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Waldstein - Burgruinen


An die im ausgehenden Mittelalter recht mächtige Burg Waldstein im Hügelland des steirischen Übelbachtals erinnern heute neben dem stattlichen gleichnamigen Barockschloss am Talboden vor allem zwei Burgruinen, die auf zwei durch ein schmales Tal getrennten Bergkuppen oberhalb des Schlosses liegen. Der Name Waldstein leitet sich jedoch nicht von den bewaldeten Burgfelsen, sondern von einem Bauherrn namens Walter oder Waldo ab. Dieser dürfte hier spätestens im 11. Jahrhundert einen hölzernen Turm als Vorläufer der späteren Feste errichtet haben. Wie diese hatte er einen Übergang in das Obere Murtal zu sichern. Als neue Aufgabe kam einige Generationen später die Bewachung der im Arzberggraben gelegenen Eisenerzgruben hinzu. Mit Livtoldus de Waldstein wird 1145 erstmals ein castrum Waltsteine urkundlich genannt. Die Burg dürfte aber bereits gegen Ende des 11. Jahrhunderts erbaut worden sein. Als Bauherr käme Graf Waldo von Rein oder Walter von Traisen in Frage. 1147 scheint ein Engilschalk von Waldstein in einer Urkunde als Zeuge auf. Möglicherweise handelt es sich dabei um den Hochfreien Engilschalk von St. Dionysen. Liuthold nannte sich ab 1184 nicht mehr nach Waldstein sondern nach Gutenberg bei Weiz. Waldstein besaß er als freies Eigen. Er kam vom dritten Kreuzzug 1190 nicht mehr zurück. Die Herrschaften Waldstein und Gutenberg kamen als Erbgut an seinen Schwiegersohn Herrand von Wildon. Er war ein Ministeriale des Landesfürsten. Bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts saßen Burggrafen auf Waldstein, die sich auch nach der Burg nannten. Hartnid von Wildon beteiligte sich Ende des 13. Jahrhunderts an einer Adelsverschwörung gegen Herzog Albrecht I von Österreich, dem er Waldstein danach drei Jahre lang überlassen musste. In dieser Zeit hatte Ulrich von Rammenstein, der Schenk von Rabenstein die Burghut inne. Nachdem Waldstein wieder den Wildonern übergeben worden war, verkaufte Ulrich von Wildon die Burg 1305 an Ulrich von Walsee. Unter den Walseern wurde aus dem bisherigen freien Eigen ein landesfürstliches Lehen. Sie nützten die Burg als Verwaltungsmittelpunkt ihrer umliegenden Besitzungen und bauten sie entsprechend aus. 1363 verkaufte Eberhard von Walsee die Burg seinem Vetter Herman Graf von Cilli. Danach scheinen als Burggrafen verschiedene steirische Adelige auf, da die Grafen von Cilli andere Wohnsitze bevorzugten. 1436 erwarb Wilhelm von Pernegg die Herrschaft und bot sie bereits im nächsten Jahr zuerst dem Kaiser und dann Hermann von Montfort zum Kauf an, allerdings erfolglos.

1468 folgte Ruprecht von Windischgrätz als Burgherr, der Waldstein von Wilhelm von Pernegg käuflich erworben hatte. Mittlerweile hatte sich die Militärtechnik deutlich verändert. Die Armbrust war durch die Hakenbüchse verdrängt worden und die Artillerie hatte große Fortschritte gemacht. Es galt daher Angreifer auf Distanz zu halten. Um die immer drohender werdende Türkengefahr zu bannen, ließ der neue Burgherr die Vorfeldverteidigung durch die Anlage von Außenwerken und die Vergrößerung des Zwingergürtels verstärken. Da er selbst hier seinen ständigen Aufenthalt nahm, wurde auch die Hauptburg vergrößert und wohnlicher gestaltet. Glücklicherweise mussten die neuen Wehrbauten in den Türkenkriegen keine Bewährungsprobe ablegen. Waldstein wurde nie ernstlich angegriffen. Die Hauptstreitmacht der Türken ließ sich durch einzelne Burgen von ihrem Ziel Wien nicht abbringen und die türkischen Streifscharen bevorzugten bei ihren Angriffen meist nur schwach verteidigte Orte in der Ebene. Christoph von Windischgrätz begann um 1535 den Meierhof im Übelbachtal herrschaftlich auszubauen. Pankraz von Windischgrätz setzte zwanzig Jahre später die Arbeiten fort. Im 16. Jahrhundert waren die meisten Adeligen Protestanten, die auf ihren Ansitzen lutherische Prediger unterhielten, so auch Christoph und Friedrich Windischgrätz auf Waldstein. Sie dachten trotz landesfürstlichen Drucks nicht daran, ihren Prediger und einstigen Lehrer Paulus Odontius zu entlassen, was dazu führte, dass bei einer nächtlichen Razzia 1602 landesfürstliche Truppen die Burgherren und den Pastor gefangen nahmen. Die Windischgrätzer wurde nach Bezahlung einer Kaution bald wieder freigelassen, Odontius aber zum Tode verurteilt. Er wurde bald begnadigt und sollte einige Jahre als Ruderer auf einer kaiserlichen Galeere verbringen. Es gelang ihm jedoch am Transport nach Triest zu entkommen und sich nach Sachsen absetzen. Als unverbesserliche Protestanten mussten die Windischgrätzer 1630 Waldstein verlassen und wurden zur Auswanderung gezwungen. Zuvor verkauften sie ihre Herrschaft an Johann Ulrich Fürst zu Eggenberg. Dieser hatten genügend andere Wohnsitze in der Steiermark und verzichteten darauf, die alte Bergfeste zu bewohnen. Er und seine Nachfolger zogen in den Meierhof am Talboden, der mittlerweile ein großes Barockschloss, das für eine fürstliche Familie standesgemäß war. Geworden war. Die Verteidigungsbollwerke im Hügelland wurden mangels angriffslustiger Feinde aus dem Osten dem Verfall überlassen. Die alte Burg diente noch eine Zeitlang den Forstarbeitern und dem Jagdpersonal als Behausung bis sie endgültig aufgegeben wurde. Die Herrschaft Waldstein wurde mit Stübing vereinigt und ging nach dem Aussterben der Eggenberger 1730 an die Grafen Dietrichstein und dann 1864 an Prinz Karl von Oettingen-Wallerstein. 1882 übernahmen die Fürsten Liechtenstein den ausgedehnten Grundbesitz mit dem Schloss und den Burgruinen. Sie stellen auch heute noch die Burg- und Schlossherren.

Waldstein bestand im Mittelalter aus zwei selbständigen Burgen, die aber eine Verwaltungseinheit bildeten. Die kleinere, heute eine gut erhaltene Ruine, liegt am Gipfel des Schneiderkogels und wird Hunger- oder Reckturm genannt. Es handelt sich dabei um einen etwa. 15 m hohen und 10 m breiten viereckigen Wohnturm, der von einer Ringmauer umgeben ist. Von hier aus gab es gute Sichtverbindungen zu benachbarten Wehrbauten. Daher wurde der Turm im Spätmittelalter bzw. in der frühen Neuzeit als Kreidfeuerstation genützt. Hier dürfte sich auch die erste Holzburg befunden haben. Unter Ruprecht von Windischgrätz wurden Hungerturm und Hauptburg durch eine gemeinsame Wehrmauer verbunden. Wie die Mauertechnik zeigt, dürfte der „Hungerturm“ im 14. Jahrhundert zu einem Vorwerk der eigentlichen Burg Waldstein ausgebaut worden sein. Deren ausgedehnte Ruinen liegen einige hundert Meter nördlich auf einer schmalen Felszunge, der sog. „Schlossleiten“. Sie ist durch einen künstlichen Graben an ihrer Westseite vom benachbarten Umland getrennt. An der Nordseite des Burghügels fallen die Felswände steil zum Arzbachgraben hin ab, während die Südseite leichter zugänglich wäre, doch ist hier etwas entfernt der Hungerturm vorgelagert. Außerdem entstanden hier im 15. bzw. 16. Jahrhundert umfangreiche Wehrmauern mit Wehrgängen und Schlüsselscharten, die eine feindliche Annäherung verhindern oder zumindest erschweren sollten. Außerdem sicherten sie den Burgweg, der durch sie verlief und durch zwei Tore in einen rechteckigen Hof der Vorburg führte. Zu seiner Sicherung stand im Südosten ein runder Schalenturm. Ihm war auf tieferen Niveau ein Zwinger vorgelagert, in dem ein viereckiger Schalenturm ein weiteres Hinderniss für ungebetene Besucher bildete. An der Nordseite springt ein viereckiger Flankierungsturm aus der Mauerflucht vor. Ihm gegenüber sind die Außenmauern eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes zu erkennen.

Um zum inneren Burgtor zu gelangen musste man noch einen Graben überwinden, der in friedlichen Zeiten mit einer Zugbrücke überspannt war. Vom Rundbogentor und der anschließenden Ringmauer ist in diesem Bereich nichts mehr vorhanden, von der Brücke nur noch ein einziger Kragstein. Hatte man alle Annäherungshindernisse überwunden, was mangels Belagerungen oder Sturmangriffen allerdings nie erforderlich war, stand man in der sog. Alt- oder Hausburg, die den äußersten und höchsten Teil des Burgareals einnahm. Ihre Bauten drängten sich auf einer Fläche von 8 x 18 m zusammen. Sie war der älteste Teil der Burg Waldstein. An die Zeit der Romanik oder zumindest der Frühgotik erinnert noch die der hl. Maria geweihte Burgkapelle. Ihre Umfassungsmauern sowie der halbkreisförmige und von einer Halbkuppel überwölbte Chorraum stehen noch aufrecht, ebenso eine gotische spitzbogige Pforte. Der Raum wird an den Längswänden durch rundbogige Lichtschlitze beleuchtet. Die Apsis weist drei schmale Rundbogenfenster auf. Das Deckengewölbe ist leider eingestürzt, doch kann man die Ansätze des Kreuzgewölbes noch erkennen. Von einer Stiege, die in späterer Zeit eingerichtet wurde und in das Obergeschoß der Kapelle führte, aber die Schussbahn einer Scharte verstellte, hat sich nur ein Mauerpfeiler erhalten. Ein tonnengewölbter Raum, der nur von der Kapelle aus zugänglich ist und Stöckl genannt wurde, diente im Erdgeschoß als Vorratsspeicher und im Obergeschoß als Wohnung. Gegenüber der Kapelle lag der 12 x 6,5 m große Palas. Die teilweise noch gut erhaltenen Außenmauern des dreigeschossigen Saalbaues weisen im ersten Obergeschoß der Südwand drei Fenster mit Seitensitzen auf.

Auf Grund der dünnen zum Hof gerichteten Mauern und einzelner Balkenabdrücke vermutet man, dass das Innere des Palas als Blockwerkkammer gestaltet war, was ein ganzjähriges Bewohnen ermöglicht hätte. Dagegen sprechen die großen Fenster, doch konnte man diese bei Kälte mit Holzläden verschließen. Die Burg hatte keinen Brunnen sondern nur eine Zisterne im kleinen Burghof, was die Lebensqualität im 15. Jahrhundert soweit beeinträchtigte, dass man sich endgültig für das Talschloss entschied. Im Westen des Burghofes steht der mächtige, ca. 20 m hohe Bergfried, dessen Grundfläche ein in Österreich eher seltenes gleichseitiges Dreieck bildet. Jede Seite ist elf Meter lang. Bei einer Mauerstärke von zwei Meter blieb nicht viel Platz für die Gestaltung des Inneren. Der Turm war daher nur zur Verteidigung und nicht zum Wohnen bestimmt. Wie üblich war die scharfe Kante gegen mögliche Angreifer gerichtet. An den schrägen Außenwänden des Turmes sollten die anfangs noch üblichen Steinkugeln abprallen. Ursprünglich war der einzige Zugang ein Hocheinstieg im zweiten Stock des Burghofes. Der Eingang im Erdgeschoß wurde erst später in einer friedlichen Periode ausgebrochen. Die fünf Geschosse wurden nur durch schmale Lichtschlitze beleuchtet. Sämtliche einst hölzerne Zwischendecken sind längst eingestürzt. Es gab im Inneren keine Steintreppe sondern nur Leitern oder bestenfalls eine schmale Holzstiege. Der wohl in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts aus Bruchsteinen erbaute Turm hat seit dem Ende des 18. Jahrhunderts kein Dach mehr. Wie die im Kellergewölbe aufgefundenen Ketten, aber auch menschliche Knochen erkennen lassen, befand sich hier das Verlies. Mit der Herrschaft Waldstein war ja ein ausgedehntes Landgericht verbunden, das für Nachschub sorgte. Trotz seines nicht gerade einladenden Namens, war der benachbarte Hungerturm vermutlich als befestigtes Wohnobjekt besser geeignet als der Bergfried von Waldstein. Er war auch durch eine Ringmauer gesichert, bot aber im Inneren wesentlich mehr Platz, war etwas besser beleuchtet und im unteren Bereich mit einer festen Treppe ausgestattet. Es fehlen jedoch ein Abtritt und wirklich große Fenster. Es ist nicht bekannt, ob der Turm je längere Zeit bewohnt war.

Lage: Steiermark, Arzbachgraben oberhalb des Talschlosses Waldstein

Besichtigung: derzeit nicht möglich, da weiträumig abgesperrt


Weitere Literatur:


16.06.2019