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Hall - Thurnfeld


Die im Norden unmittelbar an Hall anschließende Gegend wurde im 15. Jahrhundert Aichach oder Thurnfeld genannt. 1439 überließ sie Herzog Friedrich IV von Tirol der Gemeinde Hall zur Nutzung. Bis 1486 konnte Barthlmä von Hammerspach den größten Teil davon erwerben. Damals erhielt er von Herzog Sigmund dem Münzreichen die Bewilligung zur Errichtung einer Mühle, die bis in das dritte Viertel des 20. Jahrhunderts existierte. 1535 verkaufte Margreth, die Gattin des Franz von Hammerspach das hier befindliche Gut an das Kloster zu unserem Herrn in Hall, Bereits zehn Jahre zuvor hatten die Nonnen ein etwas kleineres Grundstück erworben. Im 16. Jahrhundert fand jedoch die Glaubensspaltung statt, während der ein Großteil der Mönche und Nonnen ihre Klöster verließ und sich den Anhängern Martin Luthers anschloss. So war es auch in Hall. 1571 hatten alle Bewohner inklusive der Äbtissin das Gut Aichach verlassen, so dass es der Bischof von Brixen, Christof von Madrutz an die Erzherzoginnen Magdalena und Helena von Österreich, die Schwestern des Erzherzogs Ferdinand II, verkaufte. Die beiden Damen gründeten ein Damenstift und errichteten hier ein freistehendes Sommerschlösschen mit Turm. Seine einsame Lage sollte als „Fluchtort“ genutzt werden, wenn die damals in Europa grassierende Pest auch Hall erreichen sollte. Um diese Krankheit fern zu halten, wurde der Ansitz mit einer hohen Mauer umgeben, die Kontakte mit der Stadtbevölkerung möglichst vermeiden sollte. Außerhalb dieser Mauer wurde vorerst auf eine Bebauung verzichtet. Die Pläne für diesen Ansitz dürften vom Innsbrucker Hofbaumeister Albrecht Lucchese stammen. Magdalena wurde Fürstäbtissin und leitete das Stift 22 Jahre lang. 1632 flüchtete Maximiliana, die Tochter Herzog Ferdinands von Bayern mit ihren Klosterfrauen hierher. Auch die vom Dreißigjährigen Krieg vertriebenen Zisterzienserinnen von Oberschönenfeld in Bayern fanden hier Aufnahme. Im Pestjahr 1634 zogen sich die Haller Stiftsdamen selbst hierher zurück. Noch 1760 quartierten sich hier die Patres des Franziskanerklosters ein, denen dieses durch einen Brand zerstört worden war. 1783 wurde das Damenstift aufgehoben und der Ansitz im Rahmen einer Versteigerung an Karoline Gräfin Selb verkauft. Das Gut wurde verpachtet. Mit Kassian Wäckerle ging Thurnfeld 1803 in bürgerliche Hände über. Der folgende Eigentümer Thomas Noichl ging in Konkurs, so dass der Ansitz wieder von Karoline Gräfin Selb übernommen wurde. 1812 kaufte schließlich Karl Graf Spaur das Gut, das aber 1846 von seinen Kindern dem Gastwirt Georg Wegscheider verkauft wurde. Als dieser starb kaufte der Orden der Salesianerinnen von der Heimsuchung Marias seiner Witwe den Besitz ab. 1861 errichtete der Innsbrucker Architekt Josef Mayr einen neuen Trakt in dem die Salesianerinnen ein Mädchenpensionat eröffneten. Die hier befindlichen Schulen wurden mittlerweile vom Land Tirol übernommen. Das Kloster der Salesianerinnen wird aber noch immer von den Schwestern bewohnt.

Der Ansitz Thurnfeld ist von einer weitläufigen Umfassungsmauer umgeben, so dass er von außen kaum sichtbar ist. Das dreigeschossige Gebäude liegt im Südosten des riesigen Geländes, das einst als Obstgarten genutzt wurde. Es war ursprünglich freistehend, ist heute jedoch an der südlichen Schmalseite baulich mit den Klostergebäuden verbunden. Die lange, aus Bruchsteinen errichtete Begrenzungsmauer wird nur durch vier kleine, aber malerische Rondelle aufgelockert. Der ansonsten weitgehend schmucklose Bau des Ansitzes weist an seiner Ostfront ein schmales polygonales Türmchen auf, das mit fünf Seiten aus der Hauptfront vorspringt. Wie eine Ansicht aus dem Jahr 1750 zeigt, wurde der Turm damals von einer Haube mit Laterne abgeschlossen. Allerdings war er zuvor mit einem Pyramidendach gedeckt, wie es für einen Renaissancebau üblich war. Mittlerweile hat er dieses wieder erhalten. In allen drei Stockwerken sind die Räume des Ansitzes durch lange Mittelflure zugänglich. Im Erdgeschoß überwiegen Stichkappentonnengewölbe des 16. Jahrhunderts, während im Flur des Obergeschosses eine Holzdecke aus der gleichen Zeit etwas wohnlicher wirkt. Der interessanteste Raum ist die Hauskapelle (11,1 x 4,7 m) im ersten Obergeschoß. Ihre polygonale Apsis nimmt den anschließenden Turmraum ein. Ein Segmentbogen trennt die flache Holzdecke vom Gewölbe des Chores. Der gesamte Innenraum der Kapelle ist mit reicher ornamentaler Malerei aus der Zeit um 1700 ausgeschmückt. Sie dürfte von Caspar Waldmann stammen. An der Holzdecke erkennt man die von Engel umgebenen Monogramme von Jesus Christus, Maria und Joseph. Bemerkenswert ist der mit einem Dreiecksgiebel versehene Renaissance-Flügelaltar aus dem dritten Viertel des 16. Jahrhunderts. An den Außenseiten der Altarflügel sowie an der Rückwand des Altarschreines befinden sich Tafelmalereien von Lucas Cranach, die mit 1537 datiert werden. Die teilweise geschnitzten Bänke, sowie die ähnliche Vertäfelung an der Eingangsseite und die mit Einlegearbeiten und ziselierten Beschlägen versehene Eingangstür gehören noch der Bauzeit der Kapelle an. Die Kreuzwegstationen stammen vom Ende des18. Jahrhunderts, die Glocke aus dem Jahr 1587.

Ort/Adresse: Kaiser Max Straße 3, 6060 Hall/Thurnfeld

Besichtigung: meist nicht möglich


Weitere Literatur:


01.10.2019