine Stärke von ca. 120 cm hatte. Als Annäherungshindernis war es durchaus geeignet. Von der einstigen romanischen Ringmauer hat sich hier ein größerer Rest erhalten, der aus nur wenig bearbeiteten Bruchsteinen besteht und auf eine Erbauung im 13. Jahrhundert hindeutet. Spuren eines weiteren Gebäudes findet man weiter im Osten. Auf Grund seiner Größe von etwa 15 x 6 m könnte es sich dabei um einen bescheidenen einstigen Palas gehandelt haben. Die Nordseite des Burgareals fällt weitgehend fast senkrecht ab, so dass hier keine spezielle Sicherung erforderlich war. Die Südseite der Anlage war etwas flacher und nicht unbedingt sturmsicher. Man legte hier daher eine mindestens 35 m lange und bis zu 8 m hohe Ringmauer zum Schutz vor Angreifern an. Viel Platz für die Anlage eines repräsentativen Burghofes war nicht vorhanden, doch gab es wohl einen bescheidenen Wirtschaftshof zwischen der Ringmauer und den Fundamentresten am höchsten Punkt der Felsrippe, der aber durch seine randständige Verbauung zusätzlich weiter eingeengt wurde. Von diesen gibt es nur mehr kurze Mauerreste. Alles in allem zeigen die spärlichen Mauern der Schintelburg, dass es sich bei ihr um einen lokalen Wehrbau ohne jede Repräsentation gehandelt hat. Vom einstigen Bergfried und dem Palas gibt es schon lange kein aufgehendes Mauerwerk mehr.

Wie der Mangel an historischen Nachrichten über die Schintelburg zeigt, dürfte ihre militärische Bedeutung nicht allzu groß gewesen sein. Einen ernsthaften Angriff hätte sie sicher nicht überstanden. Heute erinnert nur mehr die Bezeichnung „Schintler“ einer benachbarten Häusergruppe an den einstigen Wehrbau. Dieser wurde 1194 erstmals erwähnt, als er der Gräfin Elisabeth von Ortenburg gehörte. Die Burg dürfte möglicherweise bereits einige Jahrzehnten zuvor erbaut worden sein. Die Grafen von Sponheim-Ortenburg waren vor allem am linken Innufer reich begütert. Die Schintelburg hatte keine weiträumigen militärischen Aufgaben zu erfüllen. Sie sollte lediglich die alte, über den Angerberg führende Landstraße überwachen. Als sog. Heerstraße hatte diese aber überregionale Bedeutung. 1233 wird ein Heinrich von Schintelburg als Ministeriale der Sponheim-Ortenburger erwähnt. Doch schon 1240 verzichteten die Sponheimer zu Gunsten des Hochstiftes Regensburg, mit dem es ohnehin häufig Besitzstreitigkeiten gab, auf die Schintelburg als Freies Eigen. Sie nahmen sie aber umgehend als Lehen zurück. Die Regensburger Bischöfe hatten schon zuvor die Grafen von Sponheim-Ortenburg als Vögte eingesetzt. Zehn Jahre später übernahmen die Herzöge von Bayern den gar nicht so kleinen Wehrbau. Sie gaben ihn aber bereits ab 1248 an die Herren von Freundsberg zuerst als Pfand- und dann ab 1266 als Lehensbesitz weiter. Schließlich durfte die Freundsberger die Schintelburg als Eigenbesitz behalten und ausbauen. Im Streit zwischen Österreich und Bayern um das Erbe der Tiroler Landesfürstin Margarete Maultasch stellten sich die Freundsberger mit ihren Burgen auf die Seite von Herzog Rudolf IV von Österreich. Bis 1380 gelangte die Schintelburg durch Kauf neuerlich an die Herzöge von Bayern, doch hatte sie bald völlig ihre ohnehin geringe Bedeutung verloren, da um 1410 das bisher mit der Burg verbundene Landgericht dem Rattenberger Gericht unterstellt und die Landstraße auf das rechte Innufer verlegt worden war. Es war daher nur eine Frage der Zeit bis ihr endgültiger Verfall einsetzte. 1415 wurde sie aufgelassen und nicht mehr gepflegt. Heute befindet sich das Ruinengelände im Besitz mehrerer Tiroler Landwirte.

Lage: auf einem Felsrücken oberhalb des Ortsteiles Haus

Ort/Adresse: 6252 Breitenbach am Inn

Besichtigung: frei zugänglich


Weitere Literatur:


25.11.2020