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Baden - Rauheneck


Im Umfeld der Ruine Rauheneck hat man bei archäologischen Grabungen Funde aus der Jungsteinzeit gemacht, deren Alter auf das dritte vorchristliche Jahrtausend zurückgehen dürfte. So alt ist die Burg natürlich nicht, doch gab es hier bereits im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts einen kleinen Wehrbau, der gemeinsam mit der gegenüberliegenden Feste Rauhenstein den östlichen Eingang ins Helenental kontrollieren konnte. Hier verlief die wichtige Straßenverbindung Baden – Heiligenkreuz – Triestingtal. Außerdem hatte man von hier einen umfassenden Ausblick auf die weite, sich nach Ungarn erstreckende Ebene, von der erfahrungsgemäß die gefährlichsten Angriffe zu erwarten waren. Rauheneck war die Stammburg des im Mittelalter weit verzweigten Ministerialengeschlechts der Rauhenegger, die sich nach 1200 „Tursen“ nannten, was soviel wie Riesen bedeutet. Die Tursen waren auch im Waldviertel begütert, wo Ottenstein, Lichtenfels und Rastenberg zu ihrem Herrschaftsbereich gehörten. Weiters besaßen sie zeitweise Dürnstein, die Osterburg, Asparn/Zaya und Sonnberg. Rauheneck wird 1137 im Salbuch des Stiftes Göttweig mit einem Hartunc de Rauhenekk erstmals genannt. Er gilt heute als Erbauer der Burg, doch könnte diese auf Grund des Fischgrätmauerwerks an der Rückseite des Bergfrieds auch etwas älter sein. Möglicherweise ersetzte der Steinbau ein hölzernes Festes Haus. Hartunc ließ den Burgberg roden und mehrere Siedlungen in der Umgebung anlegen. An die damalige Zeit erinnern noch einige Sagen und Legenden, die bis heute überliefert wurden. Um 1176 werden die Brüder Albero, Otto und Ortolf von Ruhenekke urkundlich genannt. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts saß Heinrich von Pillichsdorf als Burggraf auf Rauheneck. Er betätigte sich angeblich als Wegelagerer und bedrängte reiche Kaufleute auf ihrem Weg nach Wien, worauf die Wiener Bürger mit Billigung Herzogs Rudolf III die Burg zerstörten. Sie wurde aber rasch wieder aufgebaut. 1384 starb die Familie mit Jans dem Tursen von Rauheneck aus. Seine Besitzungen kamen über seine Enkelin Anna an die Herren von Wallsee, die aber nicht hier wohnten, sondern Rauheneck von Burggrafen verwalten ließen. Das 15. Jahrhundert war eine recht unruhige Zeit, in der die Burg mehrmals angegriffen, erobert und zerstört wurde. Im Streit um die Vormundschaft über den minderjährigen Herzog Albrecht V spielte Rauheneck eine bedeutende Rolle. Der damalige Burgherr, Reinprecht von Wallsee, stand auf der Seite von Herzog Ernst. Dessen Gegenspieler, Herzog Leopold, beauftragte daher 1408 den Burggrafen von Mödling Stickelberg, Rauheneck zu erobern. Danach terrorisierte dieser von hier aus das Land der Wallseer. Er benutzte Rauheneck als Stützpunkt für Raubüberfälle und Raubzüge in der Umgebung. Ein Jahr später setzte Kaiser Sigismund den Wallseer wieder als Burgherrn ein.

Als diese Familie mit Reinprecht V erlosch, wurde Rauheneck landesfürstlich. Nun kamen noch schlimmere Zeiten, vor allem für die Untertanen. Während sich die Adeligen auf ihren Burgen verschanzten und dort nur selten ernsthaft angegriffen wurden, war es wesentlich gefahrloser für einen Angreifer, die weitgehend schutzlosen Bauern der Umgebung zu jagen und zu massakrieren. 1461 plünderten die Hussiten aber auch die Feste. Zwei Jahre später fiel sie dem hussitischen Söldnerführer Franz von Haag durch List in die Hände. Er setzte sich hier fest und wurde zu einem gefürchteten Raubritter. Seine angeblich bis zu 400 Mann starke Räuberbande terrorisierte weite Teile des Herzogtums Österreich unter der Enns, wie damals Niederösterreich genannt wurde. Auslösendes Moment für sein brutales Verhalten war vermutlich das Ausbleiben der versprochenen Entlohnung. Als es ihm 1463 gelungen war, die Burg Weikersdorf einzunehmen, ließ er fast alle Verteidiger liquidieren. Lediglich dem Burgherrn und seiner Familie schenkte er das Leben und hielt sie im Burgverlies von Rauheneck gefangen. Das geforderte Lösegeld dürfte aber nie bezahlt worden sein, da die Gefangenen nach sechs Monaten von Truppen des Erzherzogs Albrecht VI befreit worden waren. Haag konnte sich seiner Beute aber ohnehin nicht lange erfreuen, da er ein Jahr später gefangen genommen, vor Gericht gestellt und anschließend als Räuberhauptmann am Hühnerberg bei Baden hingerichtet wurde. 1477 eroberten die Ungarn unter Matthias Corvinus die Burg, wobei es zu schweren Schäden kam. Diese wurden nicht wirklich behoben. 1495 wurde die Burg bereits als "gebrochenes Schloss" bezeichnet. Rauheneck wurde landesfürstliches Kammergut, da das Lehen nach dem Aussterben der Wallseer an den Kaiser zurückgefallen war. Die Feste war aber nicht mehr zu retten. Die bereits ziemlich mitgenommene Anlage wurde 1529 endgültig zur Ruine, als sie von den Türken zerstört wurde. Ab 1583 hatte Rauheneck die gleichen Besitzer wie Rauhenstein. Es wurde damals von Georg Saurer von Sauerburg erworben, danach kam es in den Besitz der Familien Quarient und Doblhof. Ein Freiherr von Doblhof ließ 1810 die Ruine sichern und für Besucher gangbar machen. Diese Bemühungen setzte Erzherzog Albrecht, der Eigentümer des benachbarten Schlosses Weilburg fort, als er 1871 die Anlage erwarb. Schließlich kaufte die Stadt Baden 1961 den Burgberg mit der Ruine und ließ diese vorbildlich sanieren.

Rauheneck liegt auf einer vorspringenden kegelförmigen Felskuppe des hohen Lindkogels über dem rechten Ufer der Schwechat. Dadurch dass Rauheneck nie zum Schloss umgebaut und relativ früh zur Ruine wurde, ist es ein gutes Beispiel für eine hochmittelalterliche Ministerialenburg im babenbergischen Österreich. Eine Besonderheit ist es, das Rauheneck zwei Vorburgen hat, zwischen denen die Hauptburg etwas erhöht liegt. Der Burgberg fällt nach drei Seiten steil ab. Lediglich im Süden hatte es ein Angreifer leichter. Daher mussten hier die stärksten Verteidigungsbauten errichtet werden. Der Grundriss der Burg ist dem abgetreppten Gelände angepasst. Das Burgareal senkt sich von Süden nach Norden allmählich ab und verschmälert sich. Quer über die lange Felsnase wurde im Süden ein breiter und tiefer Halsgraben ausgehauen, der heute noch erkennbar ist. Über ihn führte eine lange Holzbrücke, deren letzter Teil als Zugbrücke ausgebildet war, zum ersten Tor und in die halbrunde Vorburg. Nach den Regeln mittelalterlicher Kriegskunst erhebt sich hier an der Schwertarmseite, d. h. im Osten der dreieckige Bergfried, der einzige seiner Art in Niederösterreich. Auch in den anderen österreichischen Bundesländern ist seine Form äußerst ungewöhnlich. Im Belagerungsfall sollte sie die schräg auftreffenden Steinkugeln leichter abprallen lassen. Eine seiner Kanten ist gegen den Eingang gerichtet. Die dreieckige Form war vor allem aus wirtschaftlichen Gründen nicht sehr beliebt. Das Verhältnis von Mauermasse zum nutzbaren Innenraum ist bei einem dreieckigen Grundriss besonders ungünstig. Nach vorne weist der Turm nur einige schmale schlitzförmige Scharten auf. Seine Nordmauer ist in die etwas ältere starke Schildmauer integriert, die die südliche Vorburg von der Hauptburg trennt. Der gut erhaltene sechsgeschossige Turm hat eine Höhe von mehr als zwanzig Meter. Damit sollte die Überhöhung des anschließenden Geländes ausgeglichen werden. Seine mit Quadern verkleideten Mauern sind etwa drei Meter dick. Rauheneck hatte ursprünglich keinen Bergfried. Er wurde erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet. In seinem Inneren führt eine Holztreppe zur Wehrplattform hinauf. Das erste Tor und große Teile der ursprünglich spätgotischen Vorburg gehen auf einen Wiederaufbau im 19. Jahrhundert zurück. Auch die markanten Zinnen des Bergfrieds wurden wohl von Erzherzog Albrecht in Auftrag gegeben. Die in der Vorburg liegenden Wohnbauen für das Gesinde weisen sogar Kamine auf. Allerdings wurden diese erst beim Wiederaufbau eingebaut.

Ein zweites Tor gibt Zugang zum inneren Burghof bzw. zur Hauptburg. Auch dieses Tor wurde zum Großteil im 19. Jahrhundert rekonstruiert. Lediglich Teile des rechten Gewändes sind original. An der Ostseite des zweiten Hofes dominierte einst der saalartige Palas, doch sind von ihm nur mehr Mauerreste erhalten. Er war zweigeteilt, wobei der südliche Bereich an die Nordseite des Bergfrieds angebaut war. Der Nordteil war zweigeschossig. Geländebedingt entsprach sein Obergeschoß dem Erdgeschoß des Südteiles. Seine einstige Höhe erkennt man noch an der Höhe des Bruchsteinmauerwerks des Bergfrieds sowie an den dort befindlichen Balkenlöchern. Der Einstieg des Bergfrieds ist heute über eine Holzstiege erreichbar. Ursprünglich war er aber nur vom Palas aus zugänglich. Die westliche Ringmauer des inneren Burghofes ist ca. 8 m hoch. Sie ist ebenfalls als fensterlose Schildmauer ausgebildet. In einer Höhe von sechs Metern sieht man Balkenlöcher zur Auflage der Traghölzer für einen Wehrgang. An diese Mauer waren die Küche, eine Vorratskammer und ein Raum für die Zisterne angebaut. Letztere ist aber verfallen und nur mehr als Bodenvertiefung erkennbar. Ein drittes Tor führte in die abschließende nördlichen Vorburg. Sie liegt etwa zwei Meter unterhalb der Hauptburg. An ihrer Ostseite liegen die Reste eines Wohngebäudes. In der Nordwestecke erkennt man die rechteckige Kapelle mit ihrer halbkreisförmigen fensterlosen Apsis. Das romanische Rundbogenportal stammt vom Anfang des 13. Jahrhunderts, worauf auch die kleinen Rundfenster hindeuten. Die sakrale Bestimmung des dahinter liegenden Raumes wird durch ein aus dem Stein gemeißeltes kleines griechisches Kreuz (gleicharmig) über dem Rundbogen des Portals dokumentiert. Balkenlöcher an der Westseite bezeugen die Existenz einer Herrschaftsempore. An der nördlichen Außenmauer führt eine kleine Ausfallspforte ins steile Gelände. An Rauheneck können drei Bauperioden unterschieden werden. Der Bergfried und der Palas entstanden im 12. Jahrhundert, die nördliche Vorburg mit der Kapelle im 13. Jahrhundert. Damals dürfte auch der Palas vergrößert worden sein. Die Errichtung der südlichen Vorburg wird im 14. oder 15. Jahrhundert erfolgt sein.

Lage: am Westrand von Baden, gegenüber der Ruine Rauhenstein

Ort/Adresse: 2500 Baden bei Wien

Besichtigung: jederzeit frei zugänglich


Weitere Literatur:


13.12.2018