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Winklern Mautturm


Die Funktion des hohen Turmes am nördlichen Ortsende von Winklern erklärt sich bereits aus seiner Lage an dem von Bayern über Lienz nach Italien führenden wichtigen Nord-Süd-Handelsweg, der hier in die von West nach Ost führende Drautal- bzw. Mölltalstraße einmündet. Der sogenannte Mautturm dürfte bereits im Mittelalter eine Goldgrube für den Mautner bzw. den Landesfürsten gewesen sein. Noch wichtiger war er in militärischer Hinsicht. Von hier aus konnten große Teile Oberkärntens und Osttirols sowie ein bedeutender Tauernübergang eingesehen bzw. kontrolliert werden. Das wussten natürlich bereits die Römer. Zur Sicherung ihrer politischen und wirtschaftlichen Interessen errichteten sie hier am Fuße des Iselsberges hölzerne Befestigungen, die ihren Zweck völlig erfüllten, aber dem Zahn der Zeit längst zum Opfer gefallen sind. Erhalten blieb nur jener Teil ihrer Bauten, die in Stein aufgeführt worden sind. Der Ort Winklern scheint erstmals in einer Urkunde des Bischofs Balduin von Salzburg auf, die zwischen 1041 und 1060 ausgestellt worden war. Etwas später, nämlich zwischen 1070 und 1080 schenkte der Edle Udalscalh dem Bistum Brixen mehrere Güter. Nach 1213 setzten sich hier die Grafen von Görz-Tirol fest. 1309 belehnte Graf Heinrich von Görz seinen Gefolgsmann Nikolaus Pregler mit zwei Güter. 1317 wird Otto von Reuntal als Lehensnehmer genannt. 1325 erhielt Heinrich von der Linden einen Acker von den Görzern als Lehen. Dieses Lehen war sehr einträglich, da mit der Einhebung der Straßenmaut in Winklern verbunden. Zu den hier transportierten Gütern zählten in erster Linie Salz (von Norden nach Süden) sowie Wein und Südfrüchte von Süden nach Norden. 1457 betraute der Pfalzgraf Johann von Görz seinen Vasallen Peter Tärkher verliehen wurde, war bereits neben dem Turm ein herrschaftlicher Wohnbau entstanden, von dem es aber heute keine Spuren mehr gibt. Im Frieden von Pusarnitz mussten die Görzer Grafen auch Winklern an die Habsburger abtreten, die aber weiterhin Winklern mit seinem Mautturm als Pfandobjekt nutzten. Seit 1688 saßen hier die kaiserlichen Mautner Aicher von Aichenegg, denen vorübergehend auch Großkirchheim und Tigring gehörte. Der bereits mehrfach umgebaute Mautturm hatte zu diesem Zeitpunkt seine Bedeutung weitgehend verloren und wurde kaum mehr instand gehalten. Erst 1865 wurde er restauriert. Die Familie Aicher hatte großen Grundbesitz im Bereich der Hohen Tauern, zu dem auch der Großglockner und die Pasterze gehörten. 1907 heiratete der Holzindustrielle Albert Wirth in die Familie Aicher ein und übernahm neben dem Erbe seiner Gattin auch die selbstgestellte Aufgabe, die Kärntner Tauernregion vor einer drohenden Kommerzialisierung zu retten. 1918 erwarb er von seinen Verwandten ausgedehnte Grundstücke und übergab diese dem Österreichischen Alpenverein. Es entstand der heutige Nationalpark Hohe Tauern. Der Turm gehört heute der Gemeinde Winklern, wird aber von einem Kulturverein verwaltet. In ihm sowie in einem Nebengebäude ist ein regionales Museum untergebracht.

Am unterschiedlichen Mauerwerk erkennt man, dass der sechsgeschossige und 20 m hohe Turm zumindest aus drei Bauperioden stammt. Seine unteren Geschosse wurden im 13. oder 14. Jahrhundert errichtet. Sie sind im romanischen bzw. gotischen Stil gehalten. Die oberen drei Stockwerke wurden ihm anfangs des 15. Jahrhunderts aufgesetzt. Jüngster Bauteil ist das oberste Geschoß mit dem Pyramidendach aus der Zeit um 1865. Es wurde vorwiegend als Aussichtsplattform genutzt. Das Mauerwerk besteht im unteren Drittel aus quaderartigen Bruchsteinen. Im oberen Bereich ist es kleinteiliger und unregelmäßiger. Die Gebäudeecken sind durch größere unregelmäßige Werksteine verstärkt. Bemerkenswert ist die geringe Mauerstärke von 80 bis 90 Zentimeter. Die Frontseite des rechteckigen Turmes (ca. 9,6 x 7 m) ist nach Süden gerichtet. Das Innere wird in den beiden unteren Stockwerken durch Mauerschlitze beleuchtet. Das dritte Geschoß zeigt hier zwei große spitzbogige Fenster, während das vierte Geschoß durch drei halbkreisförmige Trichterfenster erhellt wird. Über dem mittleren erkennt man noch ein kleineres rundes Fenster. Zusätzlich gibt es hier noch eine senkrechte Lichtscharte. Die bessere Beleuchtung deutet darauf hin, dass sich im vierten und fünften Stock der Wohnbereich befand. Möglicherweise konnte man durch diese Fenstergruppe auch Signale abgeben. Allerdings befinden sich die dadurch erreichbaren Nachbarburgen bereits in einer beträchtlichen Entfernung. Das fünfte Geschoß verfügt über zwei große Spitzbogenfenster, die ein vermutlich erneuertes Maßwerk zeigen. Etliche Geschoße des Turmes dienten vermutlich Speicherzwecken. Auffallend aber historisch unglaubwürdig ist die Holz/Stahlkonstruktion, die heute den Turm umgibt. Sie ist anlässlich der Kärntner Landesausstellung von 2004/05 entstanden und soll den sagenhaften Tauernwurm symbolisieren, der die Schätze der Hohen Tauern bewacht. Von dem im 15. Jahrhundert erwähnten Wohn- und Verwaltungsbau neben dem Turm gibt es längst keine Spuren mehr.

Lage: am Nordrand der Marktgemeinde

Ort/Adresse: 9841 Winklern, Mölltal

Besichtigung: vom 19. Mai bis 7. Oktober täglich von 10.00 bis 16.00


Weitere Literatur:


29.01.2019