ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Großkirchheim


Großkirchheim war ursprünglich eine Bezeichnung für das oberste Mölltal zwischen Winklern und Heiligenblut. Heute versteht man darunter vor allem das gleichnamige Schloss am Nordrand der Marktgemeinde Döllach, das einst Verwaltungssitz des obersten Mölltales war. Die zweieinhalbgeschossige Anlage ist ein Doppelschloss, das aus zwei parallel angeordneten wuchtigen Gebäuden besteht, die durch Gartenmauern verbunden sind. Der südliche Hauptbau ist das größere Gebäude. Er zeigt ein hohes Krüppelwalmdach. Im Erdgeschoß der beiden vier bis fünfachsigen Längsfronten befindet sich jeweils ein rundbogiges Granitportal. Wie diese zeigen auch die Fenster abgefaste Gewände. Über einem Eingang ist die Inschrift „M. Putz von Kirkhambegk 1561“ angebracht, die wohl auf das Jahr der Erbauung und den Bauherrn des jetzigen Schlosses hinweist. An der Westseite des Südtraktes springen drei geschoßweise versetzte Aborte vor. Das oberste Geschoß diente auch als Speicher für landwirtschaftliche Produkte. Es war daher mit einem Kranaufzug ausgestattet. Die um 1560 geschnitzte Kassettendecke des Hauptsaales und ein Ofen aus der Spätrenaissance befinden sich heute im Schloss Frauenstein. Ab 1956 richtete Josef Lindsberger in dem von ihm erworbenen Gebäude ein Heimatmuseum ein, dessen Schwerpunkt der Goldbergbau im oberen Mölltal und seinen Seitentälern war. Immerhin wurden hier bis zu 120 Gruben gleichzeitig betrieben. Nach Lindsbergers Tod wurde das Museum wieder geschlossen. Der Nordtrakt verfügt über ein einfaches Walmdach. An den Ecken seiner Nordseite springen im obersten Geschoß zwei auf Kragsteinen ruhende runde Ecktürmchen mit Kegeldächer vor. Das abgefaste Rundbogenportal wird durch einen Sgraffitorahmen betont. Die gleichen Steingewände der Fenster beider Objekte zeigen an, dass die beiden Trakte ungefähr zur gleichen Zeit entstanden sind. Doch ist der Nordtrakt um ein paar Jahre älter. Beide Wehrbauten haben in den letzten vierhundert Jahren ihr Aussehen kaum verändert. Während die Erdgeschoßräume durchwegs gewölbt sind, befinden sich in den oberen Stockwerken vorwiegend Tramdecken. Wie üblich wurde das Untergeschoß betrieblich genutzt. Die getäfelten Stuben im ersten Obergeschoß wurden von der Herrschaft bewohnt. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Nordtrakt als Brauhaus und Gaststätte verwendet. Heute dient er Frau Maria Hauser-Sauper, die seit 1983 den Nordtrakt besitzt, als Wohnsitz (auch Schlössl genannt). Gelegentlich finden hier kulturelle Veranstaltungen statt. Im Hof zwischen den beiden Trakten ließ zur Reformationszeit die Eigentümerfamilie Putz ein lutherisches Bethaus errichten, dessen Reste aber kaum mehr als solches erkennbar sind. Es besaß eine Außenkanzel, damit der lutherische Prediger von möglichst vielen Gläubigen gehört werden konnte. Während der Gegenreformation wurde das Bethaus von einer Kommission des Seckauer Fürstbischofs Martin Brenner um 1600 zerstört.

Das heutige Schloss dürfte einen oder sogar mehrere Vorläufer gehabt haben. Wie Mauerreste in der Wiese neben dem Schloss vermuten lassen, stand hier im 14. oder 15. Jahrhundert ein stattliches Wasserschloss. Aber bereits 1150 wird in Großkirchheim ein „locus Chyrichhaim“ urkundlich erwähnt. Sieben Jahre später schenkten Reginher von Steierberg und dessen Gattin Petrissa dem Kloster Admont ihr hier befindliches Gut. Bis 1460 blieb es im Besitz des Stiftes Admont, das zum Machtbereich der Görzer Grafen gehörte. Dann wurden im Frieden von Pussarnitz die Besitzverhältnisse neu geordnet. Großkirchheim fiel an die Habsburger, die es jedoch häufig verpfändeten. Als es gegen Ende des 15. Jahrhunderts zu einem respektablen Goldrausch in Oberkärnten kam, diente das damals Kirchheimegg genannte Schloss dem Bergrichter als Amtssitz. Da um 1525 das Schloss baufällig wurde, wurde das Berggericht nach Döllach verlegt. Zu den ältesten privaten Besitzern des Schlosses zählt die Familie der „Putzen von Kirchheimegg“, die vor allem im Tauerngebiet mehrere Goldbergwerke besaß, aber auch sonst in Kärnten als Gewerke auftrat. Um 1550 ließ der aus Augsburg kommende Gewerke Melchior Putz d. Ä. den bereits bestehenden Nordtrakt umbauen. In der Folge wurde der Bau auch „Putzenschlössl“ genannt. 1561 begann er mit dem Bau des Südtraktes. Auf eine wirksame Außenbefestigung dürfte schon beim Bau verzichtet worden sein. Durch den Konkurs der Familie Putz im Jahr 1620 gelangte Großkirchheim in den Besitz von Martin Strasser von Neudegg. Etwas später übernahm Matthias Jenner von Vergutz die Herrschaft. 1614 verkaufte Kaiser Ferdinand II das landesfürstliche Lehen an Urban Freiherrn von Pötting, dem es gelang das Lehen in Freies Eigen umzuwandeln. Von 1680 bis 1770 gehörten beide Schlosstrakte der Familie Fromiller. Im 19. Jahrhundert wurde das nördliche Schloss verkauft und diente eine Zeitlang als Brauhaus. Den südlichen Bau erwarb 1869 der Notar und Gerichtsadvokat Josef Aicher von Aichenegg. Im 20. Jahrhundert wurde er nicht mehr ständig bewohnt, so dass man ihn nach einem Hochwasser im Jahr 1935 etwa 200 Personen als Notquartier zur Verfügung stellen konnte. Der letzte private Schlossbesitzer des Südtraktes war Josef Lindsberger. Heute ist er im Besitz der Gemeinde Döllach.

Lage: am nordwestlichen Ortsrand von Döllach

Ort/Adresse: 9843 Großkirchheim

Besichtigung: derzeit meist nur bei Veranstaltungen im Inneren möglich

Homepage: mariainaustria


Weitere Literatur:


30.12.2018