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Lichtenwerth


Der Burgenreichtum der näheren Umgebung ist darauf zurückzuführen, dass hier die die seinerzeitigen Machtbereiche von Tirol, Bayern und Salzburg zusammenstießen, wobei jeder Landesherr sein Territorium mit eigenen Wehrbauten schützen wollte (Lichtenwerth – Tirol, Matzen – Bayern, Kropfsberg - Salzburg), da keiner dem anderen traute und Schwäche zeigen wollte. Lichtenwerth ist eine der besterhaltenen Burgen Tirols und zugleich die einzige echte Wasserburg des Landes. Ihr romanischer Charakter ist noch deutlich erkennbar. Die Burg wurde vermutlich anfangs des 13. Jahrhunderts auf einem heute verlandetem, damals aber vom Inn umspülten Felsen als Wasserburg errichtet, worauf die Silbe werth = Insel hinweist. Wer der Erbauer des ersten Wehrbaues an der heutigen Stelle der Burg war, ist nicht bekannt. Es dürfte sich aber um einen der Herren von Freundsberg gehandelt haben, der einen seiner Gefolgsleute mit dem Bau beauftragt hatte. Er und seine Nachkommen nannten sich bald nach der von ihnen errichteten Burg. Man vermutet, dass die Lichtenwerther aus dem Zillertal stammten, da sie mehrfach Schenkungen von Gütern in diesem Bereich an das Kloster St. Georgenberg vornahmen. Die Freundsberger waren ein mit herrenrechtlichen Privilegien ausgestattetes ritterliches Dienstmannengeschlecht. Zwischen 1212 und 1242 wird ein Rudolfus de Liehtenwerde mehrfach erwähnt, der ein Festes Haus auf einer Inninsel bei Prisslech (Brixlegg) hatte und vermutlich ein Dienstmann der Freundsberger war. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts war Lichtenwerth eine Eigenburg der Freundsberger. Dann gab es Probleme mit dem Erzbischof von Salzburg. Bartholomäus von Lichtenwerth hatte, ohne die Erlaubnis seines Landesherrn einzuholen, im Zillertal eine neue Burg errichtet. Der Erzbischof verstand in solchen Fragen keinen Spaß, so dass Bartholomäus den Wehrbau schließlich wieder abtragen musste. Wohl als Strafe für sein eigenmächtiges Vorgehen musste Bartholomäus seine eigene Burg Lichtenwerth, die er bisher als freies Eigen besaß, dem Erzbischof übergeben und sie um 1312 von diesem als Salzburger Lehen wieder in Empfang nehmen. Die Burg wurde erst im Jahr 1303 erstmals urkundlich genannt, als ein Bartlmä von Lichtenwerde dem Tiroler Landesfürsten als „castellanus“ von Ambras diente. Sein gleichnamiger Bruder saß in dieser Zeit auf Lichtenwerth. Da der Leitname der Lichtenwerther offenbar Bartholomäus war und in jeder Generation mehrfach vorkam, ist es schwer die einzelnen gleichnamigen Familienmitglieder auseinander zu halten. Mit Thomas von Freundsberg saß um 1361 wieder ein bedeutender Vertreter der Eigentümerfamilie auf Lichtenwerth. Thomas konnte es sich leisten, den deutschen Kaiser Ludwig den Bayern und die bayrischen Herzögen mit größeren Krediten zu unterstützen.

Seine Söhne Hans und Georg verkauften 1379 ihre Burgen Thierberg, Schintelburg und Mariastein an die Herzöge von Bayern. Zwar wurde auch Lichtenwerth abgegeben, doch wurde der Verkauf wieder rückgängig gemacht, da die Bayern nicht alle gekauften Wehrbauten voll bezahlen konnten. Während des Aufstandes von Graf Heinrich von Rottenburg und seinen adeligen Freunden gegen Friedrich IV (Friedl mit der leeren Tasche) hielten die Freundsberger weiterhin zu ihrem Landesfürsten. Bayrische Truppen belagerten daraufhin 1410 mehrere Wochen lang die von Ulrich von Freundsberg verteidigte Burg, konnten sie aber nicht einnehmen. Die Burg erlitt jedoch größere Schäden an den Mauern. Außerdem drangsalierten die Bayern die Untertanen der Herrschaft, indem sie deren Häuser in Brand setzten und das Vieh wegschleppten. 1443 wurden die Schäden den Freundsbergern vom Tiroler Landesherrn finanziell abgegolten. Damals wurde auch die Hofmark Lichtenwerth und Münster errichtet, wobei die Rottenburger etwa die Hälfte ihrer niederen Gerichtsbarkeit im Dorf Münster an die Hofmark verloren. Diese blieb bis in das 19. Jahrhundert bestehen. Die Freundsberger verloren aber bald ihr persönliches Interesse an Lichtenwerth, das sie nun von Pflegern verwalten ließen. Schließlich verkauften sie 1468 Lichtenwerth und Matzen an den Kammermeister Herzog Sigismunds des Münzreichen, Mathias Türndl. Aber auch dieser bewohnte sie kaum In den 75 Jahren zwischen 1468 und 1543 wechselte Lichtenwerth fünfmal seine Eigentümer. Nach Türndls Tod verkauften seine Erben 1483 die Herrschaft an den umtriebigen Finanzmann Anton von Ross. Als Heiratsgut gelangte sie an den Pfleger von Freundsberg Hiltprand von Spaur. Der nächste Besitzer war 1516 Anton Ruml von Lichtenau, der Pfleger von Schwaz und Hüttverwalter zu Rattenberg war. Seine Gattin hatte die Burg in die Ehe mitgebracht. Im 15. Jahrhundert hatte der Inn als Folge eines Hochwassers sein Bett verändert und floss nun nördlich an der Burg vorbei, wodurch diese ihren natürlichen Schutz verloren hatte. Ruml ließ daher 1519 den Fluss wieder in sein altes Bett umleiten. Ruml war Rat Kaiser Maximilians I und Präsident der tirolischen Kammer. Trotz seiner hohen Stellung musste er nach einem dreijährigen Prozess auf Befehl der Landesregierung den vorherigen Zustand wiederherstellen.

Nach Rumls Tod verkaufte seine Witwe 1542 die Herrschaft an den Schwazer Gewerken Hans Stöckl, der sie aber schon nach wenigen Monaten an Ambros Mornauer veräußerte. Dieser war kaiserlicher Rat und Hüttenmeister in Rattenberg. Obwohl die Eigentümerfamilien der Burg nun bis in das 19. Jahrhundert hinein häufig wechselten, wurde Lichtenwerth nicht mehr veräußert, sondern beim Ableben eines Eigentümers jeweils vererbt. Da es sich bei den Erben und Miterben häufig um Töchter oder sonstige weibliche Verwandte handelte, erklärt dies die verschiedenen Familiennamen der Besitzer. Ambros Mornauer führte an der Burg größere Umbauten durch, die diese allmählich in ein Schloss verwandelten. Er wohnte aber dennoch meist nicht hier sondern vorwiegend im „Großen Haus“ in Rattenberg, das wesentlich wohnlicher ausgestattet war. In diesem beherbergte er im Dezember 1562 die Kinder des damaligen Königs Maximilian II. Ambros wurde nobilitiert, starb aber bereits 1549. Seine Schwiegertochter Apollonia Stöckl trat vom Katholizismus zum Protestantismus über und musste darauf Tirol verlassen. Georg Ludwig Mornauer war landesfürstlicher Pfannhausverwalter in Hall und Pfennigmeister des dort befindlichen Damenstiftes. Er ließ die von seinen protestantischen Verwandten profanierte Kapelle instand setzen und 1620 neu weihen. Nach dem Ableben seiner Gattin wohnte er wieder längere Zeit auf Lichtenwerth. Ein interessanter Besitzer war Ferdinand Sterzinger, der in den Theatinerorden eintrat und sein Leben der Wissenschaft widmete. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Bemerkenswert ist, dass Ambros Nachkommen meist zahlreiche Kinder hatten, von denen zwar nicht alle das Kindesalter überlebten, was aber dennoch zu einer Zersplitterung des Familienvermögens führte. 1777 heiratete Maria Josepha Sterzing Johann von Mersi. Das Paar hatte 14 Kinder. Einer ihrer Söhne, Andreas von Mersi, hatte ebenfalls 10 Kinder. 1874 konnte die bisherige Lehensbindung der Herrschaft beendet werden. Lichtenwerth wurde endlich zum Freien Eigen erklärt. Seit 1879 ist die aus Südtirol stammende Familie Inama-Sternegg Haupteigentümerin von Lichtenwerth, nachdem es ihr gelungen war, die meisten Anteile der umfangreichen Verwandtschaft abzulösen.

Die Burg Lichtenwerth steht frei auf einem etwa 175 m langen und ca. 12 m hohem Hügel inmitten des Inntales. Sie wurde vom 13. Jahrhundert bis heute nahezu durchgehend bewohnt und gepflegt, so dass sie ausgezeichnet erhalten ist und ihren romanischen Charakter bewahren konnte. Bei ihrer Erbauung lag der Hauptarm des Inns noch südlich des Burghügels. Lichtenwerth hat nach dem Vorbild der Stauferburgen zwei wuchtige Bergfriede mit Ausmaßen von etwa 8,2 x 10,2 m, wobei der im Osten liegende, etwa 20 m hohe Turm nur mäßig über die übrigen Gebäude emporragt. Seine Mauern sind an der Basis fast 1,5 m stark. Seine Aufgabe war es, die Angriffsseite zu schützen. Als zusätzliche Sicherheit wurde dieser ein in den Fels gehauener etwa 8 m tiefer Graben vorgelegt. Angriffe waren in erster Linie aus dem Osten zu erwarten. Man fürchtete sich mit Recht vor den Bayern, da diese bis in das 19. Jahrhundert immer wieder versuchten, sich das fruchtbare Inntal anzueignen. Als Bergfried war der Turm ursprünglich unbewohnt, wurde aber um 1545 durch Ambros Mornauer bewohnbar gemacht. In seinen Räumen haben sich noch die alten Balkendecken erhalten. Hier befand sich auch die Gerichtsstube. Der amtierende Hofmarkrichter war aber nur für die Niedere Gerichtsbarkeit zuständig. Schwerverbrecher mussten an das Landgericht auf der Rottenburg überstellt werden. Der westliche, etwas jüngere, ursprünglich ebenso hohe Bergfried hatte das innere Burgtor bzw. den Zugang in die Hauptburg zu schützen. Über dem Inneren Tor ist eine interessante Uhr aus dem Jahr 1720 angebracht. Sie besitzt zwei große Zifferblätter, von denen eines in die Vorburg und das andere in die Kernburg zeigt. Das letztere ist in einem von Wappen begrenztem Schmuckbrett eingearbeitet. Zwischen den beiden Wehrtürmen erstreckt sich die Kernburg. Auch ihre Außenmauern sind unverputzt und zeigen die regelmäßigen romanischen Steinquader aus hochwertigem Kramsacher Marmor, die bei ihrer Erbauung verwendet wurden. Die Gebäudeecken sind durch großformatige Buckelquader verstärkt. Die Süd- und die Nordseite der Burg waren vom Inn umspült und daher relativ sicher. Man konnte sich hier große, romanische Bogenfenster leisten. Als die Feuerwaffen aber immer weittragender wurden, musste man sie jedoch zumauern. Sie sind aber noch deutlich in der Nordmauer erkennbar. Der Wohnbau, den sie erhellten, ist jedoch nicht mehr erhalten. Der hölzerne Wehrgang entlang der Nord- und Westmauer stammt vermutlich aus dem 15. Jahrhundert.

Um 1250 wurde der Hauptburg eine geräumige, von hohen Mauern umgebene Vorburg vorgelegt. Sie liegt etwa 5 m unterhalb der Kernburg. Ihre Ringmauer, die den etwa 1300 m² großen äußeren Burghof zu schützen hatte, ist durchschnittlich 1,6 m stark und bis zu 9 m hoch. An Hand der noch vorhandenen Balkenlöcher an der Innenseite der Außenmauer erkennt man, dass die Mauer ursprünglich mit einem hölzernen Wehrgang ausgestattet war. Wie üblich waren an sie im unteren Bereich verschiedene Wirtschaftsgebäude angebaut, so dass der 56 m lange Hof wesentlich enger war als heute. Zwei Bauten sind noch erhalten. Die meisten Häuser waren aber aus Holz errichtet und wurden später abgerissen, so dass ihre genaue Lage und ihr Zweck heute nicht mehr festzustellen ist. Dass die Burg seit ihrer Erbauung auch landwirtschaftlich genutzt wurde, erkennt man am ehemaligen Schweinestall und am breiten und hohen Einfahrtstor, das auch hochbeladenen Fuhrwerken die Einfahrt ermöglichte. Lichtenwerth hatte keinen Brunnen im Hof. Die Wasserversorgung erfolgte mittels einer um 1550 installierten Wasserleitung, die aus Holzrohren gefertigt war und erst 1907 durch Eisenrohre ersetzt wurde. An der Ostseite des Hofes gelangt man über eine kurze Außentreppe zum Tor des oberen Burghofes. Dieser ist mit 130 m² wesentlich kleiner als der Wirtschaftshof, doch befinden sich hier mit den beiden Türmen, dem Palas und der Burgkapelle die wichtigsten Bauten der Burg. Der viergeschossige Ostturm ist etwa 18 m hoch. An der Angriffsseite sind seine Ecken durch Buckelquader verstärkt. Sein Hocheinstieg befand sich ca. 2,5 m über dem Hofniveau. Sein oberstes Stockwerk ist vom Dachraum des anschließenden Stöckelgebäudes aus zugänglich. Das unterste Geschoß wurde zeitweise als Getreidelager verwendet. Dendrochronologische Untersuchungen zeigten, dass der romanische Wehrturm um 1225 errichtet worden war. Der zweigeschossige Palas ist an die südliche Ringmauer angebaut. Geländebedingt liegt er etwas tiefer als der Hof. Im Zug der barocken Umbauarbeiten wurde in den Jahren um 1720 ein neuer Zugang vom Hof in den Palas geschaffen. Er führt in ein barockes Treppenhaus, das die Wohnräume im ersten und zweiten Stock erschließt. Im ersten Obergeschoß befand sich ursprünglich ein ca. 12 m langer und 7 m breiter Saal, der durch drei doppelte romanische Fenster in der Südmauer beleuchtet wurde. Er ist in seiner damaligen Form aber nicht mehr erhalten, da er 1723 mehrfach unterteilt wurde. Zu den vier nun hier befindlichen Gesellschaftsräumen zählt der Ahnensaal mit den Porträts der Burgherren vom 16. bis zum 19. Jahrhundert sowie das sog. Tapetenzimmer, dessen Leinwandbespannung der Wände noch aus dem 16. Jahrhundert stammen dürfte.

Die Kapelle befindet sich in der Südostecke der Kernburg zwischen dem Ostturm und dem Palas. Sie war bis 1620 dem hl. Johannes dem Täufer und seither Maria Schnee geweiht. Die Architektur war romanisch, doch wurde sie im Lauf der Zeit mehrfach verändert. So wurde ihre ursprünglich flache Decke in der Gotik durch ein einfaches Rippengewölbe ersetzt. Zuletzt ließ Christoph Ignaz Dominik Sterzinger 1776 anstelle der gotischen Rippen die heute noch vorhandene Rokoko-Stuckierung anbringen. Das Altarbild zeigt die Madonna mit dem Jesuskind und dem hl. Johannes d. T. An der Decke erkennt man die Wappen einiger Mitglieder der Familie Mornauer. Der Westturm hatte anfangs die gleiche Höhe wie der Ostturm, doch stürzte 1653 sein Oberteil ein. Der Wiederaufbau erfolgte nur bis zum dritten Geschoß bzw. auf die Höhe des dreigeschossigen Palas, so dass er heute um ca. 6,5 m niedriger als der Ostturm ist. Sein Erdgeschoß diente in der Folge als große Speise- und Vorratskammer. Der darüber befindliche Raum eignete sich wegen seiner Feuersicherheit sehr gut zur Unterbringung wichtiger Dokumente. Er wird als Archiv noch heute genutzt. Das dritte Turmgeschoß blieb unausgebaut und wurde gelegentlich als Arbeitsraum von den auf der Burg tätigen Handwerkern benützt. In der Nordostecke des oberen Burghofes liegt das sog. Stöckel, ein Wohnbau, der zu Beginn des 14. Jahrhunderts errichtet wurde, da die bisherigen Gebäude am Burgareal für die Eigentümerfamilie nicht mehr ausreichten. Er weist drei Stockwerke über dem Kellergeschoß auf. Beim Innenausbau der Burg erhielt er 1545 ein neues Dach aufgesetzt. Franz Ignaz Sterzinger richtete in einem Zimmer des erst kurz zuvor aufgebauten dritten Stocks um 1730/35 ein Schlosstheater im Stil des Rokokos ein. Seine Originalkulissen sowie der Bühnenvorhang sind noch gut erhalten. Das Theater wurde noch bis vor wenigen Jahrzehnten von der Familie bespielt. Bemerkenswert ist auch die gewölbte Küche mit dem großen Rauchabzug.

Lage: die Burg steht auf einer Anhöhe westlich von Brixlegg am rechten Innufer, gehört aber zur Gemeinde Münster jenseits des Flusses

Besichtigung: Die Burg ist bewohnt und kann nur von außen besichtigt werden.


Weitere Literatur:


11.05.2020