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Güssing - Burg


Zwischen 1140 und 1150 belehnte der ungarischen König Géza II die von ihm in das Grenzgebiet geholten Brüder Wolfer und Hedrich mit dem Gebiet von Güssing. Sie stammten von den Grafen von Hainburg ab und wurden selbst zu Stammväter zweier wichtiger Adelsgeschlechter, der „Güssinger Grafen“ und der „Hederváry“. Gemeinsam erbauten sie vorerst auf dem „Quisin“ genannten Bergkegel eine Burg aus Holz, zu der 1157 auch ein Benediktinerkloster kam. Der von Wasser und Sumpf umgebene Basaltfelsen war aber schon in prähistorischer Zeit besiedelt. Aus Quisin wurde Güssing, die älteste Burg des Burgenlandes. Kaum war das Kloster erbaut, entzog König Bela III Wolfers Sohn Henz Güssing und hob das Kloster auf, da er die hervorragende strategische Lage des Hügels mehr für militärische Zwecke nutzen wollte. Noch im 12. Jh. wurde hier eine königliche Steinburg errichtet und das Kloster darin einbezogen. Die Mönche wurden erst 1263 entschädigt. 1198 wurde Güssing als „Novum Castrum“ bezeichnet. Davon leitet sich die ungarische Bezeichnung für Güssing Nemétújvar (Deutsch Neuburg) ab. Die Burg war Teil eines Verteidigungsgürtels (Wieselburg-Ödenburg-Lockenhaus-Eisenburg), der sich entlang der ungarischen Westgrenze erstreckte. Graf Demetrius von Csák erwarb um 1220 die Herrschaft, die er bis 1238 besaß. Dann wurde sie wieder königlicher Besitz. Güssing zählte zu den wenigen ungarischen Burgen, die 1241/42 von den Tartaren nicht eingenommen werden konnten. Als Ungarn Herzog Friedrich II für seine Unterstützung gegen die Tartaren drei Grenzkomitate verpfändete, wurde Güssing vorübergehend österreichisch. 1263 belehnte König Bela IV seinen Schatzmeister Moritz Pok mit der Burg, der sie kräftig ausbaute. Nach seinem Tod fiel sie wieder an die Krone. Güssing bildete das ungarische Gegengewicht zum befestigten Fürstenfeld und der Riegersburg. 1273 trotzte Güssing den Angriffen König Ottokars von Böhmen.

Gegen Ende des 13. Jh. brachten die Güssinger Grafen die Festung wieder in ihren Besitz. Sie standen am Höhepunkt ihrer Macht und besaßen 70 Ortschaften sowie fast alle Burgen Westungarns. Heinrich II von Güssing war Palatin, Banus und oberster Richter des Landes. Er ließ sogar eigenes Geld prägen. 1289 gelang es Herzog Albrecht von Habsburg in der „Güssinger Fehde“ den Grafen Ivan militärisch zu schlagen. Des Herzogs Truchseß, Berthold von Emmerberg, eroberte Güssing und hielt es kurzfristig als Lehen. Von 1327 bis 1391 befand sich die Burg wieder im Besitz der ungarischen Könige und wurde von Kastellanen verwaltet. Die Macht der Güssinger Grafen konnte in den Jahren 1327 bis 1336 durch den ungarischen König Robert von Anjou endgültig gebrochen werden. Sie mussten fast alle ihrer Besitzungen, darunter auch Güssing, an den König abtreten. 1391 übertrug König Sigismund die Herrschaft im Tauschweg an seinen Feldherrn Ladislaus von Saró. Er fiel jedoch schon fünf Jahre später bei Nikopolis im Kampf gegen die Türken. Sein Sohn nannte sich nach seinem Gut in der heutigen Slowakei Cheh von Léva. Bis 1458 hielt seine Familie das Lehen. Dann besetzte der Wojwode von Siebenbürgen, Nikolaus Ujlaky, die Burg, da ihm die Familie Cheh eine größere Geldsumme schuldete. Er war einer der wichtigsten Vertreter der Habsburg-freundlichen Partei in Ungarn. Unter seinem Vorsitz versammelten sich 1459 die mit der Wahl Matthias Corvinus unzufriedenen Magnaten in der Burg und wählten Kaiser Friedrich III als Gegenkönig. Die Verschwörung brach jedoch bald zusammen und Ujlaky huldigte Corvinus. Dieser verzieh ihm und erhob ihn sogar in den Fürstenstand. Sein Sohn Lorenz geriet bald in einen Konflikt mit dem neuen König Wladislaw II und wurde 1495 in Güssing von dessen Truppen belagert. Auch er musste sich unterwerfen. Um 1500 war Güssing voll ausgebaut und galt als uneinnehmbar. Nach dem Tod von Lorenz Ujlaky fiel die Burg neuerlich an die ungarische Krone zurück.

1524 erhielten Franz I Batthyány und sein Neffe Christoph die Herrschaft von König Ludwig II als Dank für ihr Engagement gegen die Türken geschenkt. Die Batthyánys zählten schon zuvor zu den bedeutendsten Grundbesitzern Ungarns. Sie hatten Matthias Corvinus gegen Friedrich III unterstützt und waren eifrige Kämpfer gegen die Türken. Güssing wurde ihre Hauptresidenz. Franz Batthyány, der auch Obermundschenk Ludwigs II war, zeichnete sich in der für Ungarn so verhängnisvollen Schlacht von Mohacs besonders aus. Nachdem König Ludwig II dort ums Leben gekommen war, kam es zur Doppelwahl von Ferdinand von Habsburg und Johann Zápolya. Da letzterer Ansprüche auf Güssing erhob, stellte sich Franz Batthyány auf die Seite des Habsburgers. Als Dank dafür wurde er 1527 mit Schlaining und Rechnitz belehnt. Als Sultan Solimans 1532 nach Wien zog, musste sich Franz mit den Türken arrangieren. Seine Besitzungen wurden aber trotzdem verwüstet, worauf er zahlreiche Kroaten zur neuen Besiedelung ins Land holte. Um die immer wieder vordringenden türkischen Truppen abwehren zu können, wurden zwischen 1540 und 1580 die äußeren Befestigungen der Burg massiv ausgebaut. Unter dem calvinistisch gesinnten Balthasar Batthyány wurde Güssing zu einem wichtigen kulturellen Zentrum des Landes. So arbeitete Carolus Clusius als Botaniker an seinem Hof. Von 1595 bis 1597 war Hans Manlius als protestantischer Wanderbuchdrucker auf der Burg tätig. Balthasar legte sich eine große Bibliothek zu, die heute im Güssinger Franziskanerkloster aufbewahrt wird. Im aufgelassenen Augustinerkloster richtete er eine protestantische Mittelschule für junge Adelige ein. Wegen seiner Verdienste im Kampf gegen die Türken wurde 1603 Franz II Batthyány in den Grafenstand erhoben. Während des Bocskay-Aufstandes ging 1605 die Stadt Güssing in Flammen auf, die Burg blieb aber unversehrt. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern war Adam I Graf Batthyány katholisch. Er berief 1648 die Franziskaner nach Güssing und setzte die Gegenreformation in seinem Herrschaftsbereich durch. 1662 kam es zur Teilung des riesigen Familienbesitzes. Güssing blieb bei der älteren (später fürstlichen) Linie. 1683 diente die Burg der Bevölkerung als Fluchtort vor den herannahenden Türken. Der „Rauchfeuerturm“ der Burg erinnert noch heute an die Kreidfeuer, mit denen die Bevölkerung bei drohender Gefahr aufgefordert wurde, hier Schutz zu suchen. Das System der Kreidfeuerstationen reichte damals bis Wien. Im 17. Jh. lebten zwischen 200 und 400 Personen ständig in der Burg, der Großteil davon Soldaten. Graf Christoph Batthyány und sein Sohn Adam II mussten sich aber schließlich dem aufständischen Grafen Tököly und den Türken unterwerfen, was sie aber nicht hinderte, nach deren Niederlage, eifrig an ihrer Verfolgung teilzunehmen. Beim Kuruzzenaufstand von 1704/06 schloss Graf Karoly die Stadt ein. Es gelang ihm aber nicht die Burg zu erobern. Sie diente damals den Kaiserlichen als Arsenal zur Versorgung ihrer Truppen. 1708 war die Burg mit 67 Geschützen ausgerüstet, von denen 24 schwere Kaliber hatten. 1749 wurde Karl Josef Graf Batthyány zum Erzieher des späteren Kaisers Josef II bestimmt. Von diesem wurde er 1764 in den Reichsfürstenstand befördert. Wegen der Modernisierung der Waffentechnik hatte die Burg mittlerweile ihre militärische Bedeutung verloren. 1777 wurden alle Geschütze entfernt. Auf Grund der hohen Erhaltungskosten und der inzwischen eingeführten Dachsteuer begann man ein Jahr später mit der teilweisen Demolierung der Verteidigungsanlagen. Als Philipp Fürst Batthyány kinderlos starb, heiratete seine Nichte Karl Graf Draskovich. Dadurch gelangten große Teile der Herrschaft in den Besitz der Familie Draskovich. 1870 errichtete Fürst Philipp Batthyány testamentarisch eine Stiftung zur Erhaltung der Burg. Dennoch verfiel die Anlage bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. hinein. Zwischen 1982 und 1990 kam es dann zu einer umfassenden Restaurierung der bereits zur Halbruine gewordenen Burg. Da die Stiftung in den Inflationsjahren nach dem Ersten Weltkrieg den größten Teil ihres Kapitals verloren hatte, musste für die Renovierungskosten in erster Linie die öffentliche Hand einspringen. Die Burg gehört nach wie vor der Stiftung, deren Kurator der jeweilige Familienchef - derzeit Fürst Ladislaus Pascal Batthyány-Strattmann - ist. Seit einigen Jahren finden im Burghof Sommerspiele statt.

Die Burg steht auf einem vulkanischen Basaltkegel. Seine aus der Ebene steil aufragenden Felswände und das über dem Krater liegende Plateau, sowie seine Lage im Grenzgebiet zwischen Österreich und Ungarn, machten den Hügel zu einem Idealfall für die Anlage einer leicht zu verteidigenden Burg. Wie schwer es ein Angreifer hatte, merkt man, wenn man den steilen Burgweg am Nordhang des Berges hinaufkeucht, was aber heute nicht unbedingt notwenig ist, da seit einigen Jahren ein Schrägaufzug existiert. Der Aufgang zur Burg ist durch mehrere Toranlagen gesichert. Der erste Torbau besteht aus der rechteckigen Toranlage und dem ursprünglich mit einer Zugbrücke ausgestatteten „Scheibelturm“, der 1544 unter Franz Batthyány errichtet wurde. Sein Erdgeschoß diente den Wachen als Unterkunft, während der Oberstock als Schießkammer für kleine Kanonen dienen konnte. An diesen Rundturm schloss die Stadtbefestigung an. Der Stadtgraben reichte bis hierher. Hinter dem Tor erhebt sich eine hohe Felswand und anschließend eine Bastionsmauer mit vielen Schießscharten, von denen aus ein Angreifer bekämpft werden konnte. Auch das zweite Tor war mit einer Zugbrücke versehen. Es ist im Westen an eine Bastei angeschlossen, die „Scharfes Eck“ genannt wurde. Hier setzte die westliche Stadtmauer an. Über der Bastei ragt ein riesiger Bau auf, die sog. Kanonenhalle, die mit Schießscharten für schwere Geschütze versehen war. Ein noch erhaltenes Renaissance-Portal ermöglichte die Einfahrt der Kanonen in die Halle. Ihr großer Innenraum wird von vieleckigen Säulen gestützt. Im Gewölbe befinden sich Lichtöffnungen, die auch dem Abziehen des Rauches dienten. Auf ihrer Decke standen leichtere Geschütze. Nun gelangt man durch zwei Rundbogenportale in den Zwinger. Die steile Felswand an seinem östlichen Ende weist Spuren eines Gebäudes auf, das einst als Gefängnis diente. Nach einer steilen Kehre steht man vor dem „Holzgittertor“ mit dem „Rauchfeuerturm“, der das Tor der Kanonenhalle deckte. Durch das „Adamstor“ gelangt man in einen 18 m langen Tunnel, der den Blick auf den grasbewachsenen äußeren Burghof freigibt. Er ist von Resten der alten Randbefestigung aus dem 16. und 17. Jh. umgeben. Die Gebäude, die einst den riesigen Hof säumten, sind zum größten Teil abgetragen. An seiner Ostseite stand das Benediktinerkloster, das zugunsten des Ausbaues der Burg geopfert wurde. Von ihm sind noch einige Mauerreste zu sehen. Neben der Kanonenhalle stand der „Ujlaki-Turm“, dessen Gewölbe noch weitgehend erhalten, aber mit Schutt gefüllt ist. Im Norden des Geländes befand sich ein langgestreckter Gebäudekomplex, der Wohnräume enthielt. Daran schlossen sich mit Stuckdecken versehenen Repräsentationsräume an, deren Ausstattung aus dem 17. Jh. stammte. Der direkt an den Felsen gebaute „Witwenturm“ diente der Verteidigung nach Westen hin. In seinem oberen Bereich lebte die Witwe des jeweiligen Burgherrns. Heute ist hier ein Restaurant untergebracht. In der Mitte des Hofes liegt ein 120 m tiefer Brunnen, der aus dem Basaltgestein herausgehauen wurde.

Die Südseite des äußeren Hofes wird von der eigentlichen Hochburg eingenommen. Sie liegt etwa 100 m über der Stadt. Die vom Hof aus zugängliche Burgkapelle „Maria Schnee“ wurde im 15. Jh. erbaut. Sie weist ein Kreuzrippengewölbe sowie einen spätromanischen Portalrahmen an der Westwand auf. Ihr ursprüngliches Interieur hat sich nicht erhalten. Die heutige neugotische Ausstattung wurde um 1794 geschaffen. Der Seitenaltar stammt von 1662. Bis ca. 1900 befand sich neben der Kapelle ein Turm, über dessen Wendeltreppe man den „Rittersaal“ erreichte. Der ursprüngliche Zugang zur Hochburg erfolgte über eine Zugbrücke durch ein Tor, das jetzt aber zugemauert ist. Heute betritt man die Bauten der Hochburg durch eine Tür links neben dem Torbau. Rechts davon liegt eine Bastei, die früher als „Cavalier“ bezeichnet wurde. In ihr befand sich die Zisterne. Hinter dem Torbau lag eine Säulenloggia, die zum Innenhof hin durch Arkaden geöffnet war. An ihrer Stelle hat man in der zweiten Hälfte des 20. Jh. einen Ziegelbau errichtet. Vom inneren Burghof aus gelangt man in den Bergfried, dessen Bausubstanz im unteren Bereich noch auf die erste Steinburg zurückgeht. Er wurde im 17. Jh. mit einer Haube und dem Treppenhaus zum Glockenturm umgebaut. Die übrigen Bauten des Innenhofes sind meist dreigeschossig. Sie sind mit ihrer Außenwand dem Felsabbruch angepasst und daher mehrfach geknickt. Die vom Hof aus zugänglichen Räume sind ein bis zwei Meter tief aus dem Felsen gehauen. Sie reichen in die romanische Epoche zurück. Das Treppenhaus, das dem Torbau gegenüber liegt, stammt wie dieser aus der Zeit der Renaissance. An den Bergfried schließt der Palas an. Im ersten Stock liegt ein ehemaliger Wehrgang, der zum Hof hin, als Arkadengang ausgebildet ist. Hier befindet sich das Burgmuseum, in das der Ahnensaal und die ehemalige Kunstkammer integriert sind. In der Gemäldesammlung finden sich u. a. zwei Bilder von Lukas Cranach. Die Räume des zweiten Stocks dienen heute vornehmlich Ausstellungszwecken. Die Hochburg ist durch drei Basteien gesichert. Ihre Kasematten dienten auch als Lebensmittel- und Munitionsdepots. An der Außenwand des Südtraktes der Hochburg sind 17 gotische Kragsteine zu sehen, die im 15. Jh. einen Wehrgang trugen.

Lage: Burgenland/Südburgenland – inmitten der gleichnamigen Stadt

Besichtigung: Die Außenanlagen sind frei zugänglich. Das Burgmuseum in der Hochburg ist vom Ostersonntag bis Ende Oktober täglich außer Montag von 10.00 bis 17.00 geöffnet.

Homepage: www.batthyany.org


Weitere Literatur:


23.02.2003