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Rastenberg


Auf Grund der dendrochronologischen Untersuchung einer Balkendecke nimmt man an, dass das Datum der Errichtung der Burg in den Jahren 1193 bis 1205 gelegen ist. Eine Inschrift über dem Eingang zum Palas, die 1188 als Baujahr angibt, stammt erst aus dem 19. Jh. Bauherr dürfte der Turse Hugo von Rastenberg gewesen sein. Die Rastenberger entstammten den Rauheneckern, deren Stammburg bei Baden im Wienerwald liegt. Die Burg Rastenberg war damals bereits freies Eigen, bestand aber lediglich aus dem Wehrturm und einem kleinen Palas. Aus dieser Zeit ist noch unter Putz liegendes Gemäuer im Hof sowie ein schöner Türsturz erhalten. Die Veste war Teil eines Wehrsystems entlang des Kamps und stand mit den benachbarten Burgen Ottenstein und Lichtenfels in Sichtverbindung. Otto, der letzte Rastenberger, starb 1298. Durch seine Tochter Gisela kam die Burg an Dietrich von Kirchlingen (Kierling). 1363 musste Hans der Kirchlinger die Herrschaft Herzog Rudolf IV von Habsburg übergeben und von diesem als Lehen annehmen. 1382 verzichtete die Witwe des letzten Kirchlingers auf das Lehen. Das nunmehr landesfürstliche Rastenberg wurde nun meist von Pflegern verwaltet bzw. als Pfandbesitz vergeben. Im 15. Jahrhundert wurde es von den Hussiten stark beschädigt. Ab 1432 war die Burg im Lehenbesitz der Neidegger, die sie neu befestigten. Vor allem Wilhelm von Neidegg und seine Söhne Otto und Servatius modernisierten die Anlage. Sie sicherten sie bis 1553 mit einem beachtlichen Vorwerk, das in der Türkenzeit mit einigem Geschütz versehen wurde. Mit dem dreigeschossigen Renaissancetrakt verbesserten sie die Wohnqualität beträchtlich. Im Jahr 1600 gelangte der protestantisch gesinnte Michael Zeller in den Pfandbesitz der Herrschaft. Er bot im 30-jährigen Krieg den evangelischen Adeligen und ihren Anhängern Zuflucht. Der kaiserliche Feldherr Bouquoy versuchte deshalb 1620 sie von 40 Musketieren stürmen zu lassen, doch fielen davon bereits 30 Mann beim ersten Versuch. Daraufhin erschienen 4000 kaiserliche Soldaten, die Rastenberg umgehend einnahmen und plünderten. 25 Jahre später devastierten 70 schwedische Reiter die Burg, knapp nachdem sich die Besitzer mit ihren Wertsachen in Sicherheit hatten bringen können. 1663 gelangte sie an Johann Franz von Lamberg. Seine Nachkommen gerieten in finanzielle Schwierigkeiten und veräußerten sie 1754 an den böhmisch-österreichischen Hof-Vizekanzler Johann Christoph Freiherrn von Bartenstein, der zahlreiche Umbauten im Barockstil vornehmen ließ. 1807 ging die Herrschaft kurzfristig an Saluzzo Jakob Herzog von Corrigliano über. Als 1817 Johann Baptist Freiherr von Bartenstein die Anlage zurückerwarb, ging es wieder aufwärts. Sein Nachfolger, Karl Freiherr von Bartenstein, ließ die verfallenen Wirtschaftsgebäude zwischen der Burg und dem Vorturm abtragen und an ihrer Stelle einen Park anlegen. Außerdem ließ er den Hauptbau und das Torgebäude erneuern. Mit seinem Tode 1847 starb die Familie aus. Die mit den Bartenstein verschwägerten Grafen Thurn-Valsassina, die Rastenberg seit 1872 besitzen, haben das 800-jährige Bauwerk in einen vorbildlichen Zustand gebracht und bewohnen es auch heute noch. Rastenberg wurde zum Künstlertreff. Gottfried von Einem schrieb hier seine Kantate „Das Stundenlied“. Derzeitiger Eigentümer der Burg ist der Architekt Dipl. Ing. Georg Thurn-Valsassina.

Rastenberg ist eine schmale, langgezogene Anlage mit einem Vorhof und zwei kleinen Innenhöfen. Ihr Erscheinungsbild wird durch den fünfeckigen, 27 m hohen Bergfried geprägt. Die maximal 19 m breite, aber 54 m lange Hochburg liegt auf dem äußersten Spornende eines Granitfelsens. Da sie nie zerstört wurde, hat sie trotz mehrfachen Umbauten ihren mittelalterlichen Charakter gut bewahrt. Sie ist eines der bedeutendsten romanischen Baudenkmäler Niederösterreichs. Während die Anlage nach drei Seiten hin, durch die steilen Abhänge des Burgfelsens gut geschützt ist, war im Osten eine stärkere Befestigung notwendig, da hier das Gelände nur leicht abfällt. Heute gelangt man über eine Steinbrücke und durch einen zweigeschossigen Torturm mit einem spätgotischen, profilierten Rundbogentor in den gestreckten Vorhof mit seinem schönen alten Baumbestand. Das im Osten der mittelalterlichen Burg gelegene Vorwerk aus dem 13. Jh. wurde im 16. Jh. zu Wohnzwecken ausgebaut. An diesen Renaissancetrakt wurde im 18. Jh. außen ein barocker Bastionsbau angefügt. Über eine lange Steinbrücke erreicht man die hochaufragende Hauptburg. Zu beiden Seiten des Einganges wachen neobarocke Wappenlöwen. Der kleine unregelmäßige erste Hof weist an einer Seite einen rundbogigen Arkadengang aus dem 16. Jh. auf, der vor einiger Zeit vermauert bzw. verglast wurde. An der Südseite des Hofes wendet der keilförmige Bergfried seine Spitze einem Angreifer entgegen, um Geschosse aus dieser Richtung leichter abprallen zu lassen. Er war einst nach Osten vorgeschoben, befindet sich aber wegen der Renaissance-Zubauten nunmehr fast in der Mitte der Anlage. Sein oberstes Geschoß war ursprünglich von einem Zinnenkranz abgeschlossen, ist aber heute mit einem Walmdach gedeckt. Im 19. Jh. wurde er im Inneren durch hölzerne Einbauten in Zwischengeschosse unterteilt. Sein alter Hocheinstieg liegt rund 10 m über dem Burghof im heutigen 5. Geschoß. Die darunter liegenden Stockwerke wurden zum Wohnbereich umfunktioniert. Vom Hocheinstieg aus dürfte ein hölzerner Verbindungsgang entlang der zinnengekrönten Südmauer zum Palas geführt haben. Durch einen tonnengewölbten Gang, dem einstigen Zwinger gelangt man durch einen romanischen Portalbogen aus dem 12. Jh. in den innersten Hof. Er ist heute durch die im 16. Jh. eingestellten Wohnbauten deutlich kleiner als er im Mittelalter war. An seiner westlichen Seite liegt der rechteckige, dreigeschossige Palas. Die romanische Burgkapelle springt deutlich aus der Nordfront vor. Sie wurde vermutlich im Spätmittelalter nach Westen verlängert. Bemerkenswert ist ihr auf einer aufwändigen Konsole an der Ostseite vorkragender Apsidenerker. Er erinnert an den Burgenbau der Staufer. Im Nordwesten des Hofes liegt die einstige Zisterne. Im Osten der Burg erstreckt sich der neuzeitliche Meierhof, in dem heute Büros und Seminarräume untergebracht sind.

Das Innere der Burg weist große gepflegte Räume mit gediegener Einrichtung auf. Manche davon sind mit Stuckdekor verziert. In der Eingangshalle hängen zahlreiche Jagdtrophäen aus Afrika und Indien. Es sind Andenken an den Weltreisenden und Großwildjäger Franz Graf Thurn-Valsassina, die dieser in den Jahren 1905 bis 1908 gesammelt hatte. Im Nordwesten des ersten Obergeschosses liegt ein trapezförmiger Saal mit drei tiefen Fensternischen, wobei die früher gekuppelten romanischen Rundbogenfenster mit ihren romanischen Säulchen im 19. Jh. zu Fensternischen mit neuen, unter die Säulchen gesetzten Pfeilern umgestaltet wurden. Auch die modernisierten Fenster des zweiten Obergeschosses waren ursprünglich romanische Biforenfenster. Das nur durch wenige Lichtschlitze erhellte Untergeschoß des Palas zeigt noch weitgehend den Zustand aus der Zeit der Erbauung im 12. Jh. Hier hat sich eine Balkendecke erhalten, deren Holz mehr als 1000 Jahre alt ist. An der romanischen Rundbogenpforte des Palas kann man noch uralte Steinmetzzeichen erkennen. Die profilierte romanische Rundbogentüre der Burgkapelle stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jh. In der Kapelle, die in der Barockzeit neu ausgestattet wurde, befinden sich zwei Flügel eines ehemaligen Triptichons aus der Zeit um 1420/30. Die Tafeln stammen vom sog. „Meister des Londoner Gnadenstuhls“. Die Mitteltafel ist heute im Besitz der National Gallery in London.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 3 km südlich von Rastenfeld (etwa 15 km östlich von Zwettl)

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


08.02.2003