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Ottenschlag


Wie der Name bereits andeutet, war der Ort eine Rodungsgründung. Auch die ehemalige Wasserburg Ottenschlag geht auf einen Ministerialen des Markgrafen Leopold II, namens Otto zurück, der um 1096 hier ansässig war. Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts hielten die Herren von Maissau Ottenschlag als freies Eigen. Sie waren ein österreichisches Ministerialengeschlecht, das seit dem 12. Jahrhundert in Niederösterreich nachweisbar ist. Die Maissauer gehörten bald zu den reichsten und angesehensten Adelsfamilien des Landes und hatten hohe Ämter wie jenes des Erbmarschalls und des Erbschenken inne. Im Adelsaufstand von 1296 gegen Albrecht I wurde ihre Burg teilweise zerstört, aber bald wiederhergestellt. 1351 wird hier Marchart der Häusler als Bewohner erwähnt. Wegen ihrer Machtfülle und angeblichen Unabhängigkeitsbestrebungen wurden die Maissauer aber dem Landesfürsten Herzog Albrecht V zu mächtig. Otto IV von Maissau wurde unter einem Vorwand angeklagt und musste auf einen Großteil seiner Besitzungen verzichten. Mit seinem Tod starben die Maissauer 1440 aus. Anschließend erwarb 1441 Georg Scheck vom Wald die Herrschaft. Während der Ungarnkriege wurde die frühmittelalterliche Burg 1471 von Johannes von Sternberg besetzt. 1488 belehnte König Matthias Corvinus Caspar von Roggendorf mit Ottenschlag, das dieser bereits 1479 erworben hatte. Kaiser Maximilian I bestätigte später das Lehen. Die Roggendorfer bauten die beim Ungarneinfall von 1480 stark beschädigte Burg um 1510 weitgehend neu auf. In den Jahren 1523 bis 1554 errichtete Wolfgang von Roggendorf um die Hochburg ringförmig eine Vorburg. Aus ihr hat sich das heutige Schloss entwickelt. Im 16. und 17. Jahrhundert war Ottenschlag ein Zentrum des Protestantismus in Niederösterreich. Einige der prominentesten lutherischen Prädikanten waren hier tätig. Nach mehrmaligem Besitzwechsel gelangte die Herrschaft an die Freiherren von Polheim, die sie bis 1666 besaßen.

Beim niederösterreichischen Bauernaufstand von 1596, der sich vor allem gegen die Herrschaften und ihre harten Robotvorgaben richtete, war Ottenschlag ein Zentrum der Unruhen, doch konnte Anna von Polheim die Belagerung der Burg durch etwa 500 aufgebrachte Bauern erfolgreich überstehen. Lediglich der zum Schloss gehörende Meierhof fielen Plünderungen der Aufständischen zum Opfer. Anschließend fand hier ein hartes Strafgericht über die gefangenen Bauern durch die kaiserlichen Truppen statt. Zahlreiche Bauernführer wurden auf brutalste Weise hingerichtet. Max Gundacker von Polheim verkaufte Ottenschlag schließlich 1666 an Ferdinand Graf Herberstein. Die alte Hochburg, die noch auf dem Vischer-Stich von 1672 völlig intakt erscheint, wurde im 18. Jahrhundert wegen Baufälligkeit abgerissen. Mit dem Abbruchmaterial füllte man den ursprünglichen Wassergraben auf. Es verblieb lediglich das Vorschloss des 16. Jahrhunderts. Die Familie Herberstein hielt Ottenschlag bis 1793. Auf Grund eines Konkurses wurde es dann an den Freiherrn Johann Josef von Stiebar verkauft. Ab 1816 wechselten die Schlossherren in rascher Folge. Moritz Graf Falkenhayn verkaufte 1904 den Besitz an den Industriellen Munk, der das Schloss vorübergehend als Fabriksgebäude benutzte. 1931 kaufte das Stift Göttweig Schloss Ottenschlag, zu dem ausgedehnter Waldbesitz gehörte. Es wurde von Mietparteien bewohnt und beherbergte Gendarmerie und Bezirksgericht. 1986 erwarb das Land Niederösterreich das Gebäude und ließ es restaurieren. In ihm ist nun eine Fachschule für Haushalts- und Tourismusmanagement untergebracht. Außerdem dient es als regionales Bildungszentrum.

Das wuchtige Schloss liegt auf einer leichten Anhöhe am Westende des Marktplatzes von Ottenschlag. Der Zugang erfolgt von Süden her. Drei dreigeschossige Flügel umfassen hufeisenförmig einen riesigen Hof, in dem einst die Hochburg stand. Die vierte Seite wird von einer hohen Bruchsteinmauer mit Schindelabdeckung abgeschlossen. Vom ursprünglich hier befindlichen Nordosttrakt ist nur ein Stumpf erhalten. Drei Ecken des schmucklosen Gebäudes sind durch gedrungene, viergeschossige Rundtürme verstärkt, auf denen zwei Kegeldächer und ein Pyramidendach sitzen. Der vierte Eckturm wurde bereits vor längerer Zeit abgetragen. Die Türme weisen in ihren dicken Mauern nur wenige Fenster auf. Hingegen sind mehrere Trichterscharten des frühen 16. Jahrhunderts zu erkennen, die der Verteidigung durch Hakenbüchsen dienten. Im Gegensatz dazu wurden die dazwischen liegenden Längstrakte in späterer Zeit mit regelmäßigen Fensterreihen versehen. Der Südtrakt zeigt gotisch abgefaste Rechteckfenster sowie mächtige tonnengewölbte Keller. Die Ostecke war früher durch eine palisadenbewehrte Erdschanze gesichert. Einziger Schmuck der Anlage ist das prächtige Renaissanceportal, das noch die Schlitze für die Rollen der einstigen Zugbrücke zeigt. Es wird von zwei flachen Pilastern flankiert, die über dem Rundbogen des Tores einen mit Grotesken und Wappen reich verzierten manieristischen Aufsatz tragen. Die Jahreszahl 1554 weist auf die Vollendung des ehemaligen Vorschlosses hin. Das Tonnengewölbe der Einfahrt ist mit Stichkappen versehen. Es ist durch Stuckgrate gegliedert. Das Schloss wurde im 30-jährigen Krieg sowie durch Brände in den Jahren 1696, 1830 und 1865 stark in Mitleidenschaft gezogen. Die anschließenden Restaurierungen wurden jeweils recht nüchtern durchgeführt, so dass das Gebäude heute mit Ausnahme des Tores über keine künstlerisch interessanten Baudetails mehr verfügt. Dem Erdgeschoß der Südwestseite des Hofes wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein heute verglaster Laubengang vorgelagert. Die ältesten Gewölbe des Schlosses findet man im anschließenden Südturm. Bemerkenswert ist hier das achtteilige Zellengewölbe mit seinem sternförmigen Schlussstein. Ein Schulterbogenportal stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Innenräume sind zweckentsprechend modern eingerichtet.

Lage: Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 23 km südlich von Zwettl

Ort/Adresse: 3631 Ottenschlag, Niederösterreich

Besichtigung: der Hofbereich ist meist frei zugänglich, das Gebäudeinnere kann üblicherweise nicht besichtigt werden


Weitere Literatur:


08.08.2020