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Wien - Hofburg/Leopoldinischer Trakt


Der Leopoldinische Trakt ist keineswegs der älteste Bau der Wiener Hofburg, die bereits 1279 erstmals urkundlich erwähnt wird. Er zählt eher zu den jüngeren Gebäuden, weist aber durch seine Ausmaße darauf hin, dass Wien und die Habsburger seit dem Ende der Babenbergerzeit massiv an Bedeutung und Macht gewonnen hatten. Mit seinen prunkvollen Repräsentationsräumen war er bis zum Ende der Monarchie offizieller Regierungssitz der Habsburger und vor allem deren zeremonielles Zentrum. Die gerne verwendete Bezeichnung „Regierender Trakt“ war aber nicht ganz richtig, da im 19. Jahrhundert wichtige Ministerien und Hofämter bereits ausgelagert waren und Kaiserin Maria Theresia oder Kaiser Franz Joseph das luftigere Schloss Schönbrunn zumindest im Sommer auch als Arbeitssitz bevorzugten. Doch fanden im Leopoldinischen Trakt die meisten Staatsakte sowie die großen Empfänge statt. Unter allen Flügeln, die den Inneren Burghof umgeben, befinden sich auch heute noch die prunkvollsten Interieurs und interessantesten Kunstwerke der Hofburg hier. Zur Zeit Kaiser Franz Josephs konnten die Repräsentationsräume im 19. Jahrhundert bereits zum Teil sogar täglich vom interessierten Publikum besichtigt werden. Da sich seit 1946 die Amtsräume des Bundespräsidenten im ersten Stock des Leopoldinischen Traktes befinden, ist das Innere heute leider nur mehr ausnahmsweise wie z. B. am „Tag der offenen Tür“ im Oktober öffentlich zugänglich. Erster größerer Bau an der Stelle war der an den Schweizer Trakt anschließende sog. Ferdinandeische Kinderbau, den König bzw. Kaiser Ferdinand I zwischen 1560 und 1564 nicht zuletzt zur Unterbringung seiner Nachkommenschaft errichten ließ. Natürlich wandte man sich an die besten Architekten Wiens ihrer Zeit, wie Pietro Ferrabosco, Hans Tscherte oder Francesco Pozzo. Jacopo Strada wurde als Berater herangezogen. Der Kindertrakt war ein dreigeschossiger, sechsachsiger, schmaler Renaissancebau mit offenen, von Säulen gestützten Arkaden.

Als Leopold I 1657 die Regierung seines Reiches antrat, war die Hofburg bereits etwas veraltet und unbequem geworden. Er beschloss daher, auf dem Gelände einen eigenen repräsentativen Palast zu erbauen. Als Vorbild diente ihm dabei die neue Münchner Residenz. Die vom kaiserlichen Ingenieur Filiberto Lucchese ausgearbeiteten Pläne wurden für gut befunden und die Bauleitung den italienischen Baumeistern Martino und Domenico Carlone übertragen. Einige Räume malte Carpoforo Tencalla mit historischen Wandbildern aus. 1667 war der Bau trotz einiger Finanzprobleme vollendet und der Kaiser konnte mit seiner ersten Gemahlin, Margarita Teresa von Spanien, feierlich einziehen. Im Februar des folgenden Jahres kam es jedoch zu einem Großbrand, der nicht nur die neue Innenausstattung vernichtete, sondern das gesamte Gebäude in Schutt und Asche legte. Die Bewohner, zu denen neben der kaiserlichen Familie vor allem Eleonore Magdalena Gonzaga von Mantua, die Witwe Kaiser Ferdinands III gehörte, mussten fluchtartig die Hofburg verlassen. Daraufhin wurden wieder einmal die Wiener Juden der Brandstiftung bezichtigt und aus der Stadt vertrieben. Der Wiederaufbau wurde noch im gleichen Jahr begonnen. 1670 war der Trakt, der um 35 m länger als sein Vorgänger wurde, weitgehend fertig. Da schon vor der Fertigstellung des abgebrannten Traktes abzuschätzen war, dass er zu klein für die große Familie sein würde, setzte man einen vierten Stock auf und erhöhte die Anzahl der Fensterachsen auf 29. Planender Architekt war diesmal Giovanni Pietro Tencalla, da Filiberto Lucchese mittlerweile verstorben war. Die Bauarbeiten wurden auch diesmal von Domenico Carlone beaufsichtigt. Die Arbeiten dauerten jedoch noch bis 1681, da man bei dieser Gelegenheit die vorgelagerten Befestigungen modernisierte und verstärkte. Dies erwies sich bereits zwei Jahre später als sehr weise, da während der zweiten Türkenbelagerung Wiens unter Kara Mustafa sich die meisten Angriffe der türkischen Mineure gegen den Abschnitt der Stadtmauer zwischen Burg- und Löwelbastei richteten. Nach dem Entsatz der Stadt sah man erst wie knapp Wien noch einmal davon gekommen war. Die meisten Gebäude der Hofburg, so auch der Leopoldinische Trakt, der ja unmittelbar an der südlichen Stadtmauer lag, waren schwer beschädigt. Als Kaiser Leopold I, der sich zur Zeit der Belagerung in Passau und Linz aufgehalten hatte, wieder zurückkam, war seine Residenz so stark reparaturbedürftig, dass er sich bis zur Beendigung der Restaurierung neuerlich nach Linz begeben musste.

Der 1705 zum Kaiser bestimmte Joseph I bezog die Wohnung seines Vaters im Schweizertrakt sowie die anschließenden Räume im Leopoldinischen Trakt. Große bauliche Veränderungen wurden nicht vorgenommen. Dazu war seine lediglich sechsjährige Regierungszeit auch zu kurz. Erst Karl VI der immerhin fast 30 Jahre regierte und sein Hofarchitekt Johann Bernhard Fischer von Erlach planten einen großartigen Ausbau der Hofburg. Ihre Bauvorhaben konzentrierten sich jedoch auf den Reichskanzleitrakt, die Fassade zum Michaelerplatz und die Hofreitschule. Der Leopoldinische Trakt blieb trotz mehrerer Vorschläge Fischer von Erlachs unangetastet. Die Innenräume wurden zum Teil neu ausgestattet, dienten aber weiterhin als repräsentatives Regierungszentrum. Balthasar Neumann und Jean Nicolas Jadot legten bald nach der Krönung Franz I Stephans von Lothringen der Kaiserin Maria Theresia großartige Pläne zur Neugestaltung der Hofburg vor, doch blieben diese wegen der hohen Kosten und der Schlesischen Kriege unausgeführt. Es dürfte sich dabei ohnehin nur um sog. architektonische Visitekarten gehandelt haben, die zeigen sollten, was die Stararchitekten alles können. Maria Theresia verbrachte den größten Teil des Jahres in ihrer Lieblingsresidenz Schönbrunn, wählte aber für die Wintermonate die gegen den Inneren Burghof gelegene Zimmerflucht des Leopoldinischen Trakts als Wohnsitz und ließ sie durch Nikolaus Pacassi entsprechend wohnlich einrichten. Die Innenräume erhielten damals eine vorwiegend in Weiß und Gold gehaltene Rokoko-Ausstattung, die auch bei späteren Restaurierungen beibehalten wurde und heute noch zum Teil erhalten ist. Auch die Kammerkapelle wurde neu ausgestattet.

Aus Bequemlichkeitsgründen wurde eine direkte Auffahrt zu den kaiserlichen Gemächern, die sog. Bellaria, geschaffen und die bereits von Karl VI errichtete Adlerstiege durch Jadot repräsentativer ausgebaut. Letztere ermöglichte auch die Verbindung zur anschließenden Amalienburg. Heute erschließt sie auch die Räume des Bundespräsidenten. Zur besseren Beleuchtung wurden in der Beletage größere Fenster eingesetzt. Teil dieser umfangreichen Verschönerungsarbeiten war auch der lange Balkon an der Fassade zum Heldenplatz. Nach dem Tod ihres Gatten verließ Maria Theresia die Repräsentationsräume im ersten Stock des Leopoldinischen Traktes und zog in das zweite Obergeschoß in jene Räume, die zuvor von Elisabeth Christine, der Witwe Karls VI bewohnt worden waren. Ihr Sohn und Nachfolger Kaiser Joseph II zog in eine kleinere Wohnung im ersten Stock mit Aussicht auf die Gräben und Bastionen der Stadtbefestigung. Die Paradezimmer wurden hochrangigen Gästen bei Staatsbesuchen zur Verfügung gestellt. Als sich Papst Pius VI im Frühjahr 1782 – weitgehend erfolglos - nach Wien bemühte, um Kaiser Josef II von seinen kirchenfeindlichen Reformen abzubringen, logierte er in jenen Räumen, die zuvor Maria Theresia bewohnt hatte. Bei Restaurierungsarbeiten im Jahr 1957 fand man nach der Entfernung einer Wandverkleidung einen in eine Wandnische eingelassenen Altar, vermutlich jenen, der für Pius VI aufgestellt worden war. Das Altarbild zeigt die Anbetung der Hirten. Unter den Kaisern Leopold II und Franz II/I wurden die Repräsentationsräume nur mehr bei feierlichen Anlässen genutzt. Maria Ludovica von Este, die dritte Gemahlin von Kaiser Franz II/I überredete ihren Gatten 1809 im zweiten Obergeschoß zwanzig Räume klassizistisch umzugestalten. Als Architekten fungierten Franz Anton Graf Harrach und Innozenz Chiesa. Im Gegensatz zum kaiserlichen Weiß/Gold wurden bunte Farben bevorzugt. Von den aufwändigen Adaptierungen hat sich wegen häufiger Umbauten nur wenig erhalten.

Von den späteren Herrschern bevorzugte lediglich Kaiser Ferdinand nach seiner 1831 erfolgten Heirat mit Prinzessin Maria Anna Carolina von Savoyen die Repräsentationsräume des Leopoldinischen Traktes als Wohnsitz. Diese wurden zuvor im Stil des Zweiten Rokokos neu eingerichtet, wobei man die Wand- und Deckenverzierungen dem alten (echten) Rokokodekor anglich. Die im zweiten Stock gelegenen Wohnräume Maria Ludovicas wurden unter der Erzherzogin Sophie ebenfalls im gleichen Einrichtungsstil erneuert. Kaiser Franz Joseph und seine Gattin Elisabeth bewohnten nach ihrer Heirat vorerst das Appartement, das gemeinsam von Ferdinand und Maria Anna genutzt worden war, doch übersiedelte der Kaiser 1858 in den Reichskanzleitrakt und Sisi in die Amalienburg. Die bisherigen Paradezimmer wurden vorwiegend bei offiziellen Anlässen verwendet. In den Jahren zwischen 1878 und 1884 fanden die letzten größeren Umgestaltungen der Habsburger im Leopoldinischen Trakt statt. Damals verlor der Blaue Salon seine ihn prägende Wandverkleidung und der Marmorsaal erhielt seine heutige Kassettendecke. Für die Veränderungen war der Burghauptmann Ferdinand Kirschner verantwortlich, unter dem der Historismus und vor allem das Neobarock in die Räume Einzug hielt. In der Zwischenkriegszeit war ein Teil des Gebäudes für Wohnungen und luxuriöse Verkaufslokale reserviert. Einen anderen Teil benützte die Erste Republik für Veranstaltungen. Auch die Paneuropabewegung hatte hier ihren Sitz. Die Nationalsozialisten planten 1938/39 den Heldenplatz mit den ihn begrenzenden Burgflügeln in ein riesiges „Heldenforum“ zu verwandeln. Durch den baldigen Kriegsbeginn konnten diese Pläne glücklicherweise nicht realisiert werden. Nicht zuletzt um die geschichtliche Kontinuität zu wahren und die Abgrenzung des Staatsoberhauptes vom Regierungschef zu dokumentieren verlegte man 1946 die Österreichische Präsidentschaftskanzlei, den Amtssitz des österreichischen Bundespräsidenten, vom Ballhausplatz in den zweiten Stock des Leopoldinischen Traktes. Das Amtszimmer des Bundespräsidenten ist zugleich jenes, das auch Kaiser Josef II als Arbeitsraum gedient hatte. Es wird von einem 4 x 4,8 m großen Gemälde dominiert, das vier Töchter Maria Theresias als Akteure einer Opernaufführung zeigt.

Der Leopoldinische Trakt begrenzt den Inneren Burghof zwischen dem Schweizer Trakt und dem Amalientrakt. Er schließt auch den ehemaligen Kindertraktes und die seit 1820 dreiachsige Durchfahrt zum Heldenplatz ein. Seine langgestreckte Außenfront ist dem Heldenplatz zugewendet. Sie wird weder durch Risalite noch durch eine interessante Dachlandschaft aufgelockert. Hier konnte bei einer 1970 erfolgten Restaurierung der Fassade die ursprüngliche bunte Färbelung freigelegt werden. Sie und die dreigeschossigen Pilaster kommen aber nur aus der Nähe richtig zur Geltung, so dass die Fernwirkung eher etwas langweilig ist. Die charakteristische, aber nicht besonders stilvolle Parterreeinfahrt in den späthistoristischen Vorbau am Ballhausplatz, wurde erst um 1875 im Neorenaissance-Stil durch den Burghauptmann Ferdinand Kirschner errichtet, nachdem der Burgwall und das „Paradeisgartl“ im Zuge des Ringstraßenbaues abgetragen worden waren. Bei dieser Gelegenheit musste auch die direkt in das erste Obergeschoß führende Auffahrtsrampe entfernt werden. Unterhalb des Leopoldinischen Traktes liegen die riesigen Gewölbe des einstigen Burgkellers. Seine Vorräte an Wein und Spirituosen waren ausschließlich für den Hof bestimmt. Heute werden hier mehr als 600 originalgroße Gipsentwürfe der meisten Denkmäler des Ringstraßenbaues aufbewahrt. In den drei großen Remisen im Erdgeschoß waren früher die Hofkutschen abgestellt, heute dienen sie als Garagen für die Dienstautos der Präsidentschaftskanzlei. Es gibt Vermutungen, dass der Leopoldinische Trakt nicht als eigenständiges Bauvorhaben, sondern als Teil eines Großprojektes geplant war. Dafür spricht das Fehlen einer monumentalen Haupttreppe, die in die Beletage führt. Der Aufgang in die kaiserlichen Räume erfolgte immer vom Schweizer Trakt aus. Diese sind in zwei Zimmerfluchten angeordnet, die parallel zueinander verlaufen.

Die fünf Geschosse des Gebäudes werden heute durch die erst 1752 durch Nicolas Jadot errichtete neue Adlerstiege sowie einige Nebentreppen, wie die Zuckerbäckerstiege und die Lakaienstiege, erschlossen. Die alte Adlerstiege lag an der Stelle der späteren Bellaria-Zimmer, die danach im Stil des Zweiten Rokokos ausgestattet wurden. Der berühmte „Controllorgang“, in dem Josef II seine öffentlichen Audienzen gab, befand sich im Halbgeschoß des Leopoldinischen Traktes und zog sich über dessen ganze Länge hin. Heute ist er in zahlreiche Einzelräume unterteilt, die ebenso Verwaltungszwecken dienen wie das letzte Stockwerk. Über die Ausstattung der kaiserlichen Wohnräume zur Zeit Leopolds I ist nichts Genaues bekannt. Vermutlich waren die Wände mit großflächigen Tapisserien bedeckt, die je nach Anlass ausgewechselt werden konnten. Einige Räume waren mit Fresken von Carpoforo Tencalla geschmückt. Die Paradeappartements des Kaisers und der Kaiserin erstreckten sich über fast 150 m. Jeder empfing seine Gäste und Berater in seinem eigenen Bereich. Einziger gemeinsam genutzter Raum war das Schlafzimmer. In den Zimmern des Kaisers dominierten vergoldete Holzdecken mit eingelassenen Ölbildern. Der Südtiroler Maler Peter Strudel schuf 1698/99 anlässlich der Hochzeit Josephs I mit Wilhelmine Amalie 150 auf Leinwand gemalte Gemälde, von denen sich etwa 56 erhalten haben. Sie befinden sich heute vorwiegend im Wiener Kunsthistorischen Museum. Die Beheizung der hohen Zimmer erfolgte durch prächtige Barocköfen, die vom Boden bis zur Decke reichten. Die kaiserlichen Hof-Oberheizer verbrauchten im Laufe eines Winters etwa 40.000 Raummeter Buchenholz. Als die Präsidentschaftskanzlei eingerichtet wurde, installierte man eine Zentralheizung. Der überflüssig gewordene Heizgang, der zwischen den hofseitigen und den ehemals basteiseitigen Appartements verlief, konnte für die Einrichtung von Sanitär- und anderen Nebenräumen genutzt werden. Bemerkenswert in fast allen Prunkräumen ist die vorzügliche Qualität der Parkettböden, der Wand- und Deckenverkleidungen sowie der Öfen und Kristallluster.

Die Repräsentationsräume Maria Theresias bzw. der heutigen Präsidentschaftskanzlei befinden sich im ersten Stock. Sie sind in Form einer Enfilade, das heißt hintereinander angeordnet. Eine der bemerkenswertesten barocken Kunstuhren der Welt steht im sog. Rosenzimmer. Sie ist ein Geschenk des Landgrafen Ludwig VIII von Hessen-Darmstadt an seine Schwägerin Maria Theresia und zeigt, dass man es bereits in der Barockzeit verstand, politische Propaganda geschickt in Kunstwerken zu verstecken. So trägt die Figur des Teufels die Gesichtszüge von König Friedrich II von Preußen. Der interessanteste der im schönsten zweiten Rokoko eingerichteten Prunkräume ist das Pietra-Dura Zimmer. Es diente im 18. Jahrhundert als Vorraum zum Audienzzimmer der Kaiserin Maria Theresia. Die hier hängenden 67 Bilder stellen die größte einschlägige Sammlung der Welt dar. Sie sind nämlich nicht gemalt, sondern mosaikartig aus geschnittenen farbigen Halbedelsteinen zusammengesetzt. Sie stammen aus der Florentiner Werkstätte von Pietro Scacciati, Lodovico Siries sowie Cosimo Siries und wurden zwischen 1737 und 1767 angefertigt. Wie hemdsärmelig im Dritten Reich mit der österreichischen Kultur umgegangen wurde, erkennt man daraus, dass der größte und wertvollste Tisch des Pietra-Duro-Zimmers vom Statthalter Baldur von Schirach dem italienischen Außenminister Galeazzo Ciano geschenkt wurde. Er fehlt heute noch immer. Der prächtige Kachelofen trägt den Wahlspruch der Habsburger „Viribus unitis“. Der dreifenstrige Spiegelsaal diente ursprünglich als Versammlungsraum der Mitglieder des kaiserlichen Hauses bei großen Festen. Heute wird er als Speisesaal für kleinere offizielle Mittag- oder Abendessen benützt. 15 nahezu wandhohe Spiegel erinnern an die wesentlich größeren Spiegelgalerien in Versailles und Schönbrunn. Das sog. Miniaturenkabinett war einst das Arbeitszimmer Maria Theresias. An seinen Wänden hängt eine von Kaiser Franz II (I) angelegte Kollektion von Miniaturen, vorwiegend der kaiserlichen Familie. Diese meist auf Elfenbein gemalten Bildchen waren den Habsburgern so wichtig, dass sie 1835 in den Familien-Fideikommiss aufgenommen wurden. Das angrenzende Maria-Theresien-Zimmer war der gemeinsame Schlafraum des kaiserlichen Paares. Ihr Paradebett ist heute in Schönbrunn zu sehen. Heute dient der Raum als Empfangszimmer des Bundespräsidenten. Hier überreichen ausländische Botschafter ihre Beglaubigungsschreiben und hier wird die jeweilige Bundesregierung angelobt. Zwei lebensgroße Porträts Maria Theresias und Franz Stephans schmücken den Raum. An der Wand steht eine kostbare astronomische Standuhr mit verkehrt angeordneten Zifferblätter, die 1671 vom bayerischen Hofuhrmacher Mayr angefertigt wurde. Ein um 1700 gefertigter Boulle-Schreibtisch ist mit Einlegearbeiten aus wertvollen Materialien geschmückt.

Mit dem Jagdzimmer als ersten Raum schließt das Appartement des Kaisers an das gemeinsame Schlafzimmer an. Die ursprünglichen Gobelins, die verschiedene Jagdszenen darstellten, befinden sich heute im Kunsthistorischen Museum. Sie wurden durch großformatige Porträts von Josef II und Isabella von Parma ersetzt. Die Kaiserzimmer sind etwas schlichter ausgestattet als jene der Kaiserin. Am Westende des Leopoldinischen Traktes führt eine einfache Tür in das Oratorium der 1772 neu eingerichteten Josefs- oder Kammerkapelle, wie sie früher hieß. Sie ist über zwei Stockwerke hoch und relativ geräumig, von außen aber kaum als Sakralraum zu erkennen. Das Altarbild stammt von Hans Canon und stellt die Familie Kaiser Franz Josephs in allegorischer Form dar. Es war ein Geschenk der Kinder Franz Josephs zur Silbernen Hochzeit ihrer Eltern. Zur ursprünglichen Ausstattung gehörten Bilder von Franz Anton Maulbertsch und Vinzenz Fischer. Von der Pracht der 1749 umgestalteten Zweiten Antecamera zeugt heute nur noch ein detailreiches großformatiges Gemälde von Martin van Meytens, das die hier abgehaltene erstmalige Verleihung des St. Stephans-Ordens im Jahr 1764 dokumentiert. Mit einer Höhe von eineinhalb Geschossen und einer Länge von vier Fensterachsen zählte der Saal zur Zeit Maria Theresias zu den repräsentativsten Räumen der Hofburg. Doch auch er wurde den kaiserlichen Ansprüchen bald zu klein. 1802 wurde der Architekt Louis Joseph Montoyer mit der Errichtung eines monumentalen Festsaales zwischen dem Schweizer und dem Leopoldinischen Trakt beauftragt, der heute unter dem Namen Zeremoniensaal ein wichtiger Teil des Kongresszentrum Hofburg und dem Wiener Ball- und Kongressgeschehen ist. Hier findet auch der jährliche Neujahrsempfang des Bundespräsidenten für das Diplomatische Corps statt. Der 30 m lange und 20 m breite Saal ist durch seine Ausstattung mit 24 korinthischen Stucco-Lustro-Säulen und den 54 prächtigen Kristalllustern dafür prädestiniert. Seine Wände sind mit antikisierenden und allegorischen Reliefs geschmückt. Zu den Räumen der kaiserlichen Wohnung zählte auch der Marmorsaal, der 1840 eine neue Wandverkleidung aus Stuckmarmor erhielt.

Lage: 1010 Wien - Hofburg

Besichtigung: nur mit Sondergenehmigung möglich

Homepage: www.hofburg.com


Weitere Literatur:


27.09.2018