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Graz - St. Gotthard


Das relativ wenig bekannte Schloss St. Gotthard im Grazer Stadtbezirk Andritz war ursprünglich ein Wirtschaftshof des Stiftes Rein. Es wurde Weinzierl genannt, was schon darauf hindeutet, welche Art Landwirtschaft hier betrieben wurde. 1147 ging der damalige reine Zweckbau in das Eigentum des Benediktinerstiftes St. Lambrecht über, das mit ihm vorerst die Stubenberger belehnte. 1319 diente der Hof dem Hochmeister des Stiftes St. Lambrecht, Niklas zu Weinzürl als Wohnung. Außerdem wurden von hier aus die ausgedehnten Weingärten des Stiftes bewirtschaftet und die Weinfässer zentral gelagert. Weinzierl war für St. Lambrecht lediglich ein Meierhof. Zwar scheint damals auch ein Kaplan unter den Bewohnern auf, doch wird eine Kapelle erst 1373 erstmals erwähnt. 1532 wurde der nahezu unbefestigte Bau von den Türken niedergebrannt. Die schweren Schäden konnten erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts behoben werden. Abt Benedikt von St. Lambrecht entschloss sich jedoch, sowohl den Hof als auch die Kirche in den Jahren 1654 bis 1659 nach Plänen des Baumeisters Domenico Sciassia erneuern zu lassen. Unmittelbarer Anlass hiefür war der angekündigte Besuch von Kaiser Leopold I, der 1660 am Weg von Wien nach Graz zur Erbhuldigung hier haltmachte. Ab 1673 wurde der ehemals bescheidene Wirtschaftshof, der mittlerweile zu einem kleinen Schloss ausgebaut worden war, St. Gotthard genannt. Zur Zeit der Weinlese diente dieses dem Abt von St. Lambrecht als Absteige. 1786 wurde das Stift aufgehoben. Das Schloss wurde nun Staatsherrschaft und vom Religionsfonds verwaltet, ging jedoch bald in Privatbesitz über. 1804 erwarb Franz Moss von Sonnegg die Herrschaft. Mit ihm begann ein häufiger Wechsel der Schlossbesitzer. 1808 ließ der damalige Schlossherr Cajetan Graf Wildenstein verschiedene Umbauten vornehmen. Unter anderem ließ er die 1659 geweihte Schlosskirche abtragen, angeblich weil sie ihm die Aussicht auf den Grazer Schlossberg verstellte. 1870 gehörte St. Gotthard dem Freiherrn Ecker von Eckhofen, der ebenfalls umfangreiche Ausbauten anordnete. Ende des 19. Jahrhunderts produzierte Dr. Gero Dennig in dem mit dem Schloss verbundenen Gutsbetrieb verschiedene Nahrungsmittel. Heute werden hier Angus-Rinder gezüchtet.

Schloss St. Gotthard liegt am Fuß des Admonter Kogels. Es besteht aus zwei zweigeschossigen Gebäudeteilen, die im rechten Winkel aneinanderstoßen. An seiner Nordwestecke werden die Wohntrakte von einem viergeschossigen quadratischen Turm deutlich überragt, der 1830 auf seine jetzige Höhe aufgestockt und 1968 restauriert wurde. Seine heutige Form bekam er 1908. Er trägt ein flaches Zeltdach, auf dem eine Laterne sitzt. An seiner Fassade ist ein steinernes Allianzwappen angebracht. Der südöstliche Wohntrakt ist der Rest eines einst vierseitigen Gebäudeblocks an den im Osten die große Schlosskirche anschloss. Sie war mit dem eigentlichen Schloss durch einen gemauerten Gang verbunden. Dieser Zentralbau hatte den Grundriss eines griechischen Kreuzes. Das Kirchenschiff hatte eine Länge von ca. 60 Meter und eine Höhe von 12 Meter. Blickfang war die barocke Kuppel. Das Innere wurde von zwölf alten Glasfenstern beleuchtet. Zu seinem Schmuck zählten u. a. acht hölzerne Statuen. Im kleinen Turm hingen zwei Glocken, die sich heute in der Pfarrkirche von St. Veit befinden. Die beiden Wohnflügel des Schlosses zeigen hofseitig große Arkadengänge, die im Nordwestflügel zweigeschossig sind, sich auf Pfeiler stützen und heute verglast sind. Das Erdgeschoß des Südosttraktes wird von dreien dieser rundbogigen Fenster beleuchtet, die bis zur Fassadenmitte reichen, wo sich ein relativ einfaches Portal befindet. Die Flachdecken dieser Arkadengänge sind im Obergeschoß mit Stukkaturen geschmückt, die Mattia Camin zugeschrieben werden. Im Erdgeschoß des Ostflügels ist eine Marmortafel eingemauert, die ursprünglich an der Kirche angebracht war und an den Besuch des Kaisers Leopold I erinnert. Bemerkenswert sind die großen gepflegten Innenräume in denen sich noch Teile des ursprünglichen Mobiliars aus Barock-, Empire- und Biedermeierzeit erhalten haben. Knapp unterhalb des Schlosses liegen die stattlichen Gebäude des Meierhofes. Auf einem steilen Felsen oberhalb des Schlosses ist das Kegeldach des „Pfefferbüchsels“ zu sehen, ein runder Gartenpavillon aus der Zeit um 1830, der damals aber vielleicht als Unterkunft für die Hüter des Weinberges gedient hatte.

Ort/Adresse: 8045 Graz-Andritz, Andritzer Reichsstraße 160

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


24.06.2019