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Senftenberg


Auf dem oberhalb des gleichnamigen Marktes gelegenen Burghügel bestand schon vor der ersten Jahrtausendwende eine Wehranlage, die der Bevölkerung als Zufluchtsstätte diente. Sogar aus der späten Steinzeit konnten hier Siedlungsspuren gefunden werden. Nach dem Sieg Karls des Großen über die Awaren befand sich hier eine hölzerne Fluchtburg für die Bevölkerung. Als gemauerte Höhenburg wurde Senftenberg nach dem Ungarnsturm durch die Hochfreien von Lengenbach errichtet, die auf Rehberg saßen. Sie zählten u. a. zu den wichtigsten Kolonisatoren des südlichen Waldviertels und des Tullnerfeldes. Verwandte von ihnen verwalteten die Burg. Sie nannten sich sowohl nach Senftenberc als auch nach dem benachbarten Minnenbach (Imbach). Architektonische Merkmale sowie urkundliche Nennungen beweisen, dass die Burg um 1200 erbaut wurde. Zwischen 1197 und 1200 wird ein Rüdiger von Senftenberg urkundlich genannt, bei dem es sich um den Bauherrn oder einen der ersten Burgherren handeln könnte. Die Burg war Sitz einer Nebenlinie der Herren von Lengenbach. Bis in das 17. Jahrhundert hinein blieb Senftenberg im Besitz bedeutender Adelsfamilien. Durch Heirat gelangte die Herrschaft bald an den Kuenringer Wichard I von Zöbing. Nach dem Aussterben der Zöbinger 1232 fiel die Burg - wieder durch Heirat – an den Salzburger Karl von Gutrat. Nach einigen Erbschaften und Besitzteilungen erwarb Eberhard von Wallsee 1314 den Besitz, der nun meist von Pflegern bewirtschaftet wurde. Im Streit um die Vormundschaft des Herzogs Albrecht V wurde Reinprecht von Wallsee zum Anführer der Gegner Herzogs Leopold IV. Im Zuge der damit verbundenen Kämpfe kam es 1408 zur Eroberung und Zerstörung der Burg. Sie wurde anschließend aber wieder aufgebaut. Im 15. Jahrhundert wurde die Herrschaft mit der Blutgerichtsbarkeit ausgestattet.

1483 starben die Wallseer im Mannesstamm aus. Barbara, die Tochter des letzten Wallseers, heiratete Sigismund Graf Schaunberg und brachte mit ihrem übrigen Erbgut auch Senftenberg in die Ehe mit. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatten sich in der Burg gefürchtete Straßenräuber versteckt gehalten. Gegen diese „Heckenreiter“ wurde von den benachbarten Städten Krems und Stein mehrfach militärisch vorgegangen. 1529 war sie als Zufluchtsort der Bevölkerung vor den Türken vorgesehen. Bis 1559 blieb Senftenberg bei den Schaunbergern und wurde von Pflegern betreut. Im späten 16. Jahrhundert erwarben die Freiherren Hoffmann zu Grünbichel die Burg. Sie waren militante Protestanten und wurden 1625 im Zuge der Gegenreformation enteignet. Senftenberg war nun landesfürstlich und gelangte als Lehen an Johann Ulrich Fürst Eggenberg. Er war katholisch und im Gegensatz zu den Vorbesitzern ein treuer Anhänger des Kaisers. Dies kam beim vorwiegend protestantisch gesinnten niederösterreichischen Adel natürlich nicht gut an. 1645 büßte Johann Anton Fürst zu Eggenberg seine Kaisertreue mit der Zerstörung seiner Burg. In den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges zogen die Schweden unter General Lennart Torstensson gegen Wien, das sie glücklicherweise nicht erreichen konnten. Bei dieser Gelegenheit brannten sie jedoch die Burg Senftenberg nieder. Dies wäre wohl nicht passiert, wenn es sich bei ihrem Besitzer um einen protestantischen Burgherren gehandelt hätte. Danach wurde sie nie mehr aufgebaut und blieb Ruine. Die Herrschaft Senftenberg blieb jedoch erhalten. 1717 übergab sie Kaiser Karl VI dem Grafen Gundaker von Starhemberg als Lehen. Seine Nachkommen besitzen Senftenberg noch heute. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der weitere Verfall der ruinösen Bauten gestoppt. Ein örtlicher Burgverein, der die Ruine auf 100 Jahre gepachtet hat, kümmert sich um ihre Erhaltung. Seit 1990 wurden die Mauern gesichert und stabilisiert. Die in die Vorburg führende Brücke wurde erneuert. Kleinere Zubauten erfolgten um die Ruine für Veranstaltungen und Besucher wetterfest zu machen. Vor einigen Jahrzehnten ist man auf den etwas unglücklichen Gedanken gekommen, in ihr eine Antennenanlage mit für einen mittelalterlichen Wehrbau doch etwas unüblichen Masten zu errichten.

Die mächtigen Ruinen der Burg Senftenberg liegen auf einer breiten felsigen Bergkuppe im Südosten des gleichnamigen Marktes. Sie sind von der aus dem Waldviertel zur Donau führenden Kremstalstraße aus bereits von weitem sichtbar. Der talbeherrschende erste Eindruck ist jedoch nur bedingt richtig. Zwar diente der Wehrbau gemeinsam mit der am Fuß des Burgberges liegenden befestigten Wehrkirche St. Andreas, mit der er durch einen gedeckten Wehrgang verbunden war, im Laufe seiner Geschichte auch als Talsperre des unteren Kremstales, doch gab es für einen Angreifer einen wesentlich bequemeren Weg um an die Burgmauern heranzukommen. Vermutlich hätte ein Sturmangriff über den heute von Weingärten bedeckten steilen Burgberg zu viele Opfer gefordert. Ein Angriff an der Rückseite war wesentlich erfolgsversprechender, da hier eine Überhöhung des anschließenden Geländes bestand, die auch vom breiten Halsgraben sowie den hohen Schildmauern nicht egalisiert werden konnte. Die Lage der Burg beeindruckte als Herrschaftssymbol die umliegende Zivilbevölkerung wohl mehr als mögliche Feinde. Die wirtschaftliche Basis der Herrschaft lag bereits im Mittelalter im Weinbau. Der Burgberg ist fast völlig mit Weingärten bedeckt. Die auf seiner Rückseite liegenden Flächen dürften zur Eigennutzung bestimmt gewesen sein, da hier die Parzellen wesentlich größer als an der Nordseite sind. Verarbeitet wurden die herrschaftlichen Trauben wohl im nahe gelegenen Weinhof, einem Gutshof aus dem 14. Jahrhundert. Da die relativ große Entfernung zwischen Burg und Dorf einer engen Kommunikation hinderlich war, erfolgte ein Teil der Verwaltung bereits seit der frühen Neuzeit nicht in der Burg, sondern in einem eigenen Gebäude am Talgrund, dem Turmhof.

Der Burghügel fällt im Westen steil gegen die Krems zu ab. Im Norden ist er durch einen ungewöhnlich tiefen Halsgraben vom weiter ansteigenden Bergrücken getrennt. An der Ost- und der Südseite ist die Burg von hohen geböschten Futtermauern umgeben, da der natürliche Schutz hier nicht mehr so gegeben ist, weil der Hang an dieser Seite sanfter abfällt. Die Anlage ist 90 m lang und 30 m breit. Der Zugang liegt an der Nordseite. Hier überspannt eine Holzbrücke auf zwei Pfeilern den Graben und führt zum Hauptportal. Es besteht aus zwei Toren. Ein breiteres führt in die Vorburg, während man durch das schmälere in einen Zwinger gelangt. Dieser wird durch ein Zwischentor unterteilt. Er endet beim dritten Tor, das in der drei Meter starken östlichen Schildmauer liegt und den Eintritt in den inneren Burghof ermöglicht. Der Höhenunterschied zwischen Zwinger und Vorburg beträgt etwa sechs Meter. Der große Hof ist vorwiegend von zerfallenen Wohn- und Wirtschaftsbauten aus der Renaissancezeit umgeben. Gut erhalten ist jedoch die Ringmauer im Norden, die mit der hier 3,5 m dicken Schildmauer einen weiteren Zwinger bildet. Letztere dürfte einen doppelten Wehrgang mit Pultdach besessen haben. Die aneinander gereihten Schießfenster im obersten Geschoß sind noch komplett vorhanden. Auf Grund des hinter der Burg weiter ansteigenden Geländes musste ihre Nordseite entsprechend stark befestigt werden. Im spitzen Winkel zwischen der nördlichen und der östlichen Schildmauer steht ein mächtiger Turm, der unten rechteckig, in der Mitte oval und im oberen Bereich sechseckig war. Von diesem obersten Teil ist aber nicht mehr viel vorhanden. Ein solcher Turm kommt bei österreichischen Burgen äußerst selten vor. Er diente zur Sicherung des Tores und als Flankenschutz für die beiden Schildmauern.

Der nahezu quadratische Bergfried liegt im Zentrum der Nordfront. Er ist an der Hofseite an die nördliche Schildmauer angebaut. Sein Quadermauerwerk weist auf eine Erbauung in der Romanik hin. Seine bis zu drei Meter dicken Mauern sind allerdings nur in den unteren Geschoßen vollständig erhalten. Vom darüber liegenden Mauerwerk steht nur mehr ein hoher Mauerzahn. Die restlichen Mauern sind längst ein- und abgestürzt. Der Grundriss im Erdgeschoß zeigt ein Quadrat von ca. 9 x 9 Meter. Der Bergfried stammt noch aus dem 12./13. Jahrhundert. Die aus zwei Mauerzügen bestehende und spitzwinkelig verzahnte Schildmauer wurde vermutlich von den Wallseern im 14. Jahrhundert errichtet. Sie ist bis zu 4 Meter dick und zeigt an der Angriffsseite im Nordosten einen Keil mit abgerundeten Ecken. Im oberen Bereich zeigt sie Rechteckfenster mit Steinstürzen. Da man im Mittelalter aus Gründen der Stabilität und Wehrhaftigkeit Fenster und andere Mauerdurchbrüche in Schildmauern vermied, dürften diese erst in späterer Zeit eingesetzt worden sein. Der Palas lag in der Nordwestecke des Burgareals. Von ihm haben sich nur geringe Reste erhalten. Der Großteil ist mit Teilen der anschließenden Ringmauer in die Tiefe gestürzt. Im Süden grenzte an den Palas ein fünfeckiger Raum, in dem sich die „Brunnstube“ mit einer Filterzisterne befand, die 1991/92 freigelegt werden konnte. Vor einigen Jahren musste sie rekonstruiert werden, da sie bereits stark zerfallen war. Die Bauten der Vorburg wurden größtenteils im 15. und 16. Jahrhundert errichtet. Durch die Errichtung von Wohngebäuden im Hof der Vorburg erhielten Teile der Burg einen gewissen schlossartigen Charakter, doch ist dieser längst wieder verschwunden, da die Zubauten bis ins 19. Jahrhundert wieder abgekommen sind.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 7 km nordwestlich von Krems

Ort/Adresse: 3541 Senftenberg, Niederösterreich

Besichtigung: jederzeit möglich

Homepage: www.burgruinesenftenberg.at


Weitere Literatur:


19.03.2019